Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Im Jahr 2005 begannen die drei Londoner Geschwister Kitty (heute 18 Jahre alt), Daisy (22) und Lewis Durham (20) damit, antiquierte Instrumente in die Hand zu nehmen, um damit eine aus Swing, Rhythm and Blues, Hillbilly Music und anderen Prä-Rock’n’Roll-Spielarten zusammengesetzte Musik zu spielen. Diese pressen sie auf Schallplatten, die auf 78 Umdrehungen laufen – solche Platten werden eigentlich seit 1960 nicht mehr hergestellt. Seitdem gelten sie vielen als Vorreiter einer neuen Musiker-Generation – einer jungen Generation, die keine Lust mehr auf die moderne iPad-Klingelton-Lady- Gaga-Medienwelt hat und sich deshalb der Vergangenheit zuwendet. Aber letztlich sind Kitty, Daisy & Lewis einfach nur drei junge Leute, die mit ihren Eltern Ingrid Weiss und Graeme Durham Familienmusik machen. Nur, dass sie dies nicht mehr im stillen Kämmerlein, sondern mittlerweile vor Tausenden in großen Konzertsälen und auf Festivals tun. Es versteht sich also von selbst, dass sich das P bei drei so charmanten und geschichtsbewussten Nachwuchskünstlern gezwungen sah, das Hörspiel vor ihrem Konzert am 20. September in der Centralstation ausschließlich mit dem redaktionseigenen, batteriebetriebenen Plattenspieler zu veranstalten. Was sich zu guter Letzt als sehr nützlich erweisen sollte …

Cee Lo Green „(You’re So Square) Baby, I Don’t Care“

Die Stimme von Gnarls Barkley. Starke Interpretation des Leiber & Stoller-Klassikers. Zu finden auf dem kürzlich erschienenen Buddy-Holly-Tribute-Sampler „Rave On“.

[Kitty und Daisy lachen und murmeln etwas in sich hinein]

Kleiner Tipp: Es ist nicht so alt, wie es klingt.

Lewis: So alt klingt es gar nicht.
Kitty: Ist es Cee Lo?

Ja, Cee Lo Green mit einem Buddy-Holly-Cover.

Daisy: Ja, Elvis hat die Nummer auch gespielt, und auch Johnny Cash, glaube ich!?
Lewis: Aber wir sind nicht die größten Buddy-Holly-Fans.

 

Ann Cole „Got My Mojo Working“

1956 von Preston Foster verfasster Rhythm-and-Blues-Klassiker, den auch unsere Nachwuchskünstler schon gecovert haben. Es geht um eine Verliebte, die mit allerhand Voodoo-Zauber versucht, ihren Angebeteten rumzukriegen …

Lewis [lunzt über den Plattenteller]: Dürfen wir eigentlich mogeln?
Lewis [doziert gleich nach dem ersten Ton]: Das ist „Got My Mojo Working” von Ann Cole, erschienen auf Baton Records. Der Song ist für viele eng mit Muddy Waters [wegweisender Blues-Musiker, Anm. d.Red.] verbunden, aber Ann spielte ihn auf einer gemeinsamen Tour mit Muddy zuerst – und er beeilte sich dann, das Stück vor ihr rauszubringen.

Und? Hat er es geschafft?

Lewis: Weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall ist seine Version die bekanntere. Das ist guter R’n’B … next, please!

 

Wanda Jackson „You Know I’m No Good“

Die First Lady des Rock’n’Roll faucht die Amy Winehouse-Beichte auf ihrem neuen Album „The Party Ain’t Over“.

[Allgemeines, beratschlagendes Getuschel]

Kitty: Ist das Norah Jones?
Daisy: Klingt ein bisschen wie Amy Winehouse, aber das ist sie nicht.
Lewis: Die Dap Kings? [Amys und Sharon Jones’ Backing Band, Anm. d. Red.]

Ein Tipp: Eine alte Rock’n’Roll-Lady.

Lewis: Aber nicht Wanda Jackson, oder?

Doch. Wanda covert Amy.

Lewis: Ich mag ihre Stimme nicht.
Kitty: Ihre Stimme klingt nicht sehr natürlich, sondern affektiert.

 

Raincoats „Lola“

Kitty, Daisy & Lewis-Mutter Ingrid Weiss hat 1981 beim zweiten Release der britischen Postpunk-Band mitgewirkt. Da sich diese aber nicht in unserem Fundus befand, mussten wir auf das Debüt zurückgreifen.

