Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Eine Gitarre, eine Gänsehautstimme und – neben gezupften Gitarrenklängen – zaghaftes Glockenspiel: Lisa Freieck klingt anders als das, was üblicherweise in die Singer-/Songwriter-Schublade gestopft wird. Die Darmstädterin liebt das Experiment mit neuen Klängen und verzaubert ihr Publikum mit fast kindlichen, melancholisch-mystischen Melodien. Das P traf sie zum Black-Box-Gespräch über Musik, woher sie kommt und wohin sie geht.


Fallen wir einfach mit der Urfrage ins Gespräch: Warum machst Du Musik?

[überlegt] … Gar nicht so einfach zu beantworten. Ich habe da jetzt keinen Masterplan, aber ich will auf jeden Fall, auch wenn ich mit meinem Studium fertig bin, Musik machen. Ich will mit der Musik einfach die Welt sehen, es ein paar Leuten zeigen – und hoffentlich auch noch ein paar Alben aufnehmen. Das nächste ist schon in Planung, auf jeden Fall.

Hast Du schon überlegt, wie es klingen soll? Willst Du Deinen jetzigen Stil weiterverfolgen oder kannst Du Dir auch krasse Brüche vorstellen, zum Beispiel, dass Du auf einem Album irgendwann einmal rumbrüllst?

Ich will prinzipiell überhaupt gar nichts ausschließen und festlegen, das heißt, ich leg‘ keinen Stil fest. Natürlich wird’s wahrscheinlich schon nach mir klingen [lacht], aber es wird auch anders sein. Das letzte Album [Anm. d. Red.: „You Can Still Be Paranoid“] ist ja mittlerweile auch schon zwei Jahre alt und man hört, glaube ich, den Sachen auch an, dass Zeit vergangen ist.

Deine Lieder haben mir beim Anhören alle eine Geschichte erzählt…

Jeder hört natürlich etwas anderes darin. Manchmal sind’s auch einfach nur Eindrücke, alles Sachen, die mir passiert sind oder die mich so bewegen. Es gibt manchmal auch Gedanken, die einen grundsätzlich beschäftigen, ohne das irgendwie genau fassen zu können. Aber ich hab schon immer viel Wert aufs Texteschreiben gelegt. Der Text ist für mich kein Instrument, um das Lied irgendwie auszufüllen, sondern mindestens ein gleichwertiger Bestandteil gegenüber der Musik.

Das jaulende, mystische Instrument in dem Stück „My Head On This Pillow“, einem neuen Song, den es auf Deiner MySpace-Seite schon zu hören gibt – ist da ein Theremin zu hören [Anm. d. Red.: elektronisches Musikinstrument, auch Ätherwellengeige oder Ätherophon genannt – eines von wenigen Instrumenten, die vom Musiker ohne körperliche Berührung gespielt werden]?

Nee, das sind … ah … Du meinst die singende Säge!

Hast Du die selbst eingespielt?

Ja. Es war auch echt nicht einfach, ich habe schon eine Weile dran gesessen, bis ich diese halbe Minute hingekriegt habe, aber ich wollte die singende Säge eben unbedingt haben in diesem Song.

Hast Du das Artwork zu dem letzten Album auch selbst gemacht?

Nein, größtenteils hat das ein Bekannter von mir gemacht, der ist Comiczeichner, Maik. Ich habe ihn ganz bewusst gefragt, weil ich eben seine Sachen kannte und sie immer unglaublich toll fand und ich mir gedacht habe, dass es total gut zu mir passt. Ich habe ihm gesagt, was ich mir motivmäßig vorstelle, und er hat es ziemlich genau so umgesetzt, wie ich es haben wollte. Es passt so unglaublich zu dem ganzen Album und trägt auch viel zu der Erscheinung als Ganzes bei.

Denkst Du, dass der erste Eindruck, den man durch das Artwork von einer Platte bekommt, auch den Zugang zu der Musik verändert?

Ja, auf jeden Fall. Ich meine, wie ist das denn, wenn man durch einen Plattenladen geht und sich CDs anguckt und man kennt die Band nicht? Man nimmt doch nur in die Hand, was einem optisch gefällt. Ich hab mir eben vorgestellt: Wenn ich in den Laden kommen würde und würde meine CD sehen, würde die mir auffallen? Würde ich sie in die Hand nehmen?

Auf dem Cover verstecken Männer ihre Gesichter hinter Zeitungen, dazwischen geht eine Figur spazieren, die ihr Gesicht mit einer Hand bedeckt und auf deiner MySpace-Seite heißt es unter der Rubrik Motto: „mask nuture every day“, übersetzt: „Maskenpflege jeden Tag“. Warum ist das Bild der Maske ein wichtiges Motiv für Dich?

Das ist etwas, was mich total beschäftigt, was, glaube ich, wirklich jeden beschäftigt. Es ist einfach ein Problem, das jeder hat, dieses Rollenspiel im Umgang miteinander, egal in welcher Situation. Ich habe einfach ganz oft Probleme mit dieser Maskenpoliererei. Ich will mich da natürlich nicht rausnehmen, ich stell‘ mich nicht hin und sage: Ihr alle seid nicht Ihr selbst und lauft mit einer Maske durch die Gegend und ich bin die Einzige, die ihr wahres Gesicht zeigt, denn genau das ist es ja gerade nicht. Das, was mich beschäftigt, ist, wie man sich selbst in dieses komische System einfügt und, dass der Umgang oft einfach so indirekt und über so viele Ecken funktionieren muss und es nur so wenige Momente im Leben gibt, in denen man wirklich bei einem Menschen an die Substanz kommt oder jemanden dran lässt an seine eigene.

Ist es für Dich wichtig, alles Musikalische selbst zu machen?

Früher war es immer so, dass ich gesagt habe, dass ich eigentlich nur alleine auftreten will. Ich hab dann aber doch angefangen, Leute dazuzuholen. Im Moment ist das der Olli, auch bekannt als „Plus“. Das ist ein sehr guter Freund von mir, der macht jetzt live die Sachen mit dem Glockenspiel, die ich dort nicht selbst umsetzen kann.

Vieles an Deinem Werk hat dieses Kindliche – die Musik, die Instrumente wie das Glockenspiel, das Artwork. Was steht dahinter?

Das Glockenspiel kommt aus dem Kinderzimmer. Als ich damals angefangen habe, das Album aufzunehmen, habe ich es plötzlich wiederentdeckt und es hat mir richtig viel Spaß gemacht. Ich habe einfach gemerkt, dass es sehr gut passt. Es ist nie so, dass ich bewusst versuche, mit Absicht irgendeinen Stil zu erzeugen. Meistens ergibt sich das, während ich aufnehme. Ich denke, dass vieles davon einfach in mir steckt. Die Kindheit ist für mich auch so was Magisches, weil man in der Kindheit die Dinge ganz anders wahrnimmt und immer irgendwie versucht, in seinem Leben zu diesem Zustand zurückzukommen – was man aber eigentlich nie schafft. Alles unvoreingenommener hinzunehmen, zu erleben und …

… zu einem Zustand ohne Maske zu kommen?

Ja, genau. Da schließt sich der Kreis. In Bezug auf das neue Album bedeutet das: Ich will kein bestimmtes Konzept anlegen, das kann ich auch gar nicht, die Dinge werden sich einfach entwickeln. Ich habe aktuell wieder angefangen, Sachen aufzunehmen. Ich freu‘ mich richtig drauf.

Vielen Dank für das Gespräch. Wir sind gespannt, wohin es geht.

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