Illustration: Jan Rathje
Illustration: Jan Rathje

Eine Bühne, ein Mikrofon, eine Hand voll Poeten und natürlich ein Publikum – das Prinzip ist simpel wie genial. Poetry Slams erfreuen sich nicht nur in Deutschland, sondern weltweit immer größerer Beliebtheit – und das zurecht. Doch dass sich regelmäßig an die 800 Leute versammeln, um Texten zu lauschen, ist immer noch eine Besonderheit. Was vor acht Jahren am 14. Oktober 2001 als ein Versuch, das Medium „Slam“ nach Darmstadt zu bringen, begann, ist nun der wohl größte regelmäßige Dichterwettstreit im deutsprachigen Raum. Im Rahmen des zehnjährigen Jubiläums des Centralstation feiert auch die Darmstädter Dichterschlacht am Freitag, dem 9. Oktober 2009, um 21 Uhr ihr bereits achtjähriges Bestehen: Zum 25. Mal betreten erfolgreiche Slam-Poeten aus dem deutschsprachigen Raum die Bühne – und texten um Ruhm und Ehre.

„Wer eine Klassenfahrt organisieren kann, kann alles organisieren.“ Mit diesem Satz war der Beginn einer Ära besiegelt. Hauptorganisator und Moderator Oli Gaußmann, der Slammer, Organisator und Moderator Alex Dreppec, Moderator Rainer Wenzel sowie zahlreiche treue Helfer machten sich vor acht Jahren erstmals ans Werk. Für Oli war von Anfang an klar, dass die Veranstaltung in einem großen Rahmen stattfinden muss, da er die bis dahin noch recht unbekannte Bewegung einer breiten Publikumsmasse zugänglich machen wollte. So lautete die erste – und bis heute gültige – Adresse: „Centralstation“.

Moderne Poeten im Jubiläumsrausch

Kurze Zeit später standen die drei Visionäre am besagten 14. Oktober 2001 auf der Brüstung, blickten auf die leere Halle der Centralstation und fieberten … Die Premiere glückte: Mehr als 500 Zuschauer kamen zur ersten Dichterschlacht. Sie saßen auf Stühlen an Tischen – heute undenkbar. Beim Poetry Slam hockt man auf Sitzkissen, man liegt, man kuschelt, man hört zu – und lacht – gemeinsam. Mit der Dichterschlacht ging es stetig bergauf: Bereits 2003, zur siebten Ausgabe, wurden die deutsprachigen Meisterschaften, der German International Poetry Slam, in der Centralstation veranstaltet – und Darmstadts Status als Slamhochburg besiegelt. An die 100 Poeten traten in einem mehrtägigen Poetry-Slam-Festival in mehreren Vorrunden und Halbfinals gegeneinander an, bis schließlich Sebastian Krämer zum 7. Champion des deutschsprachigen Raums gekürt wurde. Seither erscheinen in regelmäßigen Abständen Dichterschlacht-CDs, bepackt mit Liveaufnahmen von Highlights der vergangenen Wortgefechte. Am 9. Oktober 2009 wird bereits die fünfte Poetry-Plastikscheibe das Licht der Welt erblicken. Jeder Besucher der Jubiläums-Dichterschlacht bekommt ein Exemplar, die CD ist im Eintrittspreis von 9,50 Euro enthalten.

Illustration: Jan Rathje
Illustration: Jan Rathje

Mittlerweile hat sich Slam-Poetry auch in anderen Veranstaltungsreihen des Dichterschlacht-Teams etabliert. So veranstaltet Oli zusätzlich „Dichterschlacht Solo”- und „Dichterschlacht Duo”-Abende in der Centralstation, sowie die „Dreidichternacht“ im Schlosskeller. „Ich finde es wichtig, dass Künstler, die im Wettbewerb auf der Dichterschlacht schon gut sind, die Möglichkeit bekommen, sich einem eigenem Publikum präsentieren und mehr aus ihrem Repertoire zeigen zu können“, erklärt Oli sein Konzept. Alex, der verstärkt die lokale Szene fördern will, lässt nun schon seit etwa vier Jahren Darmstädter Künstler im 603qm bei den „13 Darmstädter Dichtern“ gegeneinander texten. Nebenbei ist er Erfinder eines ganz neuen Slamformats, dem „Science-City-Slam“. In dieser Form des Slam treten nicht Texte, sondern wissenschaftliche Kurzvorträge von Dozenten, Studenten und Hobbywissenschaftlern gegeneinander in Wettstreit. Es gehe darum, der Wissenschaft die Trockenheit zu nehmen, um sie zugänglicher zu machen. Jüngst hinzugekommen ist das Format für unter 20-jährige Jungpoeten, die „U20-Dichterschlacht“. Geknüpft an die von Alex Dreppec geleiteten Slam-Workshops sollen hier junge Talente die Möglichkeit bekommen, sich gleichaltrigen Konkurrenten zu stellen, bevor sie es mit den großen der Szene aufnehmen.

Schnell wird klar, dass Slam weitaus mehr bedeutet als eine einfache Dichterlesung, sondern ein (Lebens-) Gefühl beschreibt. In all den Jahren haben die Veranstalter nie ihre Liebe zur Sache vergessen und betreiben die Dichterschlacht auch heute noch mit demselben Eifer wie vor acht Jahren – was vielleicht der Grund für diesen durchschlagenden Erfolg ist, der bis heute anhält.

„Sicher war es schwierig, vor allem der German International, weil wir eigentlich keine Ahnung über den Umfang dieses Projektes hatten“, erinnert sich Oli Gaussmann über die Anfangszeiten, doch, so fügt er hinzu, habe er es nie bereut: „Slam ist zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden – und ist es bis heute.“ Dreppec, der auch als aktiver Slammer viele Erfolge feierte, möchte sich in nächster Zeit hauptsächlich auf Veröffentlichen, Lesungen, Workshops und natürlich das Veranstalten und Moderieren von Poetry-Slams konzentrieren.

Zur 25. Dichterschlacht haben sich die Veranstalter etwas Besonderes für ihr treues Publikum überlegt: Acht National-Champions und Dichterschlacht-Gewinner aus acht Jahren Dichterschlacht werden in einer Specialshow an 25 Dichterschlachten erinnern. Mit dabei sind unter anderem: Katinka Buddenkotte, Lars Ruppel, Dalibor, Scharri, Sebastian23, Volker Strübing – und natürlich Sebastian Krämer.

www.dichterschlacht.de