Eine typische Stammkneipe: Fast jeder wird namentlich begrüßt. Viele kommen allein und setzen sich irgendwo dazu. Dazu eine gemütlich-freundliche Atmosphäre. Die Lady hinter der Theke lacht, zapft ein paar schnelle Jever und preist den Event am nächsten Samstag an. Willkommen im „Sumpf“!

Am 12. September 1984 wurde das erste Bier in der Kasinostraße 105 ausgeschenkt. Erwin Köhler, Gerd Schinzel und Robert Linde haben die Kneipe damals gemeinsam mit Anita Schmitt gepachtet – die Eröffnung war das Geburtstagsgeschenk an Anita. Denn die in Darmstadt bekannte Thekenkraft sollte endlich hinter der eigenen Bar glücklich werden. So weit also die Gründungsgeschichte. Vom Gründer-Quartett ist heute nur noch Robert dabei. Er kümmert sich gerade ums Aquarium, und wenn einer sagt, da müsste doch mal ein Regal hin, dann sorgt Robert dafür, dass dort irgendwann eins hängt. So erzählen es Torsten Wyrwa und Clemens Kaiser, zwei von zehn aktuell aktiven Sumpf-Leuten. Die beiden sind auch schon lange dabei, seit Ende der Achtziger: erst als Gäste, dann als Stamm gäste, dann als Thekenkräfte, dann als Crew-Mitglieder … wie das halt so läuft mit Projekten, die einem ans Herz wachsen.

Links, oder was?

Sumpf 3
Foto: Hans-Jürgen Schmitz

Treffpunkt für linke Motorrad-Clubs, Keimzelle für K-Gruppen, Stammtische von Greenpeace und der Aidshilfe – der Sumpf war „immer irgendwie links“, sagen Torsten und Clemens, „aber nie dogmatisch“. Natürlich gibt es Afri statt Coca Cola, aber wäre es anders, würde sich auch keiner aufregen. „Wir führen keine ideologischen Diskussionen. Vielleicht ist das unser Erfolgsrezept“, meint Torsten. Und Clemens ergänzt: „Idioten laufen bei uns ins Leere. Oder werden inhaliert.“ Ganz entspannt.

Auch heute hat der Sumpf noch seine kollektiven Strukturen. Es gibt keine Hierarchie und kein Gewinnstreben – und grundsätzlich gilt: Wer gerade hinter der Theke steht, ist Chef des Abends. „Eigentlich erstaunlich, wie gut das alles funktioniert – seit 25 Jahren“, wundert sich Clemens ein bisschen. Und freut sich über das harmonische Miteinander, auch unter den Gästen: „In der ganzen Zeit gab‘s bei uns vielleicht drei Schlägereien.“ Regeln hat der Laden natürlich auch. Bei den monatlichen Arbeitsbesprechungen werden die Veranstaltungen ausbaldowert und Aufgaben verteilt. Außerdem gibt es feste Zuständigkeitsbereiche, wie zum Beispiel Website, Einkauf oder Finanzen – das hat sich einfach mit der Zeit so entwickelt. Ach ja, und Geld gibt’s für diesen Einsatz nicht, der Spaß an der eigenen Kneipe muss genügen. Das geht, weil der Sumpf niemanden ernähren muss. Nur die Thekenkräfte sehen Kohle für ihre Arbeitsstunden.

25 Jahre – mit Durststrecken

Trotzdem gab es 2007 eine sehr unentspannte Phase, fast hätte der Sumpf wegen Geldmangels schließen müssen. Traditionell läuft die Kneipe im Sommer eher mau, es gibt ja keine Draußen-Plätze. Aber in dem Jahr war es besonders übel. „Das Geld hat überall gefehlt.

Wir haben mittags einen Kasten Wasser geholt, um ihn abends zu verkaufen“, erzählt Torsten. Freunde und Gäste wurden aktiv: spendeten, sachgebunden oder monatlich, organisierten Benefiz-Events, stellten sich selbst auf die Bühne oder an den Plattenteller – so konnte sich der Sumpf langsam aufrappeln und war dann auch wieder ein Stück präsenter in den Köpfen der Darmstädter.

For members only

Mittlerweile muss man Club-Mitglied sein, um hier gepflegt sein Bierchen trinken zu können. Das hat aber nichts mit geschlossener Gesellschaft zu tun: Seit Oktober 2007 ist der Sumpf der „Kulturclub Sumpf e.V.“. Und (aus Rauchersicht) praktischerweise darf man in einer Vereinskneipe rauchen, wenn sie nur von Vereinsmitgliedern besucht wird. Also erwirbt jetzt jeder Gast eine Mitgliedskarte für einen Euro, die gilt dann jeweils für den laufenden Monat. So wurde aus dem Sumpf ein Raucher-Club.

Vereins-Leben, mal anders

Zum Vereins-Angebot gehören neben Live-Musik und DJ-Abenden zum Beispiel auch Ausstellungen und Lesungen, Film-Abende (gema-frei!), Dart- und Doppelkopf-Turniere. Sogar eine Tupperparty und ein Whisky-Tasting gab es schon. Alle Veranstaltungen sind aus Prinzip ohne Eintritt – wer mag, wirft freiwillig was in den Hut, der rumgeht. Zum gaaaaanz festen Programm gehört zum Beispiel die Jam-Session, alle zwei Wochen donnerstags, außerdem steigt einmal im Monat samstags der Club-Abend mit unterschiedlichen Events. Samstags kann man die Kneipe übrigens auch mieten, für kleines Geld, versteht sich. Die Sumpf-Crew freut sich über Leute, die den Raum nutzen möchten und selbst etwas organisieren. Egal, ob Geburtstagsparty oder Dia-Show – nur kommerziell darf es nicht sein. „Ja, die Leute sollen einfach mal vorbeikommen und fragen“, meint Torsten. „Da findet sich eigentlich immer ’ne gute Lösung.“ Eine feine Gelegenheit, die Party-Atmosphäre im Sumpf zu testen, ist die „25- Jahre-lebendig“-Feier. Das gemütliche Bierchen mit Gesprächs-Anschluss gibt’s ansonsten immer montags, mittwochs, donnerstags und freitags ab 21 Uhr.

www.sumpf.de