Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Gefrästes Plattencover aus Plexiglas, 3D-Starschnitt aus Holz, Plattencover-Artwork als 15-teiliges Schiebespiel: Mathias Knuhr schätzt das Außergewöhnliche … und er produziert es auch.Der Darmstädter Schreinermeister und staatlich geprüfte Techniker (Fachrichtung Holztechnik) stellt – neben der Einrichtung von Szeneläden wie Morbus Gravis, Comic Cosmos und Low Brow – limitierte Kunstwerke her, die einen klaren Musik-Bezug haben und neue Maßstäbe in der Verpackung von Tonträgern setzen.

Seit jeher ist Mathias in Darmstadts Musik- und Kulturszene engagiert und fest verwurzelt. Ende der 1980er Jahre organisierte er sein erstes Konzert, war als Roadie und mit seiner eigenen Band Shaft unterwegs. Während dieser Zeit organisierte er sein erstes Festival mit Freunden. „Das war 1990 das ‚The Power of Positive Thinking‘-Festival im Bürgerpark Nord. War sozusagen der Vorläufer vom Steinbrücker-Teich-Festival“, so Mathias. Ein Jahr später wurde er Gründungsmitglied der „Initiative für selbstverwaltetes Jugend- und Kulturzentrum e.V.“ in der Oetinger Villa. Im selben Jahr organisierte er das besagte erste Festival am Steinbrücker Teich mit. Nach sechs Jahren Vorstand im Jukuz Oetinger Villa gründete er mit anderen befreundeten Darmstädter Kulturinitiatoren die Non-Profit-Organisation Artcore e.V.. Auch hier im Vorstand sollte das Festival fortan unter der Schirmherrschaft von Artcore laufen, genauso wie das jährlich zur Weihnachtszeit stattfindende „Melodien für Millionen“-Cover-Festival. Damals wie heute ist ihm und seinen Mitstreitern wichtig, dass die lokale Musikszene Gehör findet: Auf beiden Festivals spielen Bands aus Darmstadt und Umgebung.

Da Mathias schon immer an Kunst, Grafik und Design interessiert war und sich durch die Berufswahl sein handwerkliches Geschick offenbart hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich seine Handwerkskunst und Musikbegeisterung vereinen sollten. Es fing an mit Flyerentwürfen für das Darmstädter Tattoo- und Piercing-Studio Morbus Gravis. Es folgte das Design der ersten „47 Million Dollars“-CD, für die Mathias ein Dollar-Zeichen aus (Filet-)Fleisch legte – und später limitierte MDF-Holzbretter im DIN-A-4-Format, in die die CDs passgenau eingelassen waren. Seine erste Handwerk-meets-Musik-Kollaboration.

2009 gründete Mathias mit seinen beiden Freunden Matthias Bauer (Morbus Gravis/Starwhore) und Torsten Jahr („Gute Stube“) sein eigenes Plattenlabel „Decoy Industries“. Bisher wurden sechs handgemachte, streng limitierte Split-Singles veröffentlicht. Konzept: Überregional bekannte trifft auf lokale Band. Ein weiteres Highlight für Mathias war die Teilnahme am „Amos Showtime“-Kunstprojekt, welches das Hamburger Plattenlabel „Sounds of Subterrania“ ins Leben gerufen hatte. 450 Künstler aus der ganzen Welt gestalteten Plattencover des in Berlin lebenden iranischen Musikers Amos. Jedes ein Unikat. Mathias fertigte ein dreidimensional gefrästes Cover an: „Je nachdem, wie das Licht auf die Rillen fällt, ist ein Bild zu erkennen. Ist wie bei einer Schallplatte, in der die Rillen einen Ton erzeugen“, erklärt der Darmstädter. Durchaus ein schöner Vergleich. Für die Abschlussausstellung im Beatles-Museum in Hamburg, in der nochmals alle Exponate gezeigt wurden, fertigte Mathias die Wandhalterung für alle 450 Cover und einen Amos-Starschnitt an: Zwölf in Holz gefräste Plattencover ergaben Amos in Lebensgröße.

Durch diesen Kontakt zu „Sounds of Subterrania“ entwickelte sich eine Freundschaft zum Labelgründer Gregor Samsa. Mit ihm zusammen entwickelte Mathias zwei weitere, limitierte Veröffentlichungen: Die letzte LP der Garage-Band „Kamikaze Queens“ bekam eine massive Schallplattenbox inklusive Gürtel mit auswechselbarer Schnalle. Die Special Edition der letzten „The Monsters“-LP „Pop up Yours“ setzte erneut neue Maßstäbe in der Verpackung eines Tonträgers: Ein zwei Kilo schweres Plattencover-Artwork als 15-teiliges Schiebespiel mit „negativ 3D-CNC“-gefrästem Holzschnitt, Langspielplatte innenliegend. Klar, dass diese Scheibe sofort ausverkauft war. Nachpressung läuft.

Mathias‘ jüngstes Projekt ist die Zusammenarbeit mit dem Darmstädter Plattenlabel „Millionaires Club“. Für die Split-Single mit „47 Million Dollars“ (Darmstadt) und „Ehrenmord“ (Frankfurt) fertigte er ein auf 47 Exemplare limitiertes und gefrästes Plexiglas-Cover an. Und das nächste Projekt für Vinylfreaks ist natürlich auch schon in Planung: Plattenboxen mit Prägung im Format 7 inch / 10 inch / 12 inch. „Mein Arbeitgeber, die Schreinerei Luther, stellt mir die Maschinen zur Verfügung, damit ich meine Ideen umsetzen und die ehrenamtlichen Projekte durchführen kann“, erklärt Mathias. Also alles non-profit. Darauf legt er großen Wert.

 

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www.openair-darmstadt.de