Foto: Centralstation
Foto: Centralstation

Eine revolutionäre technologische Entwicklung, die keine Stromversorgungsprobleme verursacht, absolut preisgünstig ist und mit verschiedenen Apps wie beispielsweise dem Lesezeichen daherkommt, steht in den Verkaufsregalen. Sie trägt den prägnanten Namen „Buch“ und wird erstaunlicherweise von den 12- bis 17-Jährigen noch allzu oft ignoriert. Abhilfe möchte das 1. Darmstädter Jugendliteraturfest „Huch, ein Buch!“ schaffen.

Auch wenn es das Ergebnis einer großen Umfrage ist und vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest in einer aufwendigen Studie 2007 bewiesen wurde, ist es beinahe eine Plattitüde: „Wer mit Zwölf schon liest, wird dies auch noch mit 19 Jahren regelmäßig tun.“ Ebenso platt erscheint die Aussage, dass Lesen unumgänglich für Bildung ist. Trotzdem scheinen das viele Mitbürger nicht zu wissen. Wie sonst ist es zu erklären, dass man für das Lesen werben oder gar Überzeugungsarbeit leisten muss? Vielleicht weil in den Jahren des leichter zu konsumierenden Fernsehens und Internets Altbekanntes in Vergessenheit geraten konnte: Lesen ist lustvoll, Lesen ist sinnlich, Lesen macht Spaß!

Lust, Sinnlichkeit und Spaß verspricht auch das 1. Darmstädter Jugendliteraturfest, das am Freitag, dem 20. Mai, in der Centralstation stattfinden wird. Dann soll der „für Eltern, Lehrer und Buchhändler kritischen Gruppe“, wie Kooperationspartner Alfred Hofmann vom Bessunger Buchladen die 12- bis 17-Jährigen bezeichnet, das Buch mit Verve wieder näher gebracht werden. „Ein lang gehegter Traum“, für den sich die Veranstalter einiges haben einfallen lassen. Fünf Jugendbuchautoren werden lesen und danach offen für Fragen der Zuhörer sein. Die vorgestellten Bücher sollen die jugendliche, sinnliche Wahrnehmung kitzeln: Sie erzählen beispielsweise von „Liebe, Lust, Sex“ oder haben als Graphic Novel einen visuellen Bezug, werden symbiotisch mit Musik vorgetragen oder vom Jugendclub „backstage“ des Staatstheaters Darmstadt in szenischen Lesungen präsentiert. Daneben geben die Mitglieder des Vereins „Illustratoren Darmstadt“ Einblicke in ihre Arbeit und ihr Können.

Büchertische warten darauf, dass ihre wertvolle Fracht entdeckt wird. Zudem wurde unter dem Motto „Mein coolster Lesesessel“ ein Wettbewerb ausgeschrieben: Schulklassen, Cliquen und Jugendgruppen sind eingeladen, genau diesen zu entwerfen und zu bauen. Die Ergebnisse werden während des Festivals im Carree präsentiert, die witzigsten oder schönsten von ihnen prämiert. Eine Party mit DJ soll den Tag schließlich altersgerecht beenden.

Dass Lesen „zu sozialer Kompetenz und kultureller Identifikation“ führt, war sicher ein Grund für Darmstadts Jugend- und Sozialdezernenten (und frisch gewählten künftigen Oberbürgermeister) Jochen Partsch, die Schirmherrschaft für diese „wunderbare und notwendige Initiative“ zu übernehmen. Als er sich auf der Pressekonferenz an die katholische Bücherei erinnert, die ihm auf den Fährten der „Fünf Freunde“ und der „Schwarzen Sieben“ von Enid Blyton den Weg in die Welt gewiesen hat, klingen weitere, individuellere Gründe an. Denn Lesen ist auch immer persönlich: Es ist persönliche Geschichte, persönliche Entwicklung, persönliche Erinnerung.

Illustration: Rocky Studio
Illustration: Rocky Beach Studio

Der Film zum Buch ist niemals so gut wie das Buch selbst. Wie traurig daher die Tatsache, dass viele Jugendliche gar nicht mehr wissen, dass vor dem Film meist ein Buch steht. „Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne”, erinnert Walter Konrad von der Volksbank Darmstadt Kreis Bergstraße, die das Projekt finanziell unterstützt, an das Zitat des deutschen Dichters Jean Paul. „Lesen ist das persönliche Kino im Kopf“, ergänzt Markus Horschek von der Bürgerstiftung Darmstadt, die die Veranstaltung ebenfalls sponsert.

Bei so viel Enthusiasmus für das 1. Darmstädter Jugendliteraturfestival bleibt zu hoffen, dass es von nun an jährlich stattfinden wird, mit einem nicht abreißen wollenden Strom jugendlicher Besucher.