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Grafik: Rocky Beach Studio

Haarefärben ist ein alter Hut: Schon vor 3.500 Jahren galt es als schick, sich das Haupthaar zu colorieren – und zwar nicht nur unter Frauen. Männer färbten sich außerdem gern mal den Bart, wie auf zeitgenössischen Gemälden zu sehen ist. Damals war zum Beispiel Henna ein beliebtes Färbemittel, es konnte unter anderem an den Haaren einer ägyptischen Mumie aus dem 14. Jahrhundert vor Christi nachgewiesen werden.

Aber es wurde auch mit Ochsenblut und anderen unappetitlichen Zutaten gearbeitet. Wissenschaftler vermuten, dass es dabei hauptsächlich darum ging, graue Haare zu verbergen. Grau war wohl schon damals nicht en vogue. Auch die alten Römer hatten so ihre Rezepte zum Haareschwärzen: Sie benutzten zum Beispiel eine Paste aus Bleioxid und Löschkalk – frühzeitliche Nanotechnologie, wie vor einigen Jahren festgestellt wurde – , wirkungsvoll, aber vermutlich auch ziemlich gesundheitsschädlich. Ein anderes Mittel, um die Haare schwarz zu färben: Aus Zutaten wie verwesten Blutegeln, Essig und Pflanