Verspieltes, Verstaubtes, Versautes

Unsere Theater-Tipps im Juni

Foto: Forum Straßentheater (Goma „The Atari Show“)

 

Kollektive Identitätssuche im Staatstheater

Burschen, schafft was! Krasse Villen in den Luxusvierteln, Freundschaften fürs Leben, echte Männer, Narben im Gesicht, Saufgelage und gute Connections. Über Verbindungen und Burschenschaften kursieren viele Gerüchte – und Gerüchte haben meist einen wahren Kern, so sagt man. Das junge Theater Heidelberg gastiert in Darmstadt und schaut hinter die Kulissen des dortigen Verbindungswesens. Es wurde mit Verbindungsstudent:innen, Aussteiger:innen und Aktivist:innen gesprochen. Im Fokus des Abends stehen geschätzte Rituale, verstaubte Konventionen, toxische Männlichkeit, enge Freundschaften, liberale Strömungen und revisionistische Tendenzen. Fechten, Saufen, Gewalt, Zusammenhalt – ist das alles, was die Mitglieder verbindet? Das Stück ist Teil des Festivals „Summer Up“.

Reels, Realitäten, Identitäten: Gesprochene und gesungene Passagen, knallige Kostüme und per (Live-)Kamera eingespielte Elemente wie Tik-Tok-Tänze verwandeln die Kammerspiele in die Projektionsfläche eines sozialen Netzwerks. Rocco, Charly und Alex sind drei ganz unterschiedliche junge Menschen, die jedoch zwei grundlegende Fragen vereinen: Wer bin ich? Und: Wer will ich sein? Das soziale Netzwerk „Persona“ scheint die Antwort auf die Fragen der von Identitätskrisen geplagten Jugendlichen zu sein. Doch inwieweit bieten soziale Medien die Möglichkeit einer freien Entfaltung und geben sie ein Format vor, das nicht verlassen werden darf? Wer hier mehr Freiheiten hat als sonst, sind: die Zuschauer:innen. Das interaktive Musiktheater bietet die Möglichkeit, mit dem Handy selbst über den Verlauf des Stückes mitzubestimmen. Spannend!

„saufen fechten heidelberg“ am Sa, 3.6., um 21 Uhr in der Bar der Kammerspiele

„Persona“ am Sa, 10.6., um 18 Uhr + weitere Termine in den Kammerspielen

Staatstheater Darmstadt, Georg-Büchner-Platz 1

staatstheater-darmstadt.de + theaterheidelberg.de

 

Männerseelen, einmal in die Röhre bitte!

Eine Röntgenaufnahme der maskulinen Seele zeigt die Struktur der Ängste des starken Geschlechts auf. Gefühle werden erkennbar und der undurchsichtige Mann wird zum gläsernen Subjekt. Geklärt werden die Forschungsfragen, was ein Mann ist, was ihn bewegt und wie sich dem Maskulinen genähert werden soll. Um diese Tiefen zu offenbaren, bedarf es eines wissenschaftlichen Experimentes, dessen Ergebnisse ungeahnte Folgen für alle Geschlechter bringen kann. Verletzlichkeit zeigt sich bei den härtesten Exemplaren in allen Lebenslagen und ganze Leben stehen Kopf. Das Theater Profisorium zeigt Emmanuel Beaufils Komödie „Un Mâle, des Maux“ in deutschsprachiger Erstaufführung.

„Ein Mann, viele Übel“ am Fr, 2.6., + Sa, 3.6., jeweils um 20 Uhr

Theater Moller Haus, Sandstraße 10

theatermollerhaus.de + theaterprofisorium.de

 

Skript, nein danke!

Das Impro-Ensemble „Alles auf Anfang“ aus Darmstadt und Wiesbaden und ihre Gäste von „Das Neckarkollektiv“ treffen aufeinander, ungeskriptet. Acht Spieler:innen lassen kurze Szenen entstehen, improvisieren Geschichten und zeigen, dass Theater auch ohne vorgeschriebenen Dialog funktioniert. Von einem Moment auf den anderen werden mal komische, mal tragische, mal spießige Versionen der Gattung Mensch (Tier, Pflanze, Stein …) erschaffen. Zarte romantische Bande werden geknüpft, überraschende Bühnentode gestorben. Zwei Darsteller:innen, die in der vorherigen Szene gemeinsam einen Mord aufklärten, können in der darauffolgenden bereits als Kommilitonen in der Bibliothek eine heimliche Affäre beginnen. Kreativ, lustig, energetisch!

„Alles auf Anfang trifft Das Neckarkollektiv“ am Sa, 17.6., um 20 Uhr

Theater Moller Haus, Sandstraße 10

theatermollerhaus.de + allesaufanfang.eu

 

Macht, Milch, Musik

Der Bauer muss weg, da sind sich die Tiere einig. Farmer Jones ist geldgeil und rücksichtslos. Während sein Abendbrottisch stets reichlich gedeckt ist, knausert er in den Trögen der Tiere. Gemeinsam verjagen ihn diese von seinem Hof. Schwein Schneeball organisiert alles Notwendige – und das schöne Leben auf der Farm kann beginnen. Doch das Schwein und der Schein trügen. Als sich Schwein Napoleon immer mehr Macht zu eigen macht, stößt das auf gemischte Gefühlte unter den Tieren. Was will der Eber? Die Gerüchteküche brodelt und Fragen nach verschwundener Milch und Vetternwirtschaft stehen auf der Tagesordnung. Mit Witz, Tragik und Musik zeigt die Neuinterpretation von Orwells Klassiker „Farm der Tiere“ mal wieder, wie menschlich tierische Instinkte sein können.

„Animal Farm“ am Fr, 30.6., um 20 Uhr

Bessunger Knabenschule, Ludwigshöhstraße 42

knabenschule.de + chawwerusch.de

 

Darmstadtium mit Elementen der Kunst

Vorhang auf … Augen auf – der Vorplatz des Darmstadtiums wird zur Bühne! Während des Heinerfests finden sich Jongleure, Artisten, Gaukler und Clowns ein, um die Heiner:innen mit der Magie der Straßenkünste in eine andere Welt zu entführen. Einradkünstlerin Janna Wohlfahrt zeigt Tricks auf ihrem besonderen Gefährt, Robert Wicke unterhält das Publikum mit crazy Jonglage und Comedy. Goma nimmt den Alltag auf die Schippe – und das mit Tanz und Improvisationskünsten auf höchstem Niveau. Der Rollator wird zum Tanzpartner, die Weinflasche zum Fitnessgerät. Eine Show unter der künstlerischen Leitung von Rainer Bauer. Zum Lachen, Träumen und Alltag vergessen, von Freitag bis Sonntag und für die ganze Familie.

„14. Forum Straßentheater“ Fr, 30.6., bis So, 2.7., jeweils von 19 bis 22 Uhr

Platz vor dem Darmstadtium, Schlossgraben 1

forumstrassentheater.de

 

Artikel drucken Artikel versenden