Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Die Woog Riots sind den meisten musikinteressierten Darmstädtern ein Begriff: Das deutsch-italiensche, schrammel-affine Independent-Pop-Duo brachte sein Debüt-Album „Strangelove TV“ 2006 beim Hamburger Traditionslabel„What’s so funny about“, bei dem einst auch Blumfeld anfingen, heraus. Wenn man die Woog Riots in ihrer Heimatstadt mit dem namensgebenden Gewässer nicht so oft live sieht, dann ist das keine Auftrittsfaulheit, sondern es könnte damit zu tun haben, dass sie gerade mal wieder Finnland oder England unsicher machen, denn da sind Silvana Battisti und Marc Herbert regelmäßig auf Tour. Dass sich das P auf den Weg zur männlichen Hälfte der Riots gemacht hat, um einige Platten vorzuspielen, hat natürlich vor allem damit zu tun, dass sich Musiker ja manchmal gern von dem, was sie gut finden, inspirieren lassen. Mal sehen, ob und wo sich Schnittmengen zum Werk der Woog Riots finden …

 

Heinz Strunk „Die Zugansage“

Der Hamburger Realsatiriker Heinz Strunk hat auf seinem Album „Mit Hass gekocht“ zig überdrehte Kurzhörspiele gesammelt, zum Beispiel diese Ansage eines überforderten Zugbegleiters, der androht, seinen Zug mit 250 Sachen in den Frankfurter Hauptbahnhof zu fahren.

Als er geschrieen hat, klang er wie Schorsch Kamerun. Durchgedrehter Hamburger. Den Strunk hab ich mal im Werkstadtcafé geseh’n … mit Schnorres. Interessant, als Schaffner die Leute in der Ersten Klasse als Wichser zu bezeichnen. Schon mal sehr gut.

 

Alberto Colucci „Tor! Lilie vor“

Aus gegebenem Anlass DIE Stadion-Hymne … wobei bei der momentanen Situation des SV Darmstadt 98 vielleicht auch die Grufti-Depri-Version von Gerald Wrede angesagt gewesen wäre.

Ah!! „Oh Lilie, Oh Lilie“ von Alberto Colucci. Der Stadionhit für Darmstadt 98. Läuft vor dem Anpfiff ab und zu mit dem von mir geschriebenen Song „SV 98 immer Europapokal“ … Ich dachte echt, die schaffen das irgendwann in den Europapokal. Und jetzt dieses Steuerhinterziehungsdesaster. Ich denke gerade an die ganzen ehemaligen Präsidiumsmitglieder und -berater, die beim Heimspiel mit ihren dicken Autos immer direkt vor der Haupttribüne parkten und diesen Betrug zu verantworten haben. Ihre Limousinen sollten diese Personen am besten direkt beim Insolvenzverwalter abgeben, da würde doch schon mal ein Sümmchen zusammenkommen.

 

10.000 Things „Food Chain“

Die vier Jahre alte Single der Band von Sam Riley. Das ist der Hauptdarsteller von „Control“, dem Spielfilm über den Joy-Division-Sängers Ian Curtis (und – für die Boulevard-Experten – der neue Freund von Alexandra Maria Lara). Im Gegensatz zum Film, wo Riley Joy-Division-Songs singen muss und dabei einen mehr als passablen Ian Curtis abgibt, ist dies eher…

… Garagenpunk mit Ratsche, sehr speziell. Solche Bands guck’ ich mir immer gern im Keller der Bessunger Knabenschule an, wenn die Starwhore- Leute was organisieren. Unbedingt mal hingehen!

 

Prinzhorn Dance School „Crackerjack Doctor“

Extrem minimalistisches Duo aus England, besteht fast nur aus Drums und Bass, das angeblich „nächste große Ding“ aus England.

Vielleicht extrem frühe Punk-Chumbawamba? Kenn’ ich nicht. Extrem schwierig hier bei Dir. Wer ist das? Prinzhorn Dance School? Noch nie gehört. Geht’s noch obskurer? Ja, der Sound ist gut, schön stumpf, Sprechgesang, gute The-Fall-Schule. Das hätte ich gern mal auf dem nächsten Mixtape.

 

Die Ärzte „Junge (Economy Version)“

[nach drei Sekunden] Die Ärzte, Die Ärzte, endlich kenn’ ich mal was! Das Lied selbst kenn’ ich allerdings schon wieder nicht. Er singt von An-die-Wand-Spritzen, ist das einer der Songs, die auf dem Index stehen? Klingt wie frühe Tocotronic.

Kein Wunder, denn diese Version stammt von der „Economy-“, sprich Spar-Version des neuen Albums und wurde an einem offensichtlich sehr lustigen Nachmittag im Probe raum aufgenommen. Ein Nummer-1-Hit im Schepper-Sound sozusagen, doch das beeindruckt Marc nur bedingt:

Ich hab’ mal gehört, dass man sich zwischen den Ärzten und den Hosen entscheiden müsste. Die haben es mir aber beide nicht so an getan. Ich komm‘ jedenfalls bislang auch ganz gut ohne die Ärzte durchs Leben. Was? Alle Leser haben den Titel gekannt, außer mir? Oh je.

 

The Sheets „Jamboree“

[nach 2 Sekunden !] Bei Deiner Vorliebe für deutschen Country wurde ich sagen, das ist Gunter Gabriel.

Weit gefehlt. Wie sich bald herausstellen wird, ist dies ein sehr alter Song der Darmstädter Indie-Band The Sheets, bei denen neben Jörn Elling Wuttke (der später als Alter Ego einen House-Hit nach dem anderen bastelte) auch der Woog-Riots-Tour-Drummer Lolo Blümler mitspielte.

Was willst Du mir sagen mit diesem Lied? Was? Ich kenne Beteiligte? Modesty Blaise? Sheets? Ha! Ich würde sagen, 1-A-Gitarrenpop-Song. Erstaunlich, was Jörn Wuttke dann für einen Weg genommen hat. Er hat seinen Output dann abstrahiert auf die pure Essenz. Die Stimme im Intro ist übrigens Peter Horsch von Painting by Numbers, später solo unterwegs mit dem großen Hit „So ist Darmstadt und so bin ich“.

 

Die Radierer „Von Idioten umgeben“

Legendäre Neue-Deutsche-Welle- Band und Labelmates der Woog Riots bei Zick-Zack in Hamburg mit einem Stück ihres gerade erschienenen Comeback-Albums „Der andalusische Bär“. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Stücke beginnt dieses hier sehr getragen mit Synthie-Streichern.

So stell’ ich mir Get Well Soon vor. Natürlich kenn ich das auch nicht, haha. Labelmates? Hmm … Brockdorff Klanglabor? Die Radierer? Aus Limburg. Da hatten wir mal einen Auftritt vor tätowierten Eintracht-Hooligans. Aber der Song klingt ganz schön.

 

Fazit:

Der Woog-Riots-Songwriter ist ein aufgeschlossener und interessierter Zeitgenosse, den man keinesfalls als musikalischen Chancentod bezeichnen dürfte, nur, weil er die aktuelle Single der Ärzte nicht auf Anhieb erkannte. Es bleibt allerdings abzuwarten, welche Songs Spuren auf dem kommenden Woog-Riots- Album „PASP–People-Animals-Society-Places“ hinterlassen werden.

 

www.woogriots.de