Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers, Laura Morche, Opus Architekten

„Ich geh’ mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Dort oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir.“ Diesem Motto werden wir im November unweigerlich begegnen. Mit dem Herbst und der nasskalten Jahreszeit schwindet auch das natürliche Licht in unserer Stadt. Am Morgen taucht sie in ein nebliges Hellgrau, das dann gegen Abend ins Dunkelschwarze changiert. Aus dem Ende der Sommerzeit am letzten Oktoberwochenende resultieren tausendfache „Klicks“: Lichtschalter haben wieder Hochkonjunktur, die Stromzähler viel zu tun.

Wenn die Stadt vorwiegend durch künstliches Licht erhellt wird, nehmen wir sie anders wahr. Sonnig vertraute Fleckchen wie zum Beispiel der Herrngarten werden im Winter von den Ängstlichen unter uns gemieden. Schöne Beleuchtungssituationen dagegen können den Menschen – den Motten gleich – zu einem Gebäude oder Ort locken. Sie vermitteln Wärme und Orientierung trotz ungemütlicher Nässe oder klirrender Kälte. Ein architektonisch noch so gelungenes Gebäude funktioniert im Dunkeln nur aufgrund eines mit ebengleicher Sorgfalt geplanten Beleuchtungskonzeptes. Es lohnt sich, einen Nachtspaziergang durch Darmstadt zu unternehmen, und sich auf die Lichter unserer Stadt einzulassen. Drei für unseren Geschmack gelungene Beispiele beleuchten wir für Euch:

Verwandlungsfähige Gebäude

Auch, wenn man den Charme eines kleinen Programmkinos mit roten Kuschelsofas nicht verleugnen mag: Das dem Hauptbahnhof vis-à-vis gelegene Cinemaxx hat die alte Bezeichnung „Lichtspielhaus“ beim Wort genommen und präsentiert sich bei Ankunft am preisgekrönten Jugendstilbahnhof als riesiger „Rubik’s Cube“, der im Dunkeln nichts macht, als auf beschauliche Weise mit dem Licht zu spielen. Die 22 Meter hohe, filigran und kühl wirkende Stahl-/Glasfassade erhält durch die farbige Illumination des Foyers allabendlich eine spektakuläre Signalwirkung und kann sich ebenso sehen lassen wie manch einer der dort dargebotenen Kinofilme.

Einen Einblick der besonderen Art bietet auch das mehrgeschossige Produktionsgebäude von „Evonik Industries“ an der Bismarckstraße, Ecke Kirschenallee. Das „Beleuchtungskonzept“ des Klinkerbaus mit der großen Stahl-/ Glas Fassade aus den 1950er Jahren bestand vermutlich lediglich darin, dass es innen einfach nur hell genug ist. Bei Dunkelheit verwandelt sich die Fassade jedoch von außen in einen schillernden Screen mit großer Tiefenwirkung und zeigt modernste Anlagentechnik von ihrer poetischen Seite.

Viel Einblick gewähren auch die Bewohner des Büro- und Wohngebäudes in der Ploenniesstraße, das vom Büro Opus Architekten auf geniale Weise saniert wurde. Das ursprünglich zweigeschossige Gründerzeithaus am westlichen Ende des Martinsviertels wurde aufgestockt, die benachbarte Baulücke mit einem modernen Glasbau geschlossen. Während die Transparenz des Anbaus bei Tageslicht von außen weniger wahrgenommen wird, entfaltet sich mit Einbruch der Dämmerung und Aktivierung der Lichtquellen ein einladendes Ambiente, so dass man am liebsten klingeln und fragen möchte, ob man mit zu Abend essen oder noch ein bisschen am Laptop arbeiten darf…

Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers, Laura Morche, Opus Architekten