Foto: Lena Klöppinger
Foto: Lena Klöppinger

Michael Förster ist Biobauer der ersten Stunde. Den Eichwaldhof in Darmstadt an der Grenze zu Griesheim bewirtschaftet er in zweiter Generation. Mit 105 Hektar Ackerfläche und seiner Angus-Rinderherde ist der Eichwaldhof – neben dem Hofgut Oberfeld – der einzige zertifizierte biologisch-dynamische Betrieb der Stadt. Was nur Wenigen bekannt ist. Im Interview mit dem P spricht Michael Förster über seine Leidenschaft für die Bio-Landwirtschaft, die abnehmende Unterstützung durch die Politik – und die harten Kontrollen, der die Bio-Höfe unterliegen.

Auf Ihrer Homepage werben Sie mit biologisch-dynamischer Landwirtschaft. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Michael Förster: Biologisch-dynamische Landwirtschaft ist ein ganzheitlicher Ansatz. Sie ist etwas umfangreicher und hat strengere Richtlinien als andere Konzepte. Die Landwirtschaft soll ein geschlossener Kreislauf inklusive Tierhaltung sein. Es werden Feldspritzberater eingesetzt und noch mit Hornkieseln, Hornmist und Kräutern wie Brennnesseln und Baldrian gearbeitet. Bei einem Demeter-Betrieb ist jeder Teil wichtig, das muss man sagen. Demeter, unser Anbauverband, ist der Markenname der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Wir werden routinemäßig einmal im Jahr und dazu noch strichpunktartig kontrolliert.

Ergeben sich aus den strengen Richtlinien auch Probleme?

Natürlich. Das beste Beispiel ist bei uns die Rinderhaltung. Wir haben etwa 30 Mutterkühe und einen Zuchtbullen. Den Zuchtbullen kann ich nicht ständig bei der Herde laufen lassen, weil da auch kleinere Tiere dabei sind, die noch nicht belegt werden sollen. Es ist aber vorgeschrieben, dass der Zuchtbulle nicht ganzjährig im Stall gehalten werden darf. Das geht bei uns aus Platzgründen nicht. Ein kleines Problem, aber das kriegen wir auch gelöst.

Warum arbeiten Sie nach Bio-Richtlinien, wäre es nicht bequemer, ihren Hof konventionell zu bewirtschaften?

Ich arbeite zum einen als Bio- beziehungsweise Demeter-Landwirt, weil ich da quasi hineingeboren wurde. Und zum anderen natürlich, weil es einfach die besssere Landwirtschaft ist. Für uns alle, für die ganze Umwelt. Es gehört schon ein bisschen der Gedanke dazu, nicht nur auf den letzten Euro zu schauen. Man tut ja auch was Gutes. Wenn ich rieche, was meine Kollegen auf ihre Felder spritzen, da zieht sich bei mir alles zusammen.

Drehen wir es um: Warum arbeiten die meisten Bauern dann noch immer konventionell? Sind es nur finanzielle Gründe?

Naja, die finanzielle Geschichte ist schon wichtig. Und dann sind viele Landwirte einfach der Meinung, dass die Spritz- und Düngemittel nichts Schlimmes sind. Ich denke aber, dass der Ressourcenschutz nicht außer Acht zu lassen ist. Was da für ein Rattenschwanz dranhängt, um Kunstdünger oder Pflanzenschutzmittel herzustellen. Was da an Rohstoffen verbrannt wird!

Sollte die Politik dann nicht mehr Anreize für den Einstieg in die Bio-Landwirtschaft schaffen?

Ich bin eigentlich kein Freund davon. Wenn ein Betrieb mal 50 Euro mehr pro Hektar hat, ist das nicht unbedingt der große Anreiz. Da müsste man eher andere Anreize schaffen, in der Vermarktung zum Beispiel. Dass Gemeinschaften gebildet werden und man gemeinsam einen Verarbeitungsbetrieb aufbaut, das wäre sinnvoller als Prämien.

