Foto: Uli Gasper

Ort: Lehrpfad und Lernort KZ Walldorf

Fotograf: Uli Gasper

Aufgenommen am: 06.04.2017

Hintergrund: Ein Konzentrationslager? Nicht weit von Darmstadt entfernt? Eigentlich sind die doch ganz weit weg – zeitlich, räumlich, gedanklich. Doch es ist da. Ganz nah am Flughafen Frankfurt am Main, immer gegenwärtig. Am 22. August 1944 wurden 1.700 weibliche Häftlinge aus dem KZ Auschwitz-Birkenau hierher, in die sogenannte Außenstelle des elsässischen KZ Natzweiler-Struthof, deportiert. Unter grauenvollen und entwürdigenden Bedingungen mussten die zwischen 13 und 45 Jahre alten Mädchen und Frauen Landebahnen für den Militärflughafen betonieren. Sie litten an Unterernährung und Erfrierungen, mussten im Winter in Sommerkleidern und teils ohne Schuhe arbeiten. Ausrottung durch Zwangsarbeit. Zehn Stunden täglich, auch am Wochenende, ohne zusätzliche Pausen. Wurde der Flug- und Luftschiffhafen Rhein-Main angegriffen, war es ihnen untersagt, Schutzräume aufzusuchen. Das Lager, bestehend aus sechs einstöckigen Baracken, einer Wasch- und einer Küchenbaracke mit Folterkeller, lag am Ortsrand von Walldorf, war umzäunt und von Wachtürmen umgeben. Knapp 50 Frauen überlebten die Arbeit im Lager nicht. Sie erlagen Krankheit, schweren Misshandlungen oder wurden ermordet. Nach Auflösung des Lagers am 24. November 1944 wurden die Überlebenden ins KZ Ravensbrück transferiert.

1972 entdecken die aus Mörfelden-Walldorf stammenden jungen Kommunisten Alfred Arndt, Herbert Oswald und Gerd Schulmeyer im KZ Buchenwald Hinweise auf den Standort in ihrem Heimatort. Dort tut man sich mit der Erinnerung schwer – die drei Jugendlichen gelten als Nestbeschmutzer. Doch Zeitzeugen untermauern die Recherche Arndts, Oswalds und Schulmeyers. Einer dieser Augenzeugen berichtet, dass er im Herbst 1944 mit seinem Rad im Wald nahe Walldorf unterwegs war, um Fallobst zu sammeln. Plötzlich sah er zwei Häftlingsfrauen, die dort arbeiteten. Er gab ihnen ein paar Äpfel, musste jedoch flüchten, als ihn ein Wachmann anschrie, dass er verschwinden solle.

In den 90er-Jahren widmete sich der Flughafenbetreiber Fraport AG der Aufarbeitung seiner Vergangenheit. Die damals ausführende Baufirma Züblin beteiligte sich im Jahr 2000 an einem Zwangsarbeiter-Entschädigungsfond der deutschen Wirtschaft. Mittlerweile schützt eine keilförmige Einhausung die Überreste der KZ-Kellergewölbe. Die Gedenkstätte samt Lehrpfad wurde kürzlich fertiggestellt. Jeden ersten Sonntag im Monat kann sie von 13.30 Uhr bis 17 Uhr besichtigt werden.

www.gg-online.de/html/kz_walldorf.htm