Foto: Daniel Wildner
Foto: Daniel Wildner

„Es tränen uns die Augen, und es ist ein halber Arbeitsplatz, der verloren ging.“ Ein klares Statement des charmanten Tag- und Nachtbäckers Rolf Breithaupt über das Verbot, in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Tore wie gewohnt auch nachts zu öffnen. Auch unter den Darmstädter Nachtschwärmern und Liebhabern der frischen Backwaren macht sich langsam aber sehr deutlich ein stiller Protest breit. Ein zu aufmerksamer Anwohner hat eine Gesetzeslücke gesucht und gefunden, den Verkauf in dieser einen Nacht der Woche zu verbieten.

Der Nachtbäcker in der Karlstraße 66 hat Kultstatus. Seit den fünfziger Jahren bleibt nachts das Tor nur angelehnt und die Tür zur Backstube offen. Herzlichst begrüßt Rolf auch heute noch jeden Kunden persönlich: „Kommt herein, was darf es sein? Stückchen mit Schoko oder was Herzhaftes?“ Und wie es duftet! Frisch aus dem Ofen werden die Leckereien aufgetischt und es fällt sehr schwer, dem zu widerstehen.

Seit 1935 backen die Breithaupts in Darmstadt  in einer Tradition, die einmalig ist. Die Breithauptsche gilt als die älteste Bäckerei Deutschlands  im Familienbesitz. Bereits 1591 wurde diese Bäckerfamilie erstmalig im Schwarzwald nachweislich erwähnt. So zog sie mit Napoleon durch die Länder und belieferte auch den Großherzog von Hessen als Hofbäcker. Einmalig ist auch die Brezel im 1688 verliehenen Familienwappen. Deutlich wird das kulturelle Erbe in der Qualität der Backwaren:  Die 5-Sterne-Bäckerei wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Preis der Besten“ in Gold, die höchste Auszeichnung in dieser Branche.

Gleichzeitig engagieren sich Rolf und seine Mitarbeiter für soziale Einrichtungen. So werden nicht nur Kirchen und „Die Tafel“ unterstützt. Es werden auch Menschen ausgebildet, die aufgrund einer Behinderung kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Und das mit Erfolg -ein Lehrling hat erst kürzlich die praktische Prüfung bestanden und wurde in das Team übernommen.

„Niemals aufgeben“, sagt Rolf und fügt noch hinzu: „Es gibt immer schwierige, aber auch gute Zeiten.“ Er blickt zurück auf eine bewegte Zeit in Darmstadt. Unter anderem auf das knappe Überleben der Brandnacht vom 11. auf den 12. September 1944 im Keller des damals völlig zerstörten Backhauses in der Kaupstraße.

Gleichzeitig möchte er diese Botschaft auch an unsere Leser richten: den Mut nie zu verlieren. Recht hat er.