Hat sich die öffentliche Meinung – und auch die anderer Bauern – gegenüber Bio-Landwirten geändert?

Ja, natürlich. Bio wird jetzt als normaler Betriebszweig angesehen und die konventionellen Kollegen gucken auch schon mal, wie wir das mit dem Unkraut machen. Weil wir schon sehr früh, seit Anfang der siebziger Jahre, den Hofladen haben, kamen auch viele Besuchergruppen. Früher ist da drüber gelacht worden. Die haben gesagt: „Hey Du spinnst.“ Und zehn Jahre später hatten 50 Prozent der Betriebe auch einen Hofladen.

Ihre Rinder werden nach Bio-Richtlinien in einem Wiesbadener Schlachthof geschlachtet. Was bedeutet das?

Dass die Schlachtstätte bio-zertifiziert sein muss. Zum Beispiel, dass ökologisch erzeugte Kräuter verarbeitet werden. Sonst könnte ja jeder sagen „Ich mache bio“, nur weil er ein Bio-Rind hat. Das zieht sich durch den ganzen Prozess von der Aufzucht bis zum Verbraucher und ist bei allen Bio-Produkten so.

Auf ihrem Hof verkaufen Sie das Fleisch im Hofladen, was gibt es dort sonst noch?

Wir verkaufen zum einen unsere eigenen Produkte, also vorrangig Gemüse und Kartoffeln. Und Trockenprodukte sowie Käse und Milchprodukte. Alles bio. Wir versuchen, auch schwerpunktmäßig zu vertreiben, was wir aus der Region bekommen können. Das ist aber schwierig, weil wir hier nicht so das Netzwerk an Bio-Landwirten haben.

Ihr Hofladen kann den Betrieb nicht finanzieren. Wie vertreiben Sie ihre Produkte noch?

Wir vermarkten etwa zehn Prozent über den Hofladen und 20 bis 25 Prozent über die Industrie – zum Beispiel Kartoffeln, die unter anderem zu Pommes verarbeitet werden. Der Großteil, also 60 Prozent, geht an den Einzelhandel.

Genau dort, im Handel, wird der Bio-Trend ja für alle sichtbar. Viele wollen bio kaufen. Da fragt man sich: Wie funktioniert das in der Massenproduktion?

Von den Verbänden werden mittlerweile schon Schranken gesetzt. Etwa, dass die Anzahl der Tiere in einem Betrieb oder in einem Stall beschränkt ist. Wir haben ja das Problem, dass wir eigentlich nicht genug Bio-Erzeugnisse haben. Es gibt im Moment auch kein Wachstum im Bio-Bereich, sondern die zusätzlichen Produkte kommen aus dem Ausland. Die Umstellung auf bio stagniert momentan bundesweit.

Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Es hängt einfach am Preis. Die konventionellen Preise sind relativ gut. Früher war das mal so, dass man 50 oder 100 Prozent mehr für bio bekommen hat, aber das ist vorbei, das sind nur noch Cent-Beträge. Zehn oder 20 Prozent in manchen Bereichen, mehr ist nicht drin. Das rechnet sich dann einfach nicht.

Also keine guten Zukunftsperspektiven für die Bio-Branche?

Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen konventionellen Kollegen – auch wenn viele Sachen für mich nicht ganz okay sind. Dass aber nun von Seiten der Politik und den Verbänden ein Keil zwischen die Landwirte geschlagen wird, tut der Bauernschaft keinen Gefallen. Wir werden sowieso schon immer weniger. Wenn wir dann noch gegeneinander sind, haben wir noch weniger Einfluss und werden noch unwichtiger. Es kann doch jeder sein Ding machen. Und vielleicht stellt ja noch der ein oder andere auf bio um, wenn er überzeugt ist. Dass man die verschiedenen Formen aber nicht weiter auseinander treibt, das ist mir ein Anliegen.

www.eichwaldhof.de

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