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Foto: Jan Ehlers

Unsere beiden heutigen Hörspiel-Gäste sind als Mitglieder des Knertz-Kollektivs schon häufig als Musiker und Veranstalter in Erscheinung getreten: Benny zum Beispiel bei Nerdsmasher oder der Band, die mit Fnes … anfängt, Hendrik mischt unter anderem beim Zucker-Kollektiv mit. Aber wir haben sie diesmal vor allem deshalb eingeladen, weil sie ein Musikinstrument gebaut haben, den Emanuelmarius5000. Deshalb sollen sie heute auch nicht nur profan Lieder erraten, sondern auch charakteristische Klangerzeuger heraushören.


Erklärt uns Ahnungslosen zu Beginn bitte mal, was Ihr da zusammengeschraubt habt!

Benny: Im Endeffekt ist der Emanuelmarius5000 eine Drum Machine beziehungsweise ein Sequencer, der diese ansteuert.
Hendrik: Er durchläuft schrittweise acht Stufen. Wenn man eins der leuchtenden Knöpfchen drückt, wird ein Impuls gesendet, der dazu führt, dass ein bestimmtes Element, zum Beispiel das Becken, an einem bestimmten Zeitpunkt geschlagen wird. Derzeit gibt es sechs Kästchen, die man ansteuern kann, das ist aber prinzipiell endlos erweiterbar.
Benny: Dabei haben wir uns an den alten Drum Machines orientiert, wobei man auch verrückte Rhythmusgeflechte stricken kann. Was wir damit machen, nennen wir akustischen Techno. [sehr anschaulich auch auf dem Lernvideo erklärt, Anm. d. Red.].

Okay! Bereit für den ersten Song?

 

Trio „Da da da ich lieb’ dich nicht du liebst mich nicht aha aha aha”

Der Neue-Deutsche-Welle-Überhit der Band aus Großenkneten, mit Hilfe ihrer Freunde von Ideal und einem japanischen Taschenrechner eingespielt.

Benny [sofort]: VL 1, Trio, ja! Den Rhythmus gibt der Casio VL 1, ein auch als Taschenrechner gedachtes Keyboard. Bei dem kann man auch eigene Sounds programmieren.
Hendrik: Vor einigen Jahren gab es einen Hype bei Ebay, die Dinger wurden sauteuer, obwohl sie ursprünglich nur als Spielzeug gedacht waren.
Benny: Mit Fnessnej haben wir einen Joystick an so einen dran gebaut, sieht total lustig aus.

 

Walter Carlos „Sinfonia To Cantata No. 29“

Walter Carlos, der heute nach einer Geschlechtsumwandlung Wendy heißt, hat 1968/69 mit seinen beiden „Switched On Bach“-Alben die Welt der klassischen Musik revolutioniert.

Hendrik: Ist das dieser Typ, der Bach auf dem Moog [früher, sehr teurer Synthesizer] gespielt hat? Der hat dafür gesorgt, dass elektronische Klangerzeugung in der Musik anerkannt wurde.

Und noch was anderes hat er gemacht – hat gerade seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert.

Benny: Den Soundtrack zu „Clockwork Orange“ von Stanley Kubrick. Wie hieß der denn noch?

Walter Carlos.

Hendrik [schaut sich die Plattenhülle an]: Und das nächste Stück heißt wirklich „Air on a G-String“? Der Titel ist ja auch wieder gut …

 

The Rolling Stones „Lady Jane”

Ein für die Stones ungewöhnlich ruhiges, melodisches Stück, vermutlich über eine der vielen Frauen Heinrichs des Achten.

Benny: Oh … Rolling Stones … „My Sweet Lady Jane“.

Das waren zirka zehn Sekunden …

Benny: Und um welches Instrument geht es? Dieses Spinett?

Ein Spinett ist es nicht.

Hendrik: Wird es gezupft oder gehämmert?

Gehämmert.

Benny und Hendrik [gleichzeitig]: Ist es das … äh … trapezförmige … ist es das, was Kolter-Jan [siehe Hörspiel September 2010] immer verwendet?

Ja.

Benny: Das Hackbrett! [ein trapezförmiges Saiteninstrument, dessen Saiten mit kleinen Klöppeln angeschlagen werden]

Habt Ihr dem Leser noch was zum Hackbrett zu sagen?

Benny: Ja, Kolter-Jan, toll!

„Lady Jane“ mit Brian Jones an den Klöppeln ist übrigens angeblich der bekannteste Einsatz des Hackbretts in der Popmusik.

Hendrik: Das ändert sich, wenn der Jan berühmt wird.
Benny: Die ganze Popmusik ändert sich dann!

