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Illustration: Hans-Jörg Brehm

Liebe Darmstädter Nazis oder ihr, die die ihr welche werden wollt,

ihr macht mir Spaß, ihr kleinen Racker. Und ganz besonders in den Nächten der Wochenenden. Wenn ihr im Johannesviertel (oder im Herrngarten) öffentlich werden wollt, im Dunkeln, wenn euch keiner sieht. Irgendwie stimmt da mit eurem Konzept was nicht. Also – nur so’n Gefühl. Nix für ungut. Aber der alte Spruch „Keine Haare am Sack, aber in’n Puff drängeln“ kommt mir da schon in den Sinn.

Beispiel 1: Vor einigen Wochen hattet ihr die wirklich sehr schöne Idee, Wände an Gebäuden im Johannesviertel für euer Gedankengut zu claimen. Was? … gut, ich sage es noch einmal anders: Ihr habt nachts Nazi-Symbole an Wände gesprüht, um zu zeigen, wie wichtig euch das alles irgendwie ist. So mit Deutschland und so, ne. Und das finde ich auch gut, dass ihr aus euren Herzen keine Mördergrube macht (also noch nicht). Aber findet ihr wirklich, dass Neon-Grün die richtige Farbe für ein ordentlich deutsches Hakenkreuz ist? Da ist doch die gesamte Ikonografie im Arsch. Aber so was von. Ich denke, hier besteht durchaus Potenzial, pointierter zu werden. Aber wie gesagt, nix für ungut. Denkt einfach mal darüber nach. Und macht was draus.

Beispiel 2: Unlängst (das bedeutet „vor gar nicht allzu langer Zeit“ – Ihr kennt das aus Biene Maja) – es war so gegen vier – tobte wieder mal der Volkssturm durch die Nacht. Man spürte sie bis in meine hoch gelegene Wohnung, die gewaltige Power der Massen. Es waren etwa drei Typen, die der Stimmgewalt nach sehr massig sein mussten. Ihr wisst schon: große hohle Resonanzkörper = viel Alarm.

Aber jetzt zum Inhaltlichen, denn das ist ja neben der Lautstärke wichtig, damit auch rüberkommt, was ihr uns sagen wollt. Ihr Drei brülltet in ungleichmäßigen Abständen „Sieg Heil“. Dazwischen wurde recht ordentlich gegrunzt. Schön laut im Stile eines Silberrückens (erwachsener männlicher Gorilla – das kennt ihr nicht aus Biene Maja), nur eben nicht so männlich, sondern eher wie ein Männchen.

Das geht doch nicht, liebe Nazis. Ihr versaut euch total euren Refrain. Schließlich wird „Sieg Heil“ ja verwendet, um Gesagtes gemeinschaftlich und abschließend zu bekräftigen – also etwa so wie „Zicke Zacke Hühnerkacke“.

Daraus folgt, dass man vor diesem abschließenden, gesangsähnlichen Schulterschluss etwas sagen sollte, dass inhaltlich etwas mehr Botschaft transportiert als ein Grunzer. Denn sonst verliert euer „Sieg Heil“ seine gesamte Aussagekraft als überzeugende Verbalisierung eurer ziemlich, äh, eigenen politischen Überzeugung.

So, liebe Darmstädter Nazis, jetzt macht was aus diesen Anregungen. Ich kann mich ja schließlich nicht um alles kümmern, würde Olaf Schubert sagen. Das ist dieser zottelige Pullunderträger. Ich habe keinen Pullunder. Und die Haare sind zu wenig, um zu verzotteln. Aber abschließend gemeinschaftlich bekräftigen – das kann ich aus vollem Herzen. Also: Zicke Zacke Hühnerkacke!

Euer Thomas