Grafik: Rocky Beach Studio
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Am Ende hat er sogar noch seinen Kritikern gedankt. Ja, Zivojin Juskic wusste auch in seiner schwersten Stunde, wie man sich in einem Fußballverein geben muss, der ihn als Gutmensch verehrt. Juskic hat an diesem Image seit seinem ersten Arbeitstag am Böllenfalltor im Jahr 2000 hartnäckig gearbeitet. Der Serbe wusste, was Fans des SV Darmstadt 98 hören und sehen wollen: Man schwört auf die „Lilie im Herzen“ und kämpft sich als Spieler auf dem Platz die Füße blutig. Zehn Jahre später, am 20. März 2010, ist Juskic von seinem Trainerjob zurückgetreten – selbst seine treuen Unterstützer aus dem A-Block hatten ihn weggebrüllt. Und dieser Liebesentzug dürfte die schlimmste Demütigung für den Serben gewesen sein.

Die Figur Juskic ist in Darmstadt immer ziemlich verklärt worden, wie so vieles, was diesen Verein betrifft. Gewiss, Juskic war der Liebling der Tribüne und mancher öffentlicher Meinungsmacher. Hinter der Kabinentür endete diese Zuneigung allerdings. Nicht jeder Spielerkollege wollte einsehen, dass er sich hier einem lokalen Volkshelden unterwerfen muss, dessen Fußballkunst im Herbst seiner Karriere nur noch aus einem Abnutzungskampf für den eigenen Körper und dem der Gegner bestand. Der Trainer Gino Lettieri, der es damals wagte, am Denkmal Juskic gehörig zu kratzen, musste jedoch feststellen, welche Macht sein damaliger Spieler hatte: Der A-Block pfiff Trainer und Mannschaft aus – die Vereinsführung knickte ein und entließ Lettieri. Vier Jahre später revanchierte sich der Coach als neuer Angestellter des drittklassigen SV Wehen Wiesbaden dafür mit einer Brandrede. In einer für Profifußball nie gesehen Direktheit zerrte er Juskic öffentlich als Intriganten und Drahtzieher für seine, Lettieris Entlassung, auf die Anklagebank.

Juskics Bilanz als Coach ist ein schlechter Witz. Als unerfahrener, aber beratungsresistenter Spielertrainer führte er das Team 2003 in die Oberliga. Vorige Saison, als er spät Gerhard Kleppinger beerbte, sorgte maßgeblich der freiwillige Rückzug von Viktoria Aschaffenburg dafür, dass die „Lilien“ in der vierten Liga bleiben durften. Und im Frühjahr 2010 sieht alles noch schlechter aus, die Mannschaft ist psychisch und physisch ausgelaugt. Viele Spieler wollten mit diesem Trainer nicht mehr zusammenarbeiten, der von Vereinspräsident Hans Kessler gewiss so lange durchgeschleppt wurde, weil Juskics Vertrag den finanziellen Zwängen des Vereins entgegenkam. Der Serbe war noch von seinem Schutzpatron Uwe Wiesinger mit einem Kontrakt bis Saisonende 2010 ausgestattet worden. Diese Sichtweise kostete sportlichen Erfolg und damit Zuschauereinnahmen – und war deswegen auch eine wirtschaftliche Fehlkalkulation.

Juskics Scheitern ist auch das Scheitern Kesslers. „Wir haben mit keinem anderen Trainer gesprochen“, schmetterte doch der Präsident bei Juskics Verpflichtung. Hoffentlich hat er sich mit einigen Übungsleitern mehr unterhalten, um die Trainerstelle neu zu besetzen. Tom Eilers wünscht sich einen Mann, „dessen bloßes Erscheinen“ Respekt ausstrahlen solle. Zuweilen ist dem Sportmanager der „Lilien“ nicht zu widersprechen.