Schnitzeljagdt für Ausgewachsene
Illustration: Martina Hillemann
„Oh, Mann! Hier muss das Ding doch irgendwo sein.“
„Ist es das da drüben vielleicht?“ „Das hier?“ „Nee,
das ist nur irgendeine leere Colaflasche.“ So hört es
sich an, wenn Geocacher gemeinsam ihrem Hobby
nachgehen, und sich der Erfolg – das Finden des Cache, neudeutsch für „geheimes Lager“ oder „Schatz“ – nicht auf den ersten Blick einstellt. Um so größer sind die Glücksgefühle, wenn das mit Hilfe von GPS-Koordinaten und Tipps aus dem Internet mehr oder weniger lange gesuchte Versteck dann endlich gefunden wird.

Geocaching ist Schnitzeljagd für ausgewachsene Menschen. Ziel ist es – meist unter Verwendung eines GPS-Gerätes – von anderen versteckte „Schätze“ zu finden. Die Webseite Geocaching.com zählt in Darmstadt und der nahen Umgebung inzwischen über 150 solcher Verstecke. Teilweise liegen sie mitten in der Stadt, an Stellen, an denen man täglich zigmal vorbei kommt, ohne etwas zu bemerken, im Wald und in Naherholungsgebieten. Es gibt auch Caches, durch die man Stellen findet, von denen man sonst nie erfahren oder gedacht hätte, dass es sie gibt. Zum Beispiel gibt es in Darmstadt noch den einen oder anderen Bunker. Und welche Art Schätze sind zu finden? Das ist ganz unterschiedlich. Der versierte Cacher unterscheidet hier zwischen Nano-, Micro-, Regular- und LargeCaches, je nach Größe des zu findenden Schatzes. Die meisten enthalten ein Logbuch, in das sich der Finder einträgt. Häufig macht man das mit Floskeln wie „tftc“, was ausgeschrieben „thanks for the cache“ und übersetzt dann „Danke für den Cache“ heißt. In größeren Caches liegen meist auch Tauschgegenstände. Hier gilt die Regel: „Trade up, trade fair or don’t trade.“ Also wenn tauschen, dann bitte fair! Häufig ist das Zutauschende aber der größte Sch… rott. Manchmal findet man auch sogenannte Travelbugs oder Coins. Das ist dann wieder spannender, denn die haben meist eine Aufgabe. Zum Beispiel von A nach B zu gelangen, wobei sich A und B und der aktuelle Aufenthaltsort natürlich im Internet nachlesen lassen.

Klar, das Internet spielt hier eine Rolle. Es gibt inzwischen mehrere Plattformen mit allem Web-Schnickschnack, den man brauchen könnte. Angefangen von den Koordinaten und Tipps zu den einzelnen Caches über Foren und Google-Maps-Verknüpfungen, in denen alle bisher selbst gefundenen Caches markiert sind. Bis hin zu Statistiken, wo und wie man denn am liebsten findet und unterwegs ist. So gibt es dann auch Menschen, die zu ihrem hundertsten, dreihundertsten oder zigtausendsten gefundenen Cache gratuliert bekommen.

Muggeln an sich ist uncool

Ungünstig ist es, wenn solch ein Cache von einem Unbeteiligten gefunden wird. Die Cacher-Gemeinde spricht hier von „Muggeln“ – man merkt, dass nicht unbedingt Sprachgelehrte oder Texter für die Wortfindung zu Rate gezogen wurden. Was tun, wenn man zufällig auf einen Cache stößt? Sprengstoffexperten zum Entschärfen des verdächtigen Gefahrenguts anrücken lassen? No! Das einfache Wegschmeißen oder Entwenden des Caches ist dann doch die kostengünstigere und weniger Aufsehen erregende Lösung. Generell wird sowohl beim Suchen, beim Finden als auch beim Verstecken stark darauf geachtet, bloß nicht aufzufallen -und für den Fall, dass doch jemand nachfragt, schon mal eine passende Ausrede parat gelegt („ähh, wir haben hier vorgestern was verloren…“). Wenn auch empfohlen wird, in solch einem Fall die Wahrheit zu sagen, bevor es einem keiner glaubt – und dann doch der Sprengmittelräumdienst kommt.

