Krisen, Krimis und Kritik

Das literarische Darmstadt im März

Grafik: Rocky Beach Studio
Grafik: Rocky Beach Studio

Neben frischer Poetry und Prosa-Debüts sorgen zeitkritische Essays und nicht zuletzt ein mittlerweile etabliertes Krimifestival für spannende Unterhaltung:

Samstag, 2. März

Unter anderem Maja Leuschner aus Hanau, Ria Timm aus Heidelberg und Artem Zolotarov aus Mainz bieten beim 77. Krone-Slam ab 20 Uhr auf der Bühne der Goldenen Krone ihre frischen Texte dar, dieses Mal moderiert vom Duo Johanna Schubert und Tilman Döring.

 

Mittwoch, 6. März

Nachdem eine Höhle aus Decken kein übliches Spiel ist, sondern Mascha und ihre Tochter in der kalten Wohnung ohne Heizung wärmt, sucht die Mutter abenteuerliche Auswege. Neben einem zweifelhaften Tröster hilft im Roman von Grit Krüger vor allem ein „Tunnel“ aus der Notlage. Aus ihrem preisgekrönten Debüt über den Kampf am Existenzminimum liest die ehemalige Teilnehmerin der Darmstädter Textwerkstatt ab 20 Uhr in der Kunsthalle, in der die Lesebühne von Kursleiter und Moderator Kurt Drawert zu Gast ist.

 

Freitag, 8. März

Eines der berühmtesten politischen Attentate der Neuzeit wurde 1793 von einer Frau begangen und beschäftigte zwei südhessische Autorinnen noch Jahrzehnte später. Wie und warum „Charlotte Corday“ den Jakobiner Jean Paul Marat ermordete, ist in „Zwei Essays von Luise Büchner und Louise Dittmar“ nachzulesen. Herausgeberin Agnes Schmidt stellt ihren Band ab 19 Uhr in einer Lesung mit Bettina Bergstedt vor, dazu passend intonieren Petra Bassus und Michael Erhard im Theater im Pädagog zeitgenössische Revolutionslieder.

 

Dienstag, 12. März

Als „Der Mann der Frieden heißt“ setzte sich Schalom Ben-Chorim seit den 1950er-Jahren für die Aussöhnung vor allem im christlich-jüdischen Dialog ein. Über das bewegte Leben des deutsch-israelischen Theologen und Schriftstellers und seine vielseitigen Veröffentlichungen zwischen Essays und Gedichten berichten Joachim Keidl und Karlheinz Müller ab 19 Uhr im Offenen Haus des Evangelischen Dekanats.

Die einen beschließen Rückführungen, die anderen diskutieren eine Remigration, aber selten geht es in dieser „Zeit der Zäune“ um die „Orte der Flucht“. Katja Riemann hat sie bereist, mit auf verschiedenste Art Betroffenen gesprochen und berichtet in ihrem Buch aus offiziellen Lagern, illegalen Camps und hochgerüsteten Grenzen. Ihr Porträt über Menschen im Ungewissen stellt die Schauspielerin und Autorin ab 19.30 Uhr in der Centralstation vor.

 

Samstag, 16. März

„Richter morden besser“, behauptet Thorsten Schleif und lässt in seinem Krimi einen fiktiven Kollegen aus Kritik am Justizsystem auf die schiefe Bahn geraten. Wie es dazu gekommen sein könnte, bespricht der Amtsrichter und Autor vor der Lesung bei der „Krimilust 4“ mit Gastgeber Ralf Köbler ab 19 Uhr in der Stadtkirche.

 

Sonntag, 17. März

Eine große „Identitätskrise“, die zu immer mehr Spaltungen statt gemeinschaftlicher Veränderung führt, hat Alice Hasters in vielen aktuellen Debatten ausgemacht. Wie individuelle Selbstfindungen zu einer menschlicheren Gesellschaft führen können, erläutert die Journalistin und Autorin in ihrem neuen Essayband – und ab 19.30 Uhr im Gespräch mit Literaturwissenschaftler Marcus Willand in der Centralstation.

 

Montag, 18. März

Spannung im Doppelpack präsentieren an den nächsten fünf Abenden die Darmstädter Krimitage. Den Auftakt bestreiten ab 20 Uhr in der Bessunger Knabenschule zwei Thriller-Autoren mit ihren Neuerscheinungen. Zweifelhafte Methoden eines ehemaligen Geheimdienstlers und die schwierige Vergangenheit einer angehenden Kommissarin sorgen für nervenaufreibende Fallstricke bei der Suche nach entführten Verwandten in „Die Villa“ von Leon Sachs. „Das Ende“ naht bei Jan Beck, denn öffentlichkeitswirksam werden Morde im Internet inszeniert und die Ermittlungen von inkompetenten Europol-Chefs behindert.

 

Dienstag, 19. März

Ein aufgeschreckter Stadtkater, ein umherschnüffelnder Dackel und drei Kinder, die auf der Suche nach ihrem Hund dem Geist der vergangenen Dramen begegnen: Ab 11 Uhr liest Stefan Benz in der Stadtkirche aus seinem Krimi-Roman „Theaterspuk“.

