Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Kontroversen über Bauprojekte gibt es in der Architekten-Hochburg Darmstadt viele, immer wieder erregen neue Gebäude im selbsternannten Zentrum des Jugendstils so manches Gemüt. Was einige als modernes Design bezeichnen, ist für andere nicht mehr als ein grauer Betonklotz – denkt man an Bauwerke wie das Luisencenter oder das Darmstadtium. Alexandra Busch (34) hielt sich mit den Diskussionen der Heiner nicht lange auf. Seit März 2010 reist sie vom Darmstädter Watzeviertel aus mit ihrem Blog „Architektourist” sehr erfolgreich durch die Welt der internationalen Architektur.

„Irgendwann habe ich festgestellt, dass meine Projektbeschreibungen länger und aufwendiger waren als die meiner Kommilitonen. Da habe ich eigentlich schon gemerkt, dass ich lieber über Bauwerke schreiben möchte, als sie zu entwerfen“, erklärt Alexandra. Nach ihrem erfolgreich abgeschlossenen Architekturstudium an der TU Darmstadt zog es sie schnell in den Bereich der PR. Was zunächst aber schwierig war, weil es keine hiesige Agentur gab, die speziell das Architektursegment betreut. Bevor Alexandra ihr eigenes Projekt „Architektourist“ startete, war sie zunächst als Webdesignerin tätig und heuerte anschließend als Redakteurin bei der „AZ/Architekturzeitung“ an. Heute arbeitet sie als freie Journalistin – überwiegend, aber nicht ausschließlich – für „Architektourist“.

Kleine Architekten und große Magazine

Weil es keinen Architektur-Blog gab, der sie ansprach – viele waren nur auf Englisch, mit schwachen Textbeiträgen, grafisch oft unschön oder mit wenig Neuem – entschied sie sich für einen eigenen Blog. „Kleine Architekten haben es oft schwer, in die großen Magazine zu kommen“, erläutert Alexandra. Es fehlten ihnen schlicht die Kapazitäten, Texte und Bilder in die geforderten Formate zu bringen: „Der zeitliche Aufwand ist groß und ohne eine Agentur geht hier oft gar nichts“, so Alexandra. Deshalb wolle sie gerade den Büros, die wenig Zeit, aber gute Projekte haben, eine Plattform bieten und helfen, die Arbeiten entsprechend zu präsentieren. Dafür passt sie alle angelieferten Texte selbst an und kümmert sich auch um die Beschaffung und Einbindung der Bilder. Heute stellt Alexandra in ihrem Blog sechsmal in der Woche ein neues Projekt vor und hat Seitenzugriffe aus aller Welt (monatlich beeindruckende 25.000 Visits und 60.000 Page Impressions).

Natürlich war dazu gerade am Anfang sehr viel Akquise nötig. Die kontaktierten Büros freuten sich aber über jede Unterstützung. Nun, nach zwei Jahren, muss die Darmstädterin kaum noch Büros ansprechen, da die meisten mit PR-Texten auf „Architektourist“ zukommen. Darunter sind Büros aller Größenordnungen, und auch der ein oder andere Baustoffhersteller.

Bisher deckt Architektourist.de lediglich etwas mehr als die Serverkosten, weshalb Alexandra auch für andere Magazine schreibt. Trotzdem investiert sie viel Zeit in den Blog und besucht zur Recherche täglich etwa zwanzig Blogs und Webseiten. Anschließend folgt die Kontaktaufnahme und Abstimmung mit den Architekturbüros. Für ihre Arbeit sind gute Kontakte in der Branche unverzichtbar.

Museum Sander als Bereicherung

Auch was Darmstadt betrifft, hat Alexandra einige architektonische Favoriten: zum Beispiel das Staatstheater mit dem davorliegenden Georg-Bücher-Platz. Besonders schade findet sie, dass viele Projekte nicht von ortsansässigen Architekten stammen, obwohl es hier die höchste Architektendichte Deutschlands gibt. „Außerdem finde ich es superschade, dass das Museum Sander am Südhang der Mathildenhöhe nicht gebaut wird. Das wäre eine Bereicherung gewesen“, beklagt Alexandra. Das architektonische Aushängeschild der Stadt, den Jugendstil, mag sie sehr, so fand ihre Hochzeit auch stilecht im Hochzeitsturm statt.

Weil die großen Architekturmagazine seit Jahren mit Auflagenrückgang zu kämpfen haben, drängen sie verstärkt, aber meist nur halbherzig auf den Blog-Markt. „Oft stellen sie ihre Print-Artikel einfach nur online“, erklärt Alexandra und weist auch darauf hin, dass es nur wenige private Architektur-Blogger gibt, von denen noch dazu viele schnell wieder aufgeben. Sie selbst hofft, nicht müde zu werden, und möchte auch in Zukunft weitermachen und ihre Kanäle eventuell noch um eine App erweitern.

Auf die Frage, ob man denn bei der heutigen Arbeitsmarktlage ein Architektur-Studium beginnen sollte, entgegnet Alexandra: „Dieselbe Frage habe ich einem Architekten gestellt. Er sagte, keiner sollte es machen. Ich fand das Studium aber toll und es hat mein Leben geprägt. Wer es von Herzen will, soll es machen. Wer nach dem Abi aber erst mal keine Ahnung hat, sollte vielleicht lieber davon absehen, weil der Markt einfach überlaufen ist. Man braucht Durchhaltevermögen.“

 

www.architektourist.de