Neben dem Spaß am Suchen und Verstecken verfolgt Geocaching das Ziel, verantwortungsbewusst mit der Umwelt umzugehen. So gibt es Aktionen wie „cache in, trash out“, abgekürzt „cito“, bei denen es darum geht, einen neuen Cache zu verstecken, gleichzeitig aber auch den Müll aus der Gegend zu räumen. Oder solche Regeln, die besagen, dass die Umgebung nicht für den Cache verändert werden darf sowie Flora und Fauna beim Verstecken und Suchen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen.

Alles in allem ein sehr schönes Hobby, ähnlich wie Golfen, man läuft draußen rum und macht ab und zu was. Nur spannender.

 
GPS – Global Positioning System

Ein vom US-Militär entwickeltes und betriebenes, satellitengestütztes System zur Positionsbestimmung, das es ermöglicht, mit Hilfe eines Empfängers die Längen- und Breitengrade überall auf der Erde exakt zu bestimmen. Wegen der großen Abhängigkeit von diesem System versuchen sowohl die EU (Galileo), Russland (Glonass), China (Compass) und Japan (MTSAT) mehr oder weniger erfolgreich, eigene Systeme aufzubauen und zu etablieren. Die Navigationsgeräte im Auto verwenden zum Beispiel GPS.

GPS-Empfänger

Viele Handys haben inzwischen einen GPS-Empfänger eingebaut, der manchmal über Software-Updates aktiviert werden muss. Teilweise gibt es auch spezielle Programme zum Geocaching (zum Beispiel für Symbian-Handys oder das iPhone). Insgesamt

ist die mit den in Handys verbauten Empfängern erreichbare Auflösung aber wesentlich geringer als die mit speziellen GPS-Empfängern. Die gibt es in einfacher Ausführung ab 80 Euro. Bessere Geräte, unter anderem mit der Möglichkeit, Landkarten reinzuladen, einem elektronischen Kompass und wesentlich höherer Auflösung kosten etwa 180 Euro.

Geografische Koordinaten

Zur exakten Bestimmung von Positionen auf der Erde wird die Erdoberfläche seit vielen hundert Jahren mit Hilfe von Längen- und Breitengraden beschrieben. In den achtziger Jahren einigte man sich auf einen internationalen Standard: Danach ist N 49° 52.371 E 008°  39.073 die Position des Langen Lui.

Cache-Arten

Der Standard-Cache ist der sogenannte „Traditional“. Hier erhält man die Koordinaten, gibt sie in ein GPSGerät oder Google Maps ein, sucht die entsprechende Stelle und dann dort den Cache. Aufgrund der Auflösung des GPS-Systems von ein paar Metern kann das immer noch erstaunlich kompliziert sein. Es gibt „Multi-Caches“, die gehen über mehrere Stationen, wobei man an den einzelnen Stationen meist zum Finden der nächsten Station benötigte Informationen bekommt. „Mystery-Caches“ wiederum sind Caches, bei denen man meist an verschiedenen Stationen Rätsel lösen muss, um schließlich ans Ziel zu gelangen.

Schwierigkeitsgrad und Gelände

Je nach Anspruch der Schatzsuche werden die Caches in verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Eins ist easy, fünf schwer. Gleiches gilt für das Terrain, in dem man suchen muss. Daran sollte man seine Kleidung, Schuhe und sonstige Ausrüstung anpassen. Tauchen, Bergsteigen oder tagelange Wanderungen sind eher die Ausnahmen, Flip-Flops aber auch in Darmstadts Umgebung und vor allem bei diesem Wetter doch häufig ungeeignet.

 
www.geocoaching.com

www.geocoaching.de

www.cachewiki.de