Foto: Nathalie Speck
Foto: Nathalie Speck

Voll Bedauern blicke ich derzeit auf die Menschen, die in Folge der neuesten Enthüllungen nicht länger die Produkte von Burger King, Wilhelm Brandenburg und Gut Ponholz kaufen. Schließlich sind das genau diejenigen, die vor all den nun kursierenden Skandalen und Reportagen gedacht haben, sie würden bei den genannten Firmen etwas qualitativ Hochwertiges erwerben, etwas, das bei guten Arbeitsbedingungen zu fairen Löhnen aus glücklichen Tieren hergestellt wurde. Und das bei einem Preis von 1,19 Euro pro Cheeseburger und 99 Cent pro 100 Gramm Bierwurst. Ich bemitleide diese Tränentiere, die total baff darüber sind, dass ihre Chicken Wings nicht aus 1A-Fleisch bestehen.

Aber noch mehr bemitleide ich all jene, die entsetzt darüber sind, dass bei Germanwings allen Ernstes Menschen mit Depressionen arbeiten. All diese Entsetzten schreien nun nach Vorratsdatenspeicherung und wünschen sich mehr Transparenz, damit in Zukunft kein depressiver Mensch mehr eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, indem er Kinder unterrichtet, Schulbus fährt oder Pamphlete an den Staat schreibt. Der Mensch – wobei man sich selbst ausschließt – hat genauso transparent zu sein wie eine Hühnerbrust, ein Schnitzel oder eine Lammkeule. Schön, dass seit dem 1. April die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleischarten wie Schwein, Geflügel, Schaf und Ziege in Kraft getreten ist, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Für Rindviecher gilt diese Regelung bereits seit 2001, der längst vergessenen Ära der bovinen spongiformen Enzephalopathie. Auch ist es seit geraumer Zeit von Vorteil, als Mensch das Zertifikat „Gezüchtet und geschlachtet in Deutschland“ zu tragen. Blöderweise macht das allein den Menschen noch nicht gläsern genug, und ebenfalls gilt diese Regelung weder für Lasagne noch für Wurst, da man Lasagne nicht züchten und Wurst nicht schlachten kann. Bevor ich an dieser Transparenzdebatte verzweifele, versuche ich das Ganze positiv zu sehen. Ich freue mich daher im Zuge der Entwicklung des gläsernen Menschen auf die Erfindung der Wurstscheibe – für den vollen Durchblick.