Spaziergang am Rande des Wahnsinns

Unsere Theater-Tipps im Juni

Abbildung: Uwe Dettmar („Kafkas Prozess“)

Knutschen und Künstliche Intelligenz

Frauenzimmer: Perfekte Frauen, perfekte Grünflächen, perfekte Straßen – Stepford ist ein Paradies. Fast, als hätte es jemand programmiert. Doch im Backend gibt es ein düsteres Geheimnis. Warum sind die Frauen so gehorsam? Was hat es mit dem rätselhaften Männerclub auf sich? … Das Stück basiert auf Ira Levins Kultroman und verbindet ihn mit einer der aktuellsten Neuerungen unserer Zeit: künstliche Intelligenz. Sie kann viel, sie hilft – und sie macht Angst. Aber vor allem: Was macht sie mit uns als Gesellschaft? Eine Bühnenfassung von Chat-GPT, inszeniert von der Theaterwerkstatt für nicht professionelle Darsteller:innen. Triggerwarnung: Suizid.

„Die Frauen von Stepford“ am So, 1.6., 18 Uhr + Sa, 28.6., 19.30 Uhr + So, 29.6., um 18 Uhr in den Kammerspielen des Staatstheaters Darmstadt

Schäferstündchen: Nice kommt ins Schäferidyll, der Hirte Tirsi verknallt sich in sie, seine Geliebte Clori ist angepisst. Die Schöne Nice wirbelt Arkadien durcheinander, Liebesdramen entbrennen, Schafe tanzen aus der Reihe – und mittendrin die große Frage: Wie bleibt man sich selbst treu, wenn Chaos und Normen nebeneinander vorherrschen. Richtig nice ist dabei nicht nur die schöne Nice, sondern auch die Bühne: Gespielt wird die Neufassung des Barockspektakels nach einem Schäferspiel der Komponistin Maria Antonia Walpurgis im sommerlichen Prinz-Georg-Garten. Sonnencreme nicht vergessen.

„Der Triumph der Treue (Il trionfo della fedeltà)“ Premiere am Mi, 4.6. + Do, 19.6. + So, 22.6., jeweils um 19 Uhr + weitere Termine im Prinz-Georg-Garten

 

Veto – ja, bitte!

Ein Überfall, ein Familiendrama, ein Krieg – und mittendrin Jugendliche, die Nein sagen. Mit Schauspiel, Rap und Tanz erzählen drei Schüler:innen-Gruppen vom Mut, Widerstand zu leisten. Am Ende wird klar: Diese Szenen von Theater Transit und der Stadtteilschule Arheilgen sind keine bloße Inszenierung – sie sind Erinnerungen an einen Sommer, der Spuren hinterlässt. Das Theaterstück ist Teil von „Tusch“ (Theater und Schule) Darmstadt, bei dem sich im Schuljahr 2024/25 alles um „WiderWorte Welten“ – das „Nein“ als kreative Superkraft – dreht. Die Ergebnisse gibt es beim Tusch-Spektakel vom 10. bis 12. Juni im Theater Moller Haus zu sehen. Mit dabei: jede Menge Schulen und Theaterschaffende aus der Region. Bühne frei für Nein-Sager!

„Gegen den Strom – Geschichten vom Mut“ am Mi, 11.6., um 18.45 Uhr im Theater Moller Haus + weitere Stücke zu mehr Terminen

 

Kafkas Zimmer ohne Aussicht

Sommerzeit ist Reisezeit – auch für Kafka. Doch leider geht’s für ihn nicht in die Toskana, sondern in die Abgründe seiner Seele. Sein Ticket: eine Verhaftung. Irgendwer muss ihn verleugnet haben, denn er hat nichts getan – oder? Aktiv dabei: die Zuschauer:innen. Bei diesem Theaterspaziergang wandern sie gemeinsam mit den Darsteller:innen durch die Stadt und tauchen ein in eine düstere Unterwelt des Wahnsinns. Überall – in versteckten Winkeln der Realität – lauern Szenen des Irrsinns. Die Gäste verlaufen sich in kafkaesken Labyrinthen, lösen Rätsel und folgen Kafka ins Verderben. Ein düsteres Spiel um Schuld, Strafe und absurde Justiz zwischen schwarzem Humor und Groteske.

„Kafkas Prozess““ am Fr, 20.6. + Sa, 21.6., um 20 Uhr + So, 22.6., um 18 Uhr, Treffpunkt Mathildenhöhe, Olbrichweg 13 a (sowie weitere Termine in anderen Städten)

 

Von Würfeln und Wunderheilern

Eine Held:innentruppe aus Schurken, Magiern und Druiden zieht ein ins Mollerhaus – und verwandelt es in eine unbekannte Fantasywelt. Ist das ein Goblin am Rande des Waldes? Werden die Hochelfen ihre Artefakte zurückerlangen? Vielleicht sind es auch ganz andere Wesen, die an diesem Tag das Haus betreten. Drei Spielende und ein Erzähler bringen das klassische Tischrollenspiel auf die Bühne. Mit Elementen des Improtheaters entsteht eine spannende Geschichte mit ungewissem Ausgang. Welche originellen Charaktere sich an welchen Orten neuen Abenteuern stellen, liegt auch in der Hand des Publikums. Neben diesem und den Spieler:innen gibt es einen weiteren wichtigen Akteur: den Würfel. Oft ist es letztendlich er, der über das Schicksal der Held:innen entscheidet.

„W20 on Stage VI – Ben & Paper“ am Sa, 21.6., um 18 Uhr im Theater Moller Haus

 

Alte Schachteln, Tod und Lust

Das letzte Viertel des Urlaubs, das letzte Stück des Kuchens, das letzte Mal Sex für lange Zeit. Vergänglichkeit lässt uns melancholisch werden, bringt uns aber auch dazu, besonders zu genießen. Zwei womöglich ausgediente Schrapnellen wagen den Sprung in den letzten Lebensabschnitt, der genauso schön wie scheiße werden kann. Wer weiß das schon? Und wer weiß, wann Gevatter Tod seine Finger ausstreckt. Grotesk-clownesk, leise und heiter betreten diejenigen die Bühne, die selten eine haben: zwei alte Frauchen. Erinnerung ist Arbeit, die schmerzhaft und wunderschön zugleich ist. Eine Hommage an das Leben und den Genuss, ein Gespräch über Wahrhaftigkeit im Theater.

„Zwei alte Frauchen … neu anders frei – Dernière“ am Fr, 27.6. + Sa, 28.6., jeweils um 20 Uhr im Theater Moller Haus