Die Firma Parker vertrieb zwischen 1978 und 1985 von Rodgau aus „Star Wars“-Merchandise. Ein Darmstädter Buchprojekt über das Kuriosum startet gerade, das Nachschlagewerk soll im Mai 2027 erscheinen – genau 50 Jahre nach der Kinopremiere der Weltraumsaga. Mit der Darmstädter Musikszene eng verbunden zeigt sich Mathias Knuhr seit Jahrzehnten – sei es als Mitbegründer des Open Airs am Steinbrücker Teich, der jährlich zur Weihnachtszeit stattfindenden „Melodien für Millionen“-Cover-Abende oder als Co-Gründer und langjähriges Vorstandsmitglied des Jugendzentrums Oetinger Villa. Weniger bekannt ist seine Leidenschaft für „Star Wars“ – und besonders für das Merchandise der ersten drei Filme, das überraschenderweise zum Teil von Südhessen aus europaweit vertrieben wurde. Ein Buchprojekt mit Fokus auf dem unter Sammlern heiß begehrten Spielzeug made in Rhein-Main soll Zeugnis seiner Nachforschungen liefern.
In Knuhrs geräumiger Wohnung künden nicht nur gewaltige Regale mit Schallplatten, deren Cover der Schreinermeister und Holztechniker mitunter selbst anfertigte, von seiner Musikleidenschaft. Gegenüber thront eine eindrucksvolle Kollektion aus „Krieg der Sterne“-Figuren samt damaliger Verpackung, gut geschützt in Acryl-Schachteln. Die schwarzen Regale stammen selbstverständlich aus eigener Hand. Original verpackte Ware sei heutzutage allerdings nur schwer zu bekommen, da das Spielzeug von jungen Actionfans oft gleich in Gebrauch genommen wurde. „Bei seltenen Angeboten ist Vorsicht angebracht“, rät der „Star Wars“-Experte.
Kuriose Figuren
Seine aus dem Ausland stammenden Fan-Figuren verdrängen fast ihr deutsches Pendant, denn dieses Material erweist sich als noch schwieriger aufzutreiben. Als Kuriosum finden sich etwa zwei „YPS“-Comichefte – mit zwei Varianten der Stormtrooper-Figur.
Die Rechte an dem Material besaß damals General Mills, der sechstgrößte Lebensmittelhersteller der Welt, beziehungsweise dessen Spielzeugsparte Kenner. Knuhr: „Das wurde ein Riesenerfolg. Man kann von Millionen im dreistelligen Bereich an Figuren sprechen, die damals produziert wurden. Unter den Lizenznehmern auf der ganzen Welt gab es auch einen deutschen Lizenznehmer – das war die Firma Parker.“ Parker wurde 1968 von General Mills aufgekauft. Zu ihren Brettspielhits zählen neben „Monopoly“ noch „Cluedo“ und „Risiko“.
„Zu all den Lizenznehmern gibt es zahlreiche Fachpublikationen. Zur Firma Parker aber bis heute nichts – sieht man ab von einigen Zeitungsartikeln, Foren oder einer Website, die sich damit beschäftigt“, so Knuhr. Eine Dokumentation, „die homogen und durchgängig das ganze Zeitfenster beleuchtet“, fehle. „Das ist die Motivation, diese Lücke zu schließen.“ Aus südhessischer Sicht besonders interessant: „Die Firma Parker hatte ihren Sitz vor der Haustür, nämlich in Rodgau.“
1987 wurde das auf Spielzeuge abonnierte Unternehmen an die Firma Tonka verkauft – in Deutschland in Fürth ansässig. Seit 1991 gehört sie zum Merchandise-Riesen Hasbro („Transformers“, „G.I. Joe“, „Power Rangers“). Knuhr: „Star Wars ist eine Cash-Maschine, aber hier geht es um die Sachen aus meiner Kindheit und Jugend.“ Selbst spielte der Artwork-Experte nicht mit „Star Wars“-Figuren. Als sie produziert wurden, sei er schon zu alt dafür gewesen: „Mein Spielzeug war Playmobil und Big Jim.“ Zudem gehörte er nicht unbedingt zu den Fans der ersten Stunde. Den später „Episode 4“ betitelten Einstieg sah Mathias Knuhr erst auf einer abgenutzten VHS-Kassette – die beiden Fortsetzungen dann allerdings im Kino.
Faszinierend: der Kampf gegen ein faschistoides System
Seine Sammelleidenschaft wuchs erst Anfang der Neunziger durch einen Freund. Knuhr interessierte die Kerngeschichte des Kampfes gegen ein faschistoides System und das faszinierende Setting: „Das war ein Zeitfenster, in dem es keine neuen Filme gab und keine neuen Figuren produziert wurden. Erst einige Jahre später durch die Bekanntgabe von George Lucas, dass Sequels beziehungsweise Prequels erfolgen sollen, kam die Maschinerie wieder ins Laufen. Ohne Internet hungerte man nach irgendwelchen Informationen. Es gab nur Fanzines und das Telefon für Neuigkeiten.“
Mathias Knuhr unterstreicht die allmähliche Bedeutung des „Star Wars“-Merchandise für den internationalen Sammlermarkt. Sogar über Sotheby’s werden Stücke inzwischen versteigert, weshalb Grading-Agenturen Wert und Echtheit der Waren prüfen würden. Acryl-Cases sollen die Figuren daher vor schädlichem UV-Licht schützen. Selbst baute er weltweit Vitrinen für einige Aficionados: „Dadurch bin ich relativ gut vernetzt.“
Acryl-Cases und kleine Podeste für besondere Fundstücke
Als Sammler konzentriert sich Knuhr auf die ersten drei Werke der Science-Fiction-Saga. Mit 96 Figuren samt Sammlerkarten erweist sich dieses Spektrum als überschaubar. Für manches Fundstück baute er ein kleines Podest, besonders, wenn Figur und Karte voneinander getrennt wurden.
