Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: La Java Blue Quartett

Allzu oft mangelt es im Leben ja am richtigen Timing. Aber zwei Tage vor Nikolaus ein jazzig swingendes Weihnachtsalbum zu veröffentlichen, halten wir für so passgenau und originell, dass das La Java Blue Quartett sofort zu einem Tauglichkeits-Test einbestellt wurde. Eigentlich sind Sängerin Nathalie Schäfer und die drei Herren Steffen Stütz, Wolfgang Ritter und Marco Bruckdorfer mit musikalischen Projekten (Nekta, Maladd in de Tete, Must have a Pony, Phil Fill et cetera) mehr als ausgelastet. Nach dem Ende ihrer gemeinsamen Band Tobsucht finden sie sich aber seit 2002 trotzdem regelmäßig zusammen, um im Swing-Jazz-Gewand meist bekannte Songs neu zu interpretieren. Zum P-Hörspiel mit Weihnachtssongs der (meist) etwas anderen Art fand sich das Quartett in Trio-Stärke ein, um zu beweisen, dass Timing wirklich nicht alles ist, was dieses sympathische Bandprojekt auszeichnet. Locker-flockig wie Pulverschnee rieselte es Antworten auf unsere Knacknüsse.

 

The Pogues feat. Kirsty McColl „Fairytale of New York“ (live)

Für viele Iren und Briten die schönste Weihnachtsballade ever. Pogues-typisch geht es textlich um den Heiligen Abend eines betrunkenen Mannes, der seinen Rausch in der Ausnüchterungszelle ausschläft und dabei von vergangenen Urlauben träumt. Genau so klingt der Song auch.

Steffen: Tom Waits? Oder warte, nee … Pogues !
Nathalie: Der Stütz is’ gut.
Wolfgang: Kenn ich auch. Aber welches Stück?
S: Warte mal, warte mal, ich hab die Platte daheim.

Ist hierzulande nicht so als Weihnachtslied bekannt.

S: „Fairytale of New York“. Ist auf „If I Should Fall from Grace With God”, der besten Pogues-Platte.

Genau.

N: Ich glaube, ich hab das Stück sogar mal Schülern beigebracht.

Echt? Ist doch eigentlich voll das Alkoholiker-Lied.

N: Upps…

 

Dean Martin „Jingle Bells“ (Dan The Automator Remix)

Der legendäre Schauspieler, auch mit einem Alkohol-Problem, in einer neuen sehr funkigen Remix-Variante von einem der Gorillaz- Produzenten.

N [bevor das Stück überhaupt anfängt]: Michael Jackson mit „Billie Jean“.

Dran denken: der Sänger klingt sonst anders. Dies ist ein sehr moderner Remix.

N: Gefällt mir schon mal gut.
W [ganz flott]: Okay, „Jingle Bells“ ist klar. Sinatra?

Fast.

N: Sammy Davis Jr.?
W: Zumindest einer vom Rat Pack. Dann Dean Martin.

Wow, ging wieder schnell. Könnt Ihr so ’ne olle Kamelle wie „Jingle Bells“ noch hören?

S: Ähem…ja, haben wir auch auf unserer Platte drauf. Aber in einer housigen Variante.

P [verlegen]: Oh … okay.

 

John Lennon & Yoko Ono „Happy Xmas (War Is Over)“

Allein von den allweihnachtlichen Gema-Erträgen für diesen Radio-Hit kann Frau Ono ein mehr als angenehmes Künstlerdasein fristen. [Das Laptop startet, aber man hört nix]: Tja, das ist dann wohl die Unplugged-Version.

W [süffisant]: Unplugged vom Laptop. Na super. [Der Track startet endlich.]
N [singt mit]: Kann den Text sofort mitsingen. Aber keine Ahnung.
W: Scheiße, das hab ich sogar zuhause. Mann und Frau?

Inzwischen getrennt. So Gott will … äh … wollte. Für Beatles-Fans ein Albtraum-Paar.

W: Lennon.
S: Mit Yoko. Klingt aber echt untypisch.

 

Die Toten Hosen & Biermösl Blosn „Still“ (Live-Video)

Düsseldorfer Alt-Punker treffen auf bajuwarische Anarcho-Volksmusikanten. Heraus kommt eine (vor allem gesanglich) gar nicht stille Version des Weihnachtsklassikers [erst nur Flöte der Biermösln]

N: Sandmännchen?

[Kuddel, der Hosen-Gittarist, fängt an zu singen … äh … krächzen.]

W: Die Roten Rosen. Also die Hosen.
N [ehrfürchtig]: Was Ihr alles erkennt, mann.

