Illustration: Daniela Sonnabend

In einem Selbstversuch wollte ich letzten Monat mehr über die verschiedenen Lesbianerin-Typen herausfinden, die ich bereits identifiziert habe, und begab mich in die Höhle des Schlosskellers zur „Schrill + Laut“-Party. In der Woche zuvor hatte ich mich mit einem Diktiergerät und einem Klemmbrett ausgestattet, um meine Lesbianismus-Forschung von nun an professionell betreiben zu können, und fühlte mich mit meinem Equipment an diesem Abend gut ausgerüstet.

Die Party ist für „queers and friends“ gedacht, aber weil ich früher immer nur Französisch gemacht habe, weiß ich nicht, was das bedeutet. Meine Mitbewohnerin meinte, die Party ist für Lesbianerinnen und deren Freunde, und weil ich mich jetzt schon so lange mit Lesbianismus beschäftige und selbst mit einer von diesen Lesbianerinnen zusammenwohne, finde ich es nur fair, mich als „Freundin“ angesprochen zu fühlen (obwohl ich mich selber nie als Freundin des Lesbianismus bezeichnen würde). Ich weiß halt höchstwahrscheinlich mehr über die, als sie selbst.

Um 22 Uhr fing die Party freitagabends an, pünktlich um 22 Uhr war ich im Schlosskeller. Eintritt musste ich keinen zahlen. Ich glaub, das lag an meinem neuen Kleid, das ich extra für die Fete gekauft hatte – ich geh ja sonst nicht so feiern. Und es lag am Motto des Abends „keine Hose, keine Probleme“. Außer mir war bis dahin nur das Schlosskeller-Personal da. Meine Mitbewohnerin wollte später dazukommen, also war ich erstmal alleine. Etwas ratlos bewegte ich mich langsam Richtung Bar und bestellte mir eine süße Weinschorle. Aber wie das so ist, wenn man niemanden zum Quatschen hat, war mein Getränk innerhalb weniger Minuten leer. Ich hätte vielleicht was essen sollen, bevor ich das Haus verließ, aber um eine Party voller Lesbianerinnen zu ertragen, schadet es bestimmt nicht, einige Weinschorlen auf leeren Magen intus zu haben, dachte ich mir.

Unerträgliche zwei Stunden habe ich gewartet, bis die ersten Lesbianerinnen eintrudelten. Relativ bald danach machte sich das Motto der Party auch bemerkbar. Männlein und Weiblein und alles dazwischen erschienen in zu engen Leggings, zu kurzen Röcken und scheinbar alles anderem, was der Kleiderschrank noch als Beinbekleidung so hergab, das keine Hose war. Die Röcke wurden allerdings vorwiegend von Männern getragen beziehungsweise Menschen mit Bartwuchs, die aber geschminkt waren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es sich hierbei um eine weitere, noch unerforschte Lesbianerin-Form handelt oder gar eine ganz andere Spezies … ein LesbianER?

Ich hab’s mal auf meinem Klemmbrett vermerkt. Damit muss ich mich wann anders auseinandersetzen. Jetzige Mission: Lesbianerin-Typen. Ich habe mir mit meinem Diktiergerät in der Hand sehr schnell den besten Beobachtungsplatz des Hauptraums ergattern können: gleich nach dem Durchgang links. Leider konnte man andersherum auch mich sehr gut beobachten, und ich wurde gründlichst gemustert. Aber ganz ehrlich, wenn ich eine Lesbianerin wäre (was never ever vorkommen würde, omg), dann würde ich mich auch so mustern! Es hat nicht lange gedauert und mir wurden erst Komplimente und dann äußerst unangenehme Angebote ins Ohr geflüstert.

„Hey, ich hoffe Du weißt, dass ich Dich echt heiß finde … „, war der erste Spruch, ich spürte den Atem einer ziemlich verbrauchten Mittdreißigerin in meinem Ohr und ihre Hand an meiner Taille. Naja, immerhin ein Kompliment. Zirka zehn Minuten später lief dieselbe Lesbianerin wieder an mir vorbei und hauchte mir diesmal „ … ooh, Du bist soo schön …“ ins Ohr. Also davon abgesehen, dass ich niemals drauf eingehen würde, erst recht nicht mit so einer Alten! Daraufhin musste ich mir erstmal noch eine Weinschorle holen, aber diesmal keine süße. Ich nahm mein Getränk von der Theke, drehte mich um und – AAH! IIH! BÄÄH! – unsere Nasenspitzen berührten sich. Ich nahm ihren kalten, schimmligen Rauchatem wahr. Die schon wieder! „Ich hoffe, Du weißt, dass ich Dich gerne ficken will!“

In dem Moment kam dem lieben Gott sei Dank meine Mitbewohnerin und riss die gruselige Alte von mir weg. Ich hätte nie gedacht, dass ich froh sein könnte, eine Lesbianerin zu sehen. Aber sie hat mir in dem Moment wahrscheinlich das Leben gerettet. Ich habe die Schnäpse nicht gezählt, die ich gebraucht habe, um diese traumatisierende Nahtod-Erfahrung zu überwinden, aber es waren mindestens zwei. Das muss der Prototyp einer Butch-Lesbianerin sein.

„Ach, das ist die Karin, mach Dir keine Sorgen um sie. Die findet alles heiß, was zwei Lappen zwischen den Beinen hat. Aber wir lieben sie so, wie sie isst.“

 

Wer steckt hinter „Leben mit einer Lesbianerin“?

Geschrieben und illustriert von zwei gestandenen Mannsweibern, oder vielleicht zwei süßen Mädels, oder sind wir süße Boys? Aber es geht genau darum, dass es darum nicht geht. Nehmt uns nicht so ernst, wir tun es auch nicht. Und eigentlich machen wir das alles nur, um reich zu werden.