Grafik: Rocky Beach Studio
Grafik: Rocky Beach Studio

Mut muss belohnt werden. Denn „den Mutigen gehört die Welt“, sagt mein Anlageberater immer – weswegen ich dann gelegentlich Aktien kaufe und konsequent ignoriere, dass die Börsenverläufe und meine wirtschaftlichen Kalkulationen seit geraumer Zeit nicht synchron verlaufen. Aber ich habe ja Mut bewiesen, und darauf kommt es letztlich an.

Auch das „Darmstädter Echo“ sucht Mutige, in dem Fall: Leser. Noch besser: Abonnenten, die Könige unter den Lesern. Wer also die Mutprobe besteht, ein sechswöchiges Schnupper-Abo abzuschließen, wird mit einem „hochwertigen Lilien-Fan-Poster“ sagenhaft belohnt. Was hochwertig heißt, wird nicht weiter erläutert. Gut, es ist in Farbe, lässt der erste Eindruck erahnen, und es sind viele junge Männer zu sehen, die im Trikot der „Lilien“ jubeln. Hm.

Das große Problem dieses Posters ist vielmehr, dass es wöchentlich neu gedruckt werden müsste. Denn die Intensität, mit der Trainer Kosta Runjaic seinen Drittligakader erneuert, wird im deutschen Berufsfußball nur noch übertroffen von Felix Magath, derzeit mal wieder VfL Wolfsburg. 27 Feldspieler, davon vier Torhüter (wieso eigentlich vier?) sind am Böllenfalltor beschäftigt.

Mit dem Team, das aus der Regionalliga aufgestiegen ist, hat die neue „Lilien“-Belegschaft nur noch in Spurenelementen zu tun, weswegen a) das hochwertige Poster längst ungültig ist und b) Namensschildchen und Vorstellungsrunden in der Mannschaft angesagt sein müssten, damit alle Kollegen den Überblick behalten. Schön im Kreis sitzen und Ball zuwerfen: „Hallo, ich bin der Kevin, und mein Hobby sind die Kasseler Ultras.“ – „Oui, hallo, je suis Dimitry, und isch atte toujours Traum, zu ziehen von Munchen nach Darmestadt.“

Einfacher ist es hingegen, den Weg der Nichtmehrgebrauchten zu verfolgen – die werden im Prinzip nach Worms weitergereicht. Es gilt nämlich schon längst das Runjaicsche Gesetz am Böllenfalltor: Spieler, die nach Darmstadt wollen, müssen entweder zuvor in Wehen, Mainz, Kaiserslautern oder bei 1860 München gespielt haben – Spieler, die weg sollenwollen, werden bei Wormatia Worms untergebracht.

So ein stabiler Kreislauf hilft, die Übersicht zu bewahren bei dieser hohen Spielerdurchlaufgeschwindigkeit, die vor allem die Sportredaktion des „Darmstädter Echo“ auf Trab hält. Denn dort muss die Endlos-Serie „Neu beim SV Darmstadt 98“ längst wie ein Blog betrieben werden. Schnelles Handeln ist gefragt, denn wer heute noch neu ist, kann morgen schon alt sein. Siehe die vergangene Winterpause, in der vorübergehende Mitarbeiter wie Nakas (aus Wehen!), Ahanfouf (aus Wehen!), Schürg (jetzt in Worms!) auftauchten, von denen allenfalls der Spaßvogel Ahanfouf noch in Erinnerung ist, weil dieser seine derzeitige berufliche Neuorientierung (aka Arbeitslosigkeit) mit gelegentlichen Bussi-Bussi-Auftritten auf der Tribüne des Böllenfalltorstadions unterbricht.

Es gehört folglich auch Mut dazu, als Spieler nach Darmstadt zu wechseln. Erstens bekommt man ja nur einen Einjahresvertrag. Zweitens gelegentlich sogar noch kürzer. Und drittens droht die frühe Abschiebung nach Worms. Da ist der Abschluss des „Echo-Schnupper- Abos“ schon weniger riskant. Denn: „Nach sechs Wochen endet die Lieferung automatisch.“