Jetzt sind wir gespannt.

Kitty: „Lola“ von den Kinks.

… aber nicht das Original.

Kitty: Dann sind’s die Raincoats.

Sollen wir’s runternehmen?

Kitty: Nein, nein, schon okay. Aber das ist nicht die Platte, bei der unsere Mutter mitspielt.

Haben Eure Eltern Euch den alten Postpunk-Stoff vorgespielt?

Lewis: Nein, wir haben zuhause nie die Raincoats gehört, da liefen die Kinks oder Jazz und andere alte Sachen.

Und wie habt Ihr rausgekriegt, dass Eure Mutter bei der Lieblingsband von Kurt Cobain mitgespielt hat?

Daisy: Ach, wir wussten, dass sie mal in einer Band war, aber da hat sie nicht viel von erzählt. Keine große Sache.
Lewis: Das nächste! Mach’ mal was Gutes!

 

Howard Carpendale „Du hast mich“

Strikt an der Chicago-Version des Spencer Davis Group-Klassikers „I’m A Man“ entlangkomponiert.

Lewis: Das ist eine ziemlich gute Band, guter Beat! Es klingt ein bisschen türkisch.

Das Gitarrensolo?

Lewis: Nein, der Gesang.

Das ist einer der erfolgreichsten Sänger in Deutschland. Wie findet ihr’s?

Lewis: Ich mag die Band, guter Soul-Funk!

 

Eli „Paperboy“ Reed „Ace of Spades“

Der Motörhead-Song schlechthin als furiose Soul-Nummer interpretiert.

Lewis: Ist das eine neue Platte? Ist das ein alter Kerl?

Nein, das Original ist alt, aber die Platte ist neu und der Sänger jung.

Lewis: Ist das Eli?
Kitty: „Ace of Spades“, das ist doch ein Klassiker.
Lewis: Eli haben wir mal getroffen. Lemmy übrigens auch.

 

Dee Dee Sharp „Comin’ Home Baby!“

Soul-Klassiker aus den 1960ern. Damals nie als 7″-Single erschienen. Kürzlich auf der 7“-EP „Rhythm & Blues Dancefloor Killer“ von Buster Jim Records wiederveröffentlicht.

Lewis [nach zwei Sekunden]: Mel Tormé, aber auf der Geschwindigkeit …

Nein.

Lewis: Aber Mel Tormé hat das Original gesungen. England oder Amerika?

Eine alte amerikanische Aufnahme.

Lewis: Ein obskurer Künstler?

Ja, kann man so sagen [Dee Dee hatte zwar einige Hits in den Sechzigern und ein kurzes Comeback in der Disco-Ära, ihren größten Hit verpasste sie aber, da nicht sie, sondern Little Eva dafür ausgesucht wurde, den Song „The Loco- Motion“ zu singen, Anm. d. Red.].

Lewis: Spielt’s bitte nochmal an [hört aufmerksam zu, überlegt …] – kenn ich leider nicht.

Dee Dee Sharp.

Lewis: Gute Version, aber die von Mel Tormé ist besser …

So, das war’s, wir hoffen, es hat Euch gefallen?

Lewis: Yes, we enjoyed it! Jetzt aber noch eine Frage an Euch: Spielt Euer Plattenspieler auch 78er Platten ab?

Äh, ja … wieso?

 

Kitty, Daisy & Lewis „Don’t Make A Fool Out Of Me“

Die neue Single-Auskopplung aus dem aktuellen Album „Smoking in heaven“.

Lewis: Die haben uns die Testpressung unserer neuen Single auf Tour nachgeschickt und wir müssen uns die unbedingt anhören, um sie freigeben zu können. Dürfen wir mal kurz?

Klar, tut Euch keinen Zwang an.

Lewis [legt eine Ten-Inch mit der Single- und der Instrumentalversion des Songs auf und hört genau
hin]: Klingt gut … und selbst wenn nicht, es ist eh zu spät, was zu ändern. Vielen Dank!

 

Fazit: Bis auf den guten alten Howie soweit (nahezu) alles erkannt! Kitty, Daisy & Lewis sind nicht nur drei überaus sympathische Musiker, sie kommen ebenfalls mit ordentlich Musik-Background daher. Glaubt man den Dreien, stehen Zuhause die Regale voll mit Vinyl aus den 1940ern und -50ern. Was musikalische Früherziehung alles bewirken kann…

 

www.kittydaisyandlewis.com