„Polizeigewalt“ in Südhessen ist kein Fall für die empörte Presse, sondern für interne Ermittlungen, denn offensichtlich befindet sich der Täter in den eigenen Reihen. Ob Kommissar Dobermann den Mord an seiner Kollegin aufklären kann, obwohl die Spur zu einem Vorgesetzten führt, erfahren wir im neuen Krimi von Andreas Roß – und vielleicht auch ab 19 Uhr im Restaurant Rosengarten.

„Meine Apokalypsen“ müssen nicht unbeherrschbar katastrophal sein, behauptet Thomas Brussig und plädiert in seinem neuen Buch für einen hoffnungsvollen Umgang mit dem Klimawandel. Ab 19 Uhr stellt der Autor in der Stadtkirche im Gespräch mit Martin Maria Schwarz seine Thesen vor.

Wasserleichen und nasse Tatwaffen sorgen ab 20 Uhr in der Bessunger Knabenschule für knifflige Fälle: „Die Spur der Aale“ führt zu einer skrupellosen Bande international vernetzter Schmuggler und ist im neuen Roman von Florian Wacker der erste Fall für eine engagierte Staatsanwältin. Auch „Polizeitaucherin Svea Roth“ ermittelt zum ersten Mal, wenn Marc Jansen sie in Hamburg den Tod eines Immobilieninvestoren aufklären lässt, der vielleicht „Unter falscher Flagge“ gesegelt ist.

 

Mittwoch, 20. März

Zwei preisgekrönte Autorinnen ab 20 Uhr in der Bessunger Knabenschule: Hinweise in virtuellen sozialen Netzen gehören auch in Dublin zur neuen Kriminaltechnik. „Unfollow Stella“ könnte helfen, eine vermisste junge Frau wiederzufinden. Wie es eine Münchner Kommissarin dorthin verschlagen hat und wer ihr vor Ort weiterhilft, berichtet Ellen Dunne im neuesten Fall von Patsy Logan, für den die aus Österreich stammende und in Irland lebende Autorin im letzten Jahr mit dem Glauser-Preis ausgezeichnet wurde. Ebenfalls aus der Alpenrepublik kommt Schauspielerin und Leo-Perutz-Preisträgerin Theresa Prammer, die in ihrem neuen Fall eine Schauspielschülerin und einen Privatdetektiv einem „Schattenriss“ aus der Vergangenheit hinterherjagen lässt.

 

Donnerstag, 21. März

„Diesseits vom Jenseits“ zeugen Friedhöfe nicht nur vom Ableben unserer Vorfahren. In Zürich ist es mit der letzte Ruhe vorbei, als ein spontaner Grabpfleger, eine neugierige Historikerin und als Restauratoren getarnte Schatzsucher aneinander geraten. Ob es dabei zu noch mehr Toten kommt, verrät „Der erste Fall für Friedhofsgärtner Paul Blom“ von Gabriela Kasperski, aus dem die Autorin ab 20 Uhr in der Bessunger Knabenschule liest. „Die Melodie des Bösen“ erklingt in Paris im Jahr 1924, in das uns Britta Habekost im Anschluss entführt.

 

Freitag, 22. März

Südhessisches und norddeutsches Lokalkolorit versprechen die Romane, die zum Abschluss der Krimitage ab 20 Uhr in der Besssunger Knabenschule vorgestellt werden. Eine „Bittere Lüge“ deckt Ermittler Steffen Horndeich im neuen Fall von Michael Kibler auf, in dem der Umbau einer Mietwohnung blutige Geheimnisse offenbart. „Tide, Tod und Tüdelkram“ halten im Anschluss im Küstenkrimi von Elke Pistor deren kriminalistische Konditorin Annemarie Engel im Urlaub auf Trab.

 

Mittwoch, 27. März

Was ist der weltweite Ruhm im Online-Gaming wert, wie helfen die Überlebenstrategien im „Echtzeitalter“ bei der Bewältigung der sehr realen Pubertät und der zusätzlich nervenden Lehrer und Mitschüler? Einblicke in eine Jugend in einem Wiener Internat und zwischen den Realitäten bietet Tonio Schachinger in seinem viel gelobten Roman und ab 19.30 Uhr in der Centralstation.

 

Donnerstag, 28. März

Im Bibliotheksgespräch der Luise-Büchner-Geselschaft stellen Leiterin Agnes Schmidt und die Bildungsforscherin Christine von Prümmer ab 18 Uhr im Literaturhaus eine fast vergessene frühe Frauenrechtlerin und ihrerzeit viel diskutierte Autorin vor. In ihren Romanen trat Fanny Lewald für allgemeine Bildung und das Scheidungsrecht ein, so auch in ihren Artikeln und in den zweibändigen „Erinnerungen aus dem Jahr 1848“, die an diesem Abend im Mittelpunkt stehen sollen.