Im Laufe der Jahrzehnte entstand manches professionelle Sekundärwerk aus dem Fandom [Gemeinschaft aller Fans eines Stars/eines Films] heraus. Diese beschäftigten sich etwa mit den Menschen bei Kenner oder dem spanischen Lizenznehmer. Manche Projekte unterstützte Mathias Knuhr beim Crowdfunding, was er bei seinem eigenen Buch ebenfalls anstrebt. „Parker: A German Star Wars Story – Die Geschichte der deutschen Zweigniederlassung von General Mills, Inc. in Rodgau von 1978 bis 1985“ soll am 25. Mai 2027 pünktlich zum 50. Jubiläum der „Star Wars“-Kinopremiere erscheinen.
Da Knuhr kein Journalist und Autor ist, holte er sich Unterstützung für Recherche und Redaktion bei Jule Mott, studierte Publizistin und Filmwissenschaftlerin, die als Nicht-Sammlerin eine andere Perspektive auf das Thema einbringt, beim Darmstädter Grafikdesigner André Liegl [der übrigens auch das Layout des P Magazins erdacht hat] sowie bei High-End-Sammler mit Parker-Fokus und Redakteur Thorsten Greth. Das Quartett interessiert sich für die Historie des Unternehmens, die involvierten Menschen, den Sitz des Lagers, Vertriebswege, Marketing, Identifikation mit dem Produkt, Ursache für den Firmenverkauf oder Beziehungen zum englischen Lizenznehmer. Der popkulturelle Bezug soll über das Produkt hinaus weisen.
Darmstädter Grafikdesigner als kindliches Fotomodel
Praktischerweise wurde André Liegls Vater Walter vor rund vier Jahrzehnten für Werbefotos der Firma Parker engagiert. Der Fotograf mit Studio in Eppertshausen setzte kurzerhand seinen Sohn als Kindermodel für Spielzeugfotos in Szene. Diese Bilder werden ebenfalls in dem Buch veröffentlicht. Als weiterer Ansatz sollen die damaligen Händlerkataloge dienen.
Für Interessenten fertigte das „A German Star Wars Story“-Team bereits ein virtuelles Mockup im Querformat mit einigen vorproduzierten Seiten an. Um den Band auch international anbieten zu können, sollen die Texte in Deutsch und Englisch verfasst werden. Knuhr: „Der deutsche Markt ist im Vergleich zum amerikanischen Markt relativ überschaubar. Viele High-End-Sammler aus den Staaten, die schon alles haben, suchen nach seltenen Sachen. Die deutschen Werke gehören zu den seltensten. Daher brauchen die Sammler Fachpublikationen.“
Infos und Zeitzeugen gesucht!
Da es Hinweise gibt, dass auch in Darmstadt in der Ahastraße Verpackungen produziert worden sein sollen, hofft Mathias Knuhr auf Rückmeldungen der P-Leserschaft. Speziell sucht er Informationen und Kontakte zu Zeitzeugen, Produktionsstandorten, Zulieferbetrieben, Verkaufsstellen und Spielzeugläden. Kontakt aufnehmen kann man per Mail an buch@kraftdermacht.de. Bleibt zu hoffen: Möge die Macht [und das Wissen] mit den Sammlern sein!
„Star Wars“-Ausstellung in Frankfurt
Die nach eigenen Angaben „weltweit größte Star-Wars-Fan-Ausstellung“ unter dem Titel „The Fans Strike Back“ kommt nach Frankfurt: Vom 20. Dezember 2024 bis zum 23. März 2025 werden mehr als 1.000 Exponate und Virtual-Reality-Attraktionen in der Raumfabrik in Frankfurt am Main zu sehen und zu erleben sein.
Die von Fans kuratierte Ausstellung versteht sich als „eine Hommage an über vier Jahrzehnte Kreativität, Leidenschaft und Hingabe der Star-Wars-Fan-Gemeinde“. Die Besucher:innen können sich auf lebensgroße Figuren, mehr als 50 Skulpturen, Fotos, Poster, Kostüme und vieles mehr freuen. Unter anderem ausgestellt werden: ein lebensgroßer Podracer sowie ein Speederbike, auf dem die Besucher:innen Platz nehmen und sich fotografieren lassen können, eine Kommando-Brücke des Sternzerstörers, die maßstabsgetreue Nachbildung eines Snowspeeders aus „Episode V“ und eine umfangreiche Sammlung von über 120 offiziellen „R2-D2“-Merchandise-Artikeln sowie von zehn handgefertigten Lichtschwert-Replikaten.