Genau. Zusammen mit den Biermösl Blosn. Kennt Ihr die?

S: Klar! Auf deren Konzert mit dem Kabarettisten Gerhard Polt in Mainz waren wir letztes Jahr. Ganz, ganz großartig.

 

Duke Ellington „Jingle Bells“ (Robbie Hardkiss-Remix)

Einer der besten Jazzer aller Zeiten mit seinem Orchester durch den modernen Remix-Wolf geschreddert.

N [Stück fing noch nicht an]: Wieder Billie Jean vom Michael!

Kein Gesang diesmal. Aber das Stück erkennt Ihr.

S: Remix ist natürlich fies. Aber Melodie von „Jingle Bells“. Glenn Miller? Klarinette klingt nach …
N: Benny Goodman!

Richtige Schiene, aber andere Hautfarbe.

N: Louis Prima?
W: Wynton Marsalis?

Der gesuchte Jazzer ist eher Orchester-Leiter.

S: Duke Ellington! Es gibt ja eigentlich DIE zwei großen Big Bands, Duke Ellington und Count Basie. Und Duke hat seinen Orchester-Musikern immer jede Note quasi auf den Leib geschrieben. Das sollte niemand anderes spielen.

Klingt teilweise wie Nekta, dieser Remix.

N: Gyso Hilger, mein Kollege bei Nekta, hat auch immer solche Big-Band-Sounds im Ohr. Finde ich klasse.

 

J. S. Bach „Weihnachts-Oratorium: Jauchzet, frohlocket“

Der Weihnachts-Klassiker aller Bildungsbürger. Seid Ihr bereit für etwas Hochkultur?

W: Oh, bring mal noch Bier.
N [freudig vor dem Stück]: Freude schöner Götterfunken. [Stück beginnt, nach zwei Sekunden] Jauchzet, frohlocket!

Das ist mal ’ne Ansage.

N: Klar, muss ich jedes Weihnachten durch.

 

Karel Svoboda „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ (Titelmelodie)

Die CSSR/DDR-Märchenabwandlung von 1973 läuft seit Dekaden an Weihnachten auf allen (dritten) TV-Kanälen.

Guckt Ihr Fernsehen an Weihnachten?

W: Nee.
S: „Der kleine Lord“?

Geht eher in Richtung Märchen.

N [zögerlich]: Als Kind hab ich das geguckt. „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ oder so ähnlich?

So gut wie.

W [mit tiefer, erotischer Stimme]: Ja genau, Aschenbrödel hat drei Nüsse!

 

Helsinki University Chor „Jouluyö, juhlayö“

„Stille Nacht, heilige Nacht“ auf Finnisch in einer hymnischen Chor-Version.
Hier geht’s auch um die Sprache, in der gesungen wird.

N: Oh, ist ja wie bei der „Sendung mit der Maus“. [mit Akzent] Das war serbo-kroatisch.
W: Melodie ist wieder „Stille Nacht“.
N: Da kommen lauter „ü“ und „ö“ vor im Gesang. Türkisch oder finnisch dann, oder?

Finnisch. Uff, seid Ihr schnell.

 

Bob Dylan „Must Be Santa“

Mr. Tambourine Man gibt im Jahr 2009 unerwartet und ziemlich selbstironisch den Nikolaus. Manchmal singt er dabei sogar richtig, wie in diesem Fall.

N: Wieder die Pogues?

Nee, auch wenn es erstmal so klingt. Fast topaktuell, von 2009.

N: Kein Wunder. Da haben wir den Salat. Ich krieg nämlich nichts mehr mit.
W: Seit 1903 hör ich nix Neues mehr.

Das Original ist nicht neu. Und die Stimme ist diesmal relativ ungewöhnlich für den Künstler.

S: Die Stimme kenn ich, warte mal.
W: Horst Schlämmer?
S: Die Passage eben klang nach Bob Dylan.

Exakt. Sogar mit Weihnachtskarte als CD-Beilage.

N: Hey, der Stütz! Echt, wie gut der ist! So ’ne Weihnachtskarte könnten wir auch machen, Jungs. Dachte, der Bob wär längst am Ende. Da bin ich ja baff. [respektvoll ans P] Von Euch kann man was lernen.

[ironisch] Das P hat ja auch einen Bildungsauftrag.

 

Fazit: Alle Knacknüsse geknackt, daher bekommen sie von uns das Prüfsiegel der Weihnachtstauglichkeit. Gilt auch für alle anderen Jahreszeiten. Nur Aschenbrödel meldet Bedenken an.

 

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