Foto: Mathias Hill
Foto: Mathias Hill

Christoph Paulssen ist seit Mitte der Achtziger zentraler Bestandteil der Darmstädter Musikszene –wenn er nicht bei Sixties-Bands wie Jay oder der Lonely Hearts Club Band Bass spielt, war oder ist er mit Twice As Nice oder der Black & White Cooperation unterwegs. Derzeit ist Christoph bei seiner Produktionsfirma Christine Music so eingespannt, dass wir mehrere Monate warten mussten, bis er sich der Herausforderung eines P-Hörspiels stellte. Mal sehen, wie er sie meisterte…

 

The Clash „Hate and War“

Purer 77er-Punkrock vom Debüt einer Jahrhundertband.

Christoph: Cool – klingt schön punkig, das mag ich. Das ist die Musik, die wir früher gerne in der „Krone“ gehört haben – live gespielt! Klingt wie ’ne Mischung aus Clash und Doctor Feelgood.

… und Erstere sind’s auch.

Geil!

 

Aloha From Hell feat. Manu „Hate War“

Der Siegersong aus der KiKa-Casting-Show „Dein Song“, in der Kinder ihre ersten selbst geschriebenen Songs vorstellen und von „Großen“ singen lassen dürfen. Übrigens trotz des Titels ein Anti-Kriegs-Song…

Nein – sag’ nicht, dass es das ist, was ich glaube, das es ist …

Doch.

Das ist der Siegersong aus „Dein Song“.

Und was hast Du damit zu tun?

Mit David Lang [Komponist und Produzent aus Frankfurt, Anm. d. Red.] hab’ ich die Musik der ganzen Serie produziert. Die brauchten eine flexible Musikproduktion, die verschiedene Stile draufhat. Das war sehr interessant, da waren Nena, Culcha Candela, Roger Cicero, Maffay und so weiter dabei.

Wie ist es denn, in so einer Show mit Kindern zu arbeiten?

So wie ich die erlebt habe, wünsche ich mir Künstler, mit denen ich zusammenarbeite. Sie waren sehr offen, haben aber am entscheidenden Punkt auch den Mut gehabt zu sagen: „Das geht nicht.“ Sie waren unglaublich offen, hatten keine angestauten Aggressionen und viele hatten auch sehr viel Talent.

 

The Hot Rats „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party)“

Zwei Mitglieder der Brit-Popper Supergrass katapultieren eine Party-Hymne direkt in die Sechziger.

Der Sound ist voll sixtiesmäßig- eine Mischung aus Zombies und The Who

Es ist nicht aus den Sixties, sondern gerade erst rausgekommen.

Nie von gehört, das ist geil! Das Lied kenn’ ich … „Fight For Your Right“ – aber von wem ist das im Original? Public Enemy?

Nein, Beastie Boys.

Die verwechsel’ ich immer.

 

Götz Alsmann And The Sentimental Pounders  „People Are People“

Das, was heute Nouvelle Vague machen, nämlich New-Wave-Hits ver-jazzen, konnte „Zimmer frei!“- Götz schon 1983.

Ach komm! Götzi! [lacht laut ] Jetzt hätt’ ich beinahe Duran Duran gesagt, aber das ist natürlich von Depeche Mode – die verwechsel’ ich nämlich auch immer.

Was hast Du denn mit dem zu tun?

Ich hab ’ne Künstlerin produziert, Konnie Keller, die ist sozusagen das weibliche Pendant zu Götz und die beiden kannten sich. Ich hab’ mit den beiden ein Duett aufgenommen. Konnie und ich haben Stücke für Götz geschrieben, die er auch sehr toll findet – aber leider noch nicht aufgenommen hat. Das ist ein viel beschäftigter Mann, der Götz, und ein unglaublicher Improvisateur. Ein virtuoser Super-Musiker und ein guter Typ!

 

Katja Ebstein „A Hard Day’s Night“

Die spätere Schlager-Chanteuse und Im-Remmi-Demmi-Text-Vorkommerin versuchte sich 1967 sehr psychedelisch an den Beatles.

