Ausnahmezustände und Geschichtsstunden

Das literarische Darmstadt im April

Grafik: Rocky Beach Studio
Grafik: Rocky Beach Studio

Noch spannendender als die erdachte Fiktion ist oft das aufgezeichnete Leben der anderen. Einige Beispiele werden auch diesen Monat präsentiert:

Mittwoch, 3. April

„… mit dem Feuer vom Leben zum Tod gebracht“ wurden auch am Woog vermeintliche Hexen. Wie von Nachbarn verleumdete und von der Kirche verfolgte Frauen im 16. Jahrhundert nur unter Duldung der Landgrafen angeklagt werden konnten, schildert Matthias Lothhammer in seinem Buch über ein dunkles Kapitel südhessischer Geschichte, das er ab 18 Uhr im Theater im Pädagog vorstellt.

Die „Ursprünge“ der Sprache und andere Anfänge bedichtet Lisa Goldschmidt aus Wiesbaden. Aus ihrem neuen Gedichtband liest die ehemalige Teilnehmerin der Textwerkstatt ab 19.30 Uhr in der Kunsthalle, moderiert wird die Lesebühne von Beate Tröger im Gespräch mit Kursleiter Kurt Drawert.

 

Samstag, 6. April

Premiere feiert das Moderationsduo Julia Schwamberger und Johanna Schubert in der Goldenen Krone beim 79. Krone-Slam. Angesagt werden unter anderem Laura Williams aus Darmstadt, Tim Kuppler aus Frankfurt und Blerim Berisha aus Göttingen, die sich mit ihren Texten ab 20 Uhr auf der Bühne im Konzertsaal mit vier weiteren Kandidierenden duellieren – um die Gunst des Publikums und die anschließende Krönung.

 

Montag, 8. April

„Um sein Leben schreiben“ muss Franz „Kafka“ nach eigener Auskunft. An diese hielt sich Rüdiger Safranski beim Verfassen einer neuen Biografie des vor einhundert Jahren verstorbenen Autors und vollzieht seinen Werdegang anhand der hinterlassenen Romane, Fragmente und Briefe. Einblicke in diese gar nicht mehr so geheimnisvolle Schriftsteller-Existenz gewährt uns der preisgekrönte Porträtist ab 19 Uhr in der Stadtkirche.

 

Dienstag, 16. April

„Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“ ist eine im permanenten Ausnahmezustand, wovon nicht zuletzt der aktuelle Krieg zeugt. Von einem langen und andauernden Konflikt berichtet Martin Schäuble in seinem nicht nur an ein jugendliches Publikum gerichtetes Buch anhand von Gesprächen vor Ort. Moderiert von Ilona Einwohlt lässt der Journalist diese Stimmen auch ab 11 Uhr in der Stadtkirche zu Wort kommen.

„Marseille 1940“ ist ein großer Schmelztiegel der europäischen Intelligenz und auch Zwischenstation vieler geflüchteter Schriftstellerinnen und Autoren. Von Verstecken, Hilfen und bangem Hoffen erzählt Uwe Wittstock in seiner anschaulich wie auch spannenden Chronik und zeichnet die Fluchtwege von Anna Seghers, Hannah Arendt, Heinrich Mann, Franz Werfel und anderen nach. „Die große Flucht der Literatur“ stellt der Journalist und Autor ab 19 Uhr im Gespräch mit Ulrich Sonnenschein in der Stadtkirche vor.

 

Donnerstag, 18. April

„Auf denn, ihr Schwestern!“ forderte 1849 Mathilde Franziska Anneke ihre Zeit- und Leidensgenossinnen auf. Dass der Biedermeier zu unrecht als unpolitisch gilt, beweisen Agnes Schmidt und Christine von Prümmer im Bibliotheksgespräch der Luise-Büchner-Gesellschaft im Literaturhaus und stellen ab 18 Uhr eine neue Textsammlung der Journalistin und frühen Feministin vor.

Eigentlich herrscht der König der Verdammten in seinem Reich „Zwischen Himmel und Hölle“. Doch auf einmal landet er im verregneten London der Gegenwart. Ob seine Macht ausreicht, um dem von missgünstigen Hexen herbeigeführten Inferno zu entgehen, ist im Roman von Clarissa Schmenger zu erfahren, aus dem die Darmstädter Autorin ab 19 Uhr im Skinfit Shop in Bessungen liest.

Als „Die Frau, die es nicht gibt“ muss sich die Spritz schlürfende Alltagsheldin und Grundschullehrerin Livia plötzlich noch einmal neu beweisen, als sich zu dem üblichen fröhlichen Chaos tödlicher Ernst gesellt. Aus ihrem ersten Thriller liest die Bensheimer Autorin Tanja Sattler ab 19 Uhr auf Einladung der Literaturinitiative im Restaurant Rosengarten.

 

Freitag, 19. April

Frische Reime, erstaunliche Geschichten und überraschende Gedanken von neuen Poetry-Slam-Talenten präsentiert Moderator Finn Holitzka bei der Lichterschlacht ab 18.30 Uhr in der Centralstation.

 

Dienstag, 23. April

Unter dem Motto „Schwimmend im Tintenstrom“ ist ab 18 Uhr im Haus der Geschichte am Karolinenplatz der Abend dem als „der rasende Reporter“ bekannt gewordene Egon Erwin Kisch gewidmet. Joachim Keidl und Karlheinz Müller legen bei ihrer Einführung in das Werk des seit 1906 aktiven Journalisten den Schwerpunkt auf dessen schreibenden Kampf gegen Verfolgung und Unterdrückung, wovon auch noch späte Reportagen wie „Indiodorf unterm Davidstern“ zeugen.

 

Donnerstag, 25. April

„Der Lärm des Lebens“ umgibt und begleitet eine Großfamilie im Ruhrgebiet über Liebe, Arbeit, Krankheit und Neuanfang hinweg. Wie tragischen Schicksalsschlägen und auch komischen Alltagserlebnissen über Generationen begegnet wurden, erzählt Jörg Hartmann in seinem ersten, nicht nur autobiografischen Roman, aus dem der Schauspieler ab 19.30 Uhr in der Centralstation liest.

 

Samstag, 27. April

„Alltagsdramen“ finden auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkauf mit und für die Familie, auf dem Hausflur vor dem Feierabend und beim Arztbesuch statt. Ihre neuesten Mini-Dramen präsentiert die Autorin Susanne Hasenstab in einem Sammelband – und ab 20 Uhr zusammen mit dem Sprecher Emil Emaille in der Centralstation.

Die nicht unkomplizierte Liebesbeziehung zwischen einer Deutschen und einem Marokkaner beleuchtet Annette Keles in ihrem Roman „Nouri“, aus dem die Autorin um 19.30 Uhr im Agora liest.

 

Dienstag, 30. April

Die Thesen von „Hannah Arendt“ über die Legitimität der Macht und die Macht des Bösen werden aktuell wieder viel diskutiert. Einen Beitrag zur Debatte liefert auch Thomas Meyer mit seiner Biografie über die 1975 verstorbene Philosophin. In ihr Leben und Werk führt uns der Autor in seinem neuen Buch – sowie ab 19 Uhr im Gespräch mit Moderator Martin Maria Schwarz im Literaturhaus – ein.