Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Fnessnej veröffentlichen aktuell ihr erstes Album „Stay fresh, ey“ über das eng mit ihnen verbundene Knertz-Kollektiv. Beim Hören der Platte fällt zunächst auf, dass diese nicht neu klingt, eher analog und als ob sie schon Jahrzehnte alt sein könnte. Es tauchen alte Computerspielmelodien und -sounds auf, man wird an Filmmusiken längst vergangener Zeiten erinnert und ein bisschen angstvoll erwartet man den Einsatz der Heimorgel. Man hat konstant das Gefühl, die Musik schon zu kennen, weiß aber gleichzeitig, dass man so etwas noch nie gehört hat. Insgesamt wirkt die Platte dadurch zeitlos, hat aber durch die Beats und Melodien, Synthi-Bleeps und sonstigen nicht näher zu definierenden Geräusche einen festen Bezug zum aktuellen Musikgeschehen. Was haben die fünf Jungs der Anti-Jam-Band mit dem Ziel, die irgend möglich affigste Musik so seriös wie möglich zu spielen, dazu zu sagen?


P: Ist es Absicht, dass Eure Platte so klingt?

Benny: Wir machen seit vier Jahren zusammen Musik. Die Platte ist also eine Büchse von coolen Liedern der letzten vier Jahre.

Sebi: Irgendwo sind die Harmonien der rote Faden. Oft ist es etwas melancholisch.

Philip: Es gibt schon Leute, die von den Fnessnej-Akkorden sprechen. Es war schon immer so, dass wir die gleichen Akkorde mögen.

Eure Songs sind teilweise sehr strukturiert. Müsst ihr die ganze Zeit mitzählen?

Nico: Teilweise zählen wir schon mit.

Manu: Eigentlich ist alles komplett strukturiert.

Benny: Bei unserem Song „1360280“ haben wir zum Beispiel eine Telefonnummer musikalisch umgesetzt. Die Eins entspricht dem ersten Bund auf der Gitarre, die Drei dem dritten und so weiter. Ähnlich dann beim Rhythmus und dem Ablauf. Das Konzept wird also zur Melodie.

Heißt das, Ihr spielt Math-Rock?

Benny [lacht]: Ne, wir sind teilweise verfrickelter!

Philip: Mathemagisch sind wir!

Neben der normalen Bandbesetzung habt ihr noch eine Menge merkwürdiger Instrumente auf der Bühne. Was hat es damit auf sich?

Benny: Von Samplern über Synthies zu umgebauten Kinderkeyboards, einer Midigitarre haben wir eigentlich alles. Aber nie Laptops!

Philip: Wichtig ist, dass man es selber spielen kann.

Benny: Zum Beispiel schleppen wir immer einen riesigen, alten, kaputten Synthie mit uns rum. Nur für einen einzigen „Bleep“ in einem einzigen Song. Das könnten wir auch sampeln, aber das wäre nicht unser Ding.

Warum habt Ihr eigentlich keinen Sänger?

Nico: Das hat sich einfach so ergeben.

Philip: Jedenfalls nicht aus Prinzip. Wenn wir in Zukunft denken, dass zu einem Lied Gesang gehört, dann singen wir auch.

Benny: Wir haben ja auch keinen Frontmann oder so was.

Ihr habt die Platte komplett selbst aufgenommen. Wie geht das?

Benny: Am Anfang hatten wir keine Ahnung, wie wir es machen sollten, wussten aber, wie es klingen soll. Trial and error also. Ein bisschen Equipment haben wir natürlich, und die Drums haben wir dann teilweise beim Lolo [Blümler, Hörspiel im letzten P] im Studio aufgenommen oder uns Mikrofone von der Villa geliehen.

Ist dieses DIY- oder Selbst-mach-Ding Teil Eurer Philosophie oder einfach nur, weil es nicht anders geht?

Sebi: Es ist einfach nicht möglich, so was im Studio zu machen.

Benny: Wir sind unheimlich lahm und haben viele No-goes gebrochen. Wenn das ein Techniker gesehen hätte…

Philip: Man kann so auch spontan Sachen verändern.

Benny: Außerdem haben wir pro Song bis zu 130 Spuren und wir sind einfach viel zu pingelig. Natürlich ist die Platte keine professionell aufgenommene High-End-Platte, aber das macht gar nichts! Dafür stehen wir voll dahinter. Wenn wir live spielen, mischt uns der Dirk [Neureuther] ja auch immer. Dadurch können wir uns darauf verlassen, dass wir auch live so klingen wie wir es wollen.

Wie erscheint Eure Platte eigentlich?

Benny: Die erscheint als Knertz 11, non contractual. Wir machen also alles selbst. Für das Booklet haben zum Beispiel neun befreundete Künstler zu je einem unserer neun Songs ein Bild gemacht. Wir werden die Songs natürlich auch selbst überall bei so Torrent-Kram hochladen. Dann können die Leute sie kostenlos illegal ziehen oder für wenig Geld die CD bei uns kaufen. Dann natürlich mit dem tollem Booklet.

Ihr seid aber keine virtuell erfolgreiche Myspace-Band mit virtuellen Fans?

Benny: Nee, wir sind eher regional und treffen unsere Freunde auf unseren Konzerten.

Philip: Ist ja auch das erste Mal, das wir eine Aufnahme haben.

Benny: Wir haben noch nie ein Demo eingereicht. Unsere Konzerte sind immer so irgendwie zustande gekommen.

Auf der Bühne tragt ihr rote Overalls, futuristische Skihelme und blinkende Sonnenbrillen.

Benny: Am Anfang war das nur Spaß, inzwischen ist es uns aber ziemlich wichtig geworden.

Nico: Das fasst die einzelnen Musiker zusammen.

Philip: Dadurch erhält das Ganze einen Rahmen. Auch wenn die Musik noch so affig ist, zeigt das, dass wir es ernst meinen.

Habt ihr den Traum, von Eurer Musik leben zu können?

Benny: Hat jeder!

Philip: Das wäre natürlich perfekt.

Benny: Wir sind aber schon realistisch genug und wissen, dass wir uns mit unserer Musik auf einem schmalen Breitengrad bewegen. Auch wenn unsere Musik aus vielen Blickwinkeln funktioniert.

Sebi: Wir wollen ja auch gar nicht in den Breitenmedien gespielt werden, eher verschiedene Nischen bedienen.

Jetzt der Jahreswechsel… da reden ja alle von ihren Wünschen und Zielen für die Zukunft. Wie sieht das bei Euch aus? Plattenvertrag und dann die iPod-Werbung musikalisch untermalen?

Benny: Wir wollen neue Kabel und Verstärker. Wir haben nicht mal eigene Gitarren!

Nico: Können wir hier vielleicht einen Aufruf starten…?

Benny: Wir stecken unsere ganzen Gagen immer in so coolen kleinen Kram, aus dem Töne kommen.

Manu: Oder kaufen billige Kabel, die dann gleich wieder kaputtgehen.

Benny: Oder verschwinden.

Philip: Und natürlich wollen wir neue Lieder!

Benny: Genau, jetzt, wo wir wissen, wie es geht, dauert eine neue Platte dann ja auch nicht mehr so lange.

Fnessnej sind also neue Kabel und Lieder wichtiger als ein Plattenvertrag und Erfolg in den Massenmedien. Sehr sympathisch. Vielen Dank für das lustige und aufschlussreiche Gespräch!