Blau-weiß sind seine Farben: Fabian Broghammer (rechts), aktuell bei den Bristol Rovers aktiv, kickte auch mal kurz für die „Lilien“Foto: Bristol Rovers
Blau-weiß sind seine Farben: Fabian Broghammer (rechts), aktuell bei den Bristol Rovers aktiv, kickte auch mal kurz für die „Lilien“Foto: Bristol Rovers

Jeder Hobby-Fußballexperte müsste Fabian Broghammer dankbar sein. Denn der wieselflinke Linksfuß ist der lebende Beweis, dass der beliebt-berüchtigte Satz „Im Fußball kann es manchmal schnell gehen“ in jeder Stammtischrunde seine Legitimation hat.

Als Broghammer den SV Darmstadt 98 vor etwa zwei Jahren mit nur 31 Spielminuten auf dem Konto verließ, hätten wohl die Wenigsten gedacht, dass er nach einem zwischenzeitlichen Intermezzo beim FC Bayern Alzenau heute fast 40 Einsätze für die Bristol Rovers in Englands vierthöchster Spielklasse, der Football League Two, zu verzeichnen hat – eigener Fangesang und drei Ligatreffer inklusive. Einer davon bei Bristols 2:1-Sieg gegen den FC Barnet. Gegen den Verein also, der international damit Aufsehen erregte, dass er den niederländischen Weltstar und Champions-League-Gewinner Edgar Davids als Spielertrainer verpflichtete.

Weiche Knie gab es jedoch nicht beim persönlichen Aufeinandertreffen mit dem bulligen Kraftpaket, das in seiner Karriere unter anderem für Ajax Amsterdam, Inter Mailand, Juventus Turin, den AC Mailand und den FC Barcelona aktiv war. „Es ist erstaunlich unspektakulär, in dem Moment, in dem man spielt“, sagt Broghammer, der mit seinen 24 Jahren abgeklärt wirkt und eine gesunde, kritische Distanz zum Geschäft um das runde Leder aufgebaut hat. Er weiß, dass man als Kicker keine erfolgreiche Karriere planen kann: „Dafür ist Fußball viel zu sehr Tagesgeschäft.“ Nicht zuletzt, nachdem er die vielbeschworene Unberechenbarkeit am eigenen Leib erfahren musste und ihn ein Kreuzbandriss im Juli 2013 die komplette aktuelle Saison kostete. Und das, nachdem sich nach einer guten ersten Spielzeit für die Rovers ein sehr erfolgreiches Jahr andeutete. Im Fußball kann es eben – Euer Einsatz, liebe Hobby-Experten – schnell gehen.

Ein solches Negativ-Erlebnis könnte einen Sportler meilenweit zurückwerfen. Doch Broghammer wirkt gefasst, als er von seinen Fortschritten in der Reha und der Hoffnung auf ein paar Einsätze in den letzten Saisonspielen berichtet. So spricht jemand, der einen Plan B hat, denn dafür hat er während seiner Karriere schon zu viele hoch gehandelte Talente gesehen, die alles auf eine Karte gesetzt und verloren haben. Zum Beispiel in den Jugend-Nationalmannschaften, die er von der U17 bis U19 durchlaufen hat. Ausnahmen wie Toni Kroos („Bei ihm hat man gleich gemerkt, dass er es packt“), an dessen Seite Broghammer mit der U17 bei der WM 2007 in Südkorea den dritten Platz erreichte, können seine realistische Sicht nicht trügen.

Parallel zum Profi-Alltag stemmt Broghammer ein Psychologie-Studium an einer Fern-Universität und wünscht sich, zum richtigen Zeitpunkt die Schuhe an den Nagel zu hängen und einen „fließenden Übergang ins nächste Kapitel“ zu finden. Was das nächste Kapitel seiner fußballerischen Laufbahn angeht, ist sich der Flügelspieler noch unsicher. Nach einer schweren Verletzung sind die Aussichten auf Angebote nicht unbedingt rosig. Doch obwohl sich Broghammer in England wohl fühlt, zieht es ihn aus privaten Gründen wieder Richtung Deutschland: „Meine Familie, meine Freundin und meine Freunde fehlen mir.“

Die Ergebnisse der „Lilien“ verfolgt Broghammer selbstverständlich auch aus England. „Ich bin stolz“, goutiert er die beeindruckende Saison der Blau-Weißen. Stolz auf die Stadt, in der er aufgewachsen ist und die trotz seiner Engagements bei anderen Vereinen immer sein Lebensmittelpunkt war. Deshalb hat die Zeit bei den 98ern eine ganz besondere Bedeutung für ihn, auch wenn es sportlich nicht vollkommen gepasst hat. Nicht viele Fußballer können behaupten, für die Heimatstadt als Profi aufgelaufen zu sein. „Man kann eigentlich sagen, es war wie Nationalmannschaft light“, beschreibt Broghammer treffend das Gefühl. Ob er es noch einmal erleben darf? „Ich hoffe, dass eine Rückkehr nicht ausgeschlossen ist“, lässt er durchblicken. Sagen wir mal so: Im Fußball kann es manchmal schnell gehen.