Ich hatte vorhin doch schon mal beinahe die Zombies geraten [lacht beim Gesangseinsatz laut auf]. Das kenn’ ich in der Version von Goldie Hawn, die ist es aber nicht. Aber ich kenne die Stimme … Was macht der Mann denn da mit der Sitar? Das hab ich mit Jay ungefähr zwanzig Jahre lang dreimal die Woche gespielt. Gib mir mal ’n Tipp!

Ein großer anderer Hit der Sängerin ist „Theater, Theater“.

Das hatt’ ich befürchtet – es ist also wirklich Katja Ebstein.

Ist das als Lounge-Musik vergleichbar mit Deinem Projekt „Horizon 2010“?

Überhaupt gar nicht. „Horizon“ ist ein Sampler mit jazzigen, souligen und klassischen Formationen, die mit Computerbeats und –sounds zusammenarbeiten. Auch „Weltmusik“  im weitesten Sinne.  Die Aufgabe war: „Wie haucht man Computern Leben ein?“ Im Prinzip gelungene Studien zum Thema: „Wie sieht die Musik der Zukunft aus?“ Teilweise sehr ambitionierte Sachen.

 

The Beatles „Child of Nature“

Dem Bassisten einer führenden Beatles-Coverband kann man ruhig auch mal ein Bootleg vorspielen, in diesem Fall einen unveröffentlichten Song aus den 1968er Esher- Demo-Tapes.

Oh, ich liebe ihn. Das ist ein wunderbares Stück, „Jealous Guy“ von John Lennon.

Nicht von John Lennon.

„Jealous Guy“ von den Beatles?

Nicht ganz – Child of Nature von ihnen.

In der Tat, da singt er was ganz anderes. Die Beatles waren mit ein paar anderen die größten zeitgenössischen Komponisten. Und die funktionierten auch nur zusammen. Lebendigste künstlerische Auseinandersetzung. Die waren als Künstler klasse – und als Korrektiv füreinander.

Und wer ist Dein Lieblingsbeatle?

George Martin, ihr Produzent, oft als „fünfter Beatle“ bezeichnet.

 

Jade „The Rest of My Life“

Ebenso schöner wie obskurer Song einer amerikanischen Sixties-Combo, mittels dessen man Beatles-Fans schön aufs Glatteis führen kann.

Klingt wie der fünfte Beatle … oder der sechste …

Und welcher von den vieren ist es?

Es ist eher so ein Lennon … die Produktion ist älter, sonst hätt’ ich gefragt, ob es Julian Lennon ist. Auch wieder ’ne Aufnahme, die ich nicht kenne, das könnte was aus früheren Beatles-Tagen sein, zu Zeiten von „And Your Bird Can Sing“. Auch ein paar Everly-Brothers- Einflüsse … sehr schön.

Das sind Jade aus den USA.

Eigentlich hätte ich dann noch sagen müssen, dass das die Rutles sind [gefürchtete Beatles-Verarsche-Band, bekannt aus den Filmen „All You Need Is Cash“ und „Can’t Buy Me Lunch“]. Apropos: Jay machen jetzt vielleicht eine kreative Pause von 25 Jahren. Mal schauen. Aber zu den Beatles haben wir neulich auch ganz viel Musik gemacht: Die Musik für ein Hörbuch – 54 Stücke in drei Tagen. Da holten wir jeweils die besten Beatles-Experten, die greifbar waren.

 

Milton Fisher „He Will Never Know“

Der Sperrstunden-Song der Darmstädter From-Irish-Folk-To-Trashpop-Band – von Christoph höchstselbst in den Neunzigern produziert.

Das ist ’ne großartige Band. Grüße an Marc Herbert auf diesem Weg. Ich bin ewiger Fan, bis ans Ende meiner Tage. Geil! Geil! Geil!

Hast du noch ein abschließendes Wort an die P-Leser?

Popmusik ist nicht nur Gebrauchsmusik, sondern auch Gefühl. Dass sich Leute dahin begeben, wo ihnen Musik auch was gibt, das macht man viel zu selten. Deshalb: Hört mehr gute Musik!

 

Fazit: Dem kann ich mich nur anschließen!

 

www.christinemusics.de