 

The Beach Boys „Vegetables”

Als sich die Beach Boys um Brian Wilson 1967 bei den Aufnahmen zum „Smile”-Album gewaltig verzettelten, kam ein Gast vorbei, und der hatte Hunger …

Benny [sofort]: Beach Boys! Dann geht es bestimmt um ein Theremin.

Nein, so einfach ist es dann doch nicht. Es geht um die Percussion-Geräusche.

Benny: Das sind Chips!

Nein.

Benny: Das crunchende Geräusch? Crunchips?
Hendrik: Erdnussflips?

Nein, gesünder. Durch EHEC allerdings gerade etwas in Verruf geraten.

Benny und Hendrik [wild durcheinander]: Gurke? Avocado? Karotte?

Nein, nur weil im Text eine Karotte erwähnt wird, muss sie nicht den Rhythmus vorgeben.

Benny: Näher an der Gurke oder näher an der Karotte?

Eher an der Karotte.

Benny: Dann ist es Sellerie.

Richtig. Und noch spannender ist, wer es gekaut hat. Es war ein Gast von einer englischen Band, damals auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft.

Benny: Beatles? Der Biss klingt nach Paul McCartney.

Richtig! So klingt es, wenn die beiden größten musikalischen Genies ihrer Zeit in einem Raum zusammen musizieren.

Benny: Na ja, es gibt ja auch die Legende, die John Lennon verbreitet hat, dass die Beatles seinerzeit mit Elvis gejammt haben. Und die anderen drei Beatles sagen: Das stimmt überhaupt nicht!

 

Lothar And The Hand People „Today Is Only Yesterday‘s Tomorrow”

Unglaubliche Sixties-Psychedelic-Band aus Denver, die laut Eigenaussage all ihren Elektro-Lärm mit einem Moog und Lothar, ihrer Ätherwellengeige, auch Theremin genannt, erzeugt hat. Angeblich kam es bei Auftritten der Hand People mehrfach vor, dass ein Zuhörer beim Einsatz dieses Instruments total ausrastete. Wie sich erst später herausstellte, hatte er eine Metallplatte im Kopf und die Ätherwellen verursachten dort einen sehr schmerzhaften Kurzschluss.

Benny: Strawberry Alarm Clock ist es nicht, oder? Klingt super!
Hendrik: Die haben auf jeden Fall alles genommen, was sie kriegen konnten. Ist das wirklich aus den Sechzigern?

Ja, das sind Lothar And The Hand People – mit ihrem Theremin Lothar.

Benny: Nein! Das kann kein Theremin sein! Die Beach Boys haben ja damals 13.000 Dollar für die drei Sekunden Theremin-Einsatz in „Good Vibrations“ ausgegeben – weil es keinen gab, der es spielen konnte. Und hier sind komplette Tonstopps drin, das konnten damals nur die Besten der Besten. Ich glaube eher, dass das ein Ondes Martenot ist [ein 1928 vorgestelltes, artverwandtes elektronisches Instrument, gerne mal von Radiohead benutzt; die Anfrage an die Band läuft übrigens].

 

Katze „ Bei mir wird immer alles schmutzig“

Trashige Berliner Gitarrenpopband um Klaus Cornfield, einst Sänger von Throw That Beat In The Garbagecan, mit einem ganz besonderen Instrument.

Hendrik: Das ist ’ne Hammond? Mit Orgeln kenn‘ ich mich nicht so aus.

Nee … Viel kleiner.

Benny: „Klein“ im Sinne von „klein klein“?

Ja.

Benny: So’n Omnichord [1981 von Suzuki vorgestellte elektronische Zither], nee, Quatsch. Aber das ist kein Stylophone [1967 erfundenes Mini- Keyboard, das mit einer Art Kuli gespielt wird], oder?

Doch.

Benny und Hendrik [in heller Empörung]: Im Leben nicht!
Benny: Check das noch mal! Das ist im Leben kein Stylophone!

Wird gemacht. Aber dass Du da gleich so rechthaberisch wirst …

Benny: Das ist mir sehr wichtig – ich liebe Stylophone! [Anfrage an die Band läuft übrigens ebenfalls].

Dann kommen wir mal lieber abschließend zu Eurem Emanuel Marius Warum heißt das Gerät, wie es heißt?

Hendrik: Weil mal wieder ganz schnell ein Name gebraucht wurde…
Benny: … und dann kam gerade mein Mitbewohner Emanuel ins Zimmer. Und ich sagte: „Da ist ja der Emanuel Marius“.

 

Fazit: Was als harmlose Plauderrunde mit zwei sympathischen Fricklern begann, endete als verbissener Expertenstreit! Die Standpunkte sind festgefahren, Expertisen werden eingeholt. Das wird also wohl das erste Hörspiel, das am grünen Tisch endet. Sicher ist jedoch, dass die beiden bei jeder Quizshow über elektronische Klangerzeuger abräumen würden.