Blackbox_NEkta_2551small
Foto: Jan Ehlers

Drei US-amerikanische TV-Serien schmückten sich bereits akustisch mit dem quirlig swingenden „Guess who“. Aber wo wurde dieser kleine Song-Diamant geschliffen? In unserem verträumten Darmstadt. Seit Jahren bastelt das Club-Jazz-Duo Nekta an Musik auf internationalem Niveau, im kleinen Städtchen am Darmbach registriert das aber kaum jemand. Das P dagegen ist verzückt und hat anlässlich der Veröffentlichung ihrer zweiten Platte die bezaubernde Nathalie Schäfer (Gesang) und den feinsinnigen Gyso Hilger (Musik) zum Kaffee-Kränzchen gebeten. Mit dabei: Nathalies gutherziger Mischlings-Rüde Toni.

P [streichelt Toni]: Wie alt ist er?

Nathalie: … äh … zehn etwa? Toni stammt aus Spanien. Habe ihn da als Straßenköter aufgesammelt.

Er war auf dem Cover Eurer ersten Platte abgebildet.

Gyso: Auf der neuen Platte ist er auch zu sehen.

Womit wir beim Thema wären: Seit wann gibt es das Projekt Nekta?

G: Etwa 2001 begannen wir, an ersten Stücken zu basteln. Wir kannten uns aber schon weit länger.

Aus dem Sandkasten?

N: Nee, seit Mitte der 90er Jahre etwa. Bis Ende der Neunziger spielten wir gemeinsam in der damals recht erfolgreichen Band Tobsucht.

Wie kam es zum Namen mit dem verschluckten „r“ am Ende? Weil es schon eine Krautrock-Band namens Nektar gab?

N: Nein, das wussten wir damals gar nicht. Auf den Namen kamen unsere Artwork-Jungs von der Agentur Kraenk. Die manipulieren gerne Wörter.

Wie kam der Kontakt zum Frankfurter Label Infracom zustande?

N: Nach dem Ende von Tobsucht spielten wir eine Zeit lang gemeinsam in der Funk-Band Beatclub 21.

G: Und Beatclub veröffentlichten bei Infracom. Somit war Label-Chef Jan Hagenkötter auch unser Ansprechpartner für das erste Nekta-Album „Water the flowers“ im Jahr 2006.

Und wie hat sich dieses Album verkauft?

G: Weiß ich gar nicht genau. Da begann ja schon die große Musik-Flaute. Knapp vierstellig, denke ich. Kam nix bei rum letztlich.

Aber plötzlich landetet Ihr mit „Guess who“ in den US-TV-Serien „Las Vegas“, „Samantha Who“ und „Gossip Girl“ (auch auf ProSieben). Wie kam es dazu?

G: Das lief über die Firma Universal, die als Verlag unsere Urheberrechte verwaltet. Da gab es den Kontakt zu amerikanischen Produzenten.

Und es floss dann endlich mal Geld?

G [verlegen]: …  ähm …ein bisschen …

Im Internet sorgt Euer charmantes Video zu „Guess who“ auf YouTube immer noch für Furore. Allerdings denken da viele, der Song sei vom österreichischen Club-Jazzer Parov Stellar.

N [etwas verschnupft]: Ja, ist uns auch aufgefallen. Da heimst der den ganzen Ruhm ein. Parov hatte damals einen Remix von uns gemacht. Prompt denken viele, das Stück stamme von ihm.

Mir gefällt Eure Original-Version eh besser. Von wem würdet Ihr Euch gern remixen lassen?

G: Wir hatten Mr. Scruff vom Label Ninja Tune aus England angefragt. Der hatte aber keine Zeit.

N: In Frankfurt trafen wir mal die japanische Jazz-Combo Native. Die sind prompt mit uns ins Studio gegangen und haben akustische Remixe unserer Stücke gemacht. Die finde ich besonders gelungen. War für mich auch eine Art Kulturaustausch. Nur die Kommunikation mit Händen und Füßen war etwas schwierig, da die meisten Japaner kein Englisch sprechen.

Wie arbeitet Ihr musikalisch und was hat sich verändert auf dem neuen Album?

G: Wir arbeiten meist auf Sample-Basis. Ich lasse kleine Takes von Musikern einspielen, zerschnipple die dann und verwende sie als Loops, also sich wiederholende Schleifen. Die erste Platte war eher entspannt, diesmal wollten wir flotter werden. Mehr Extreme ausloten zwischen jazzig oder clubbig.

N: Wir sind präziser geworden. Mehr auf den Punkt gekommen. Die Texte ergeben sich bei mir erst durch die Musik. Ich bin keine wirkliche Texte-rin, achte eher auf die Phonetik, passe also den Klang der Worte den Melodien an, so dass sich ein Flow ergibt. Da kommen mir dann meist auch automatisch Ideen für die größtenteils autobiografischen Texte.

Bei der ersten Platte gab es auch eine gelungene Live-Umsetzung mit meist sechs Musikern. Plant Ihr das wieder?

N: Mir ist es immer lieber, wenn ich live von Schlagzeug und Bass begleitet werde. Kann aber sein, dass wir es diesmal nur mit Steffen Stütz am Klavier versuchen. Wir hadern da noch mit uns, weil es einfach zeitaufwendiger ist.

Gibt es musikalische Vorbilder, an denen Ihr Euch orientiert?

N: Bei mir sind es Sängerinnen wie Rickie Lee Jones oder Anita O’Day. Ich klinge mit meiner Stimme aber anders, würde mich also nie mit ihnen vergleichen wollen.

G: Nathalie brachte mal eine Platte des schwedischen Nu-Jazz-Duos Koop mit, die mir sehr gefiel. Da wir uns ja im gleichen Genre bewegen, würde ich die vielleicht nennen. Aber eigentlich arbeiten wir ohne direkte Referenzen

Was macht Ihr abgesehen von Nekta?

G: Ich spiele noch in der Band Maladd in de Tête. Ansonsten arbeite ich als Tontechniker in meinem Tonstudio im Lofthouse. Auftragsarbeiten, Bands, Jingles und so.

N: Ich unterrichte Jazz-Gesang und habe bundesweit mehrere Jazz-Bands, mit denen wir für Feste, Firmenfeiern oder Hochzeiten gebucht werden. Das hat nix wirklich mit Kunst zu tun, aber solange ich da die Musik spielen kann, die ich liebe, passt das schon.

Aber Du spielst auch bei der wilden Darmstädter Punkrock-Band Must Have A Pony. Bist also offen für alles.

N: Die stammen doch aus New York? (lächelt) Okay, enttarnt. Das hatte sich eher zufällig mit unseren Freunden Nouki und Philipp ergeben und ist in den letzten Monaten richtig explodiert. Da darf ich auch Bass spielen … wobei mich das eher irritiert, singen und Bass spielen zugleich. Macht aber wirklich Laune.

Abschließend – was bedeutet Darmstadt für Euch?

N: Wir fühlen uns einfach wohl hier. Gerade der Austausch und Zusammenhalt innerhalb der Künstlerszene ist enorm groß. Es gibt so viele Leute, die was auf die Beine stellen, als Beispiel die „Frischzelle“ in der Knabenschule. Es passiert hier mehr, als man denkt.

Das P nickt beipflichtend und dankt für das Gespräch.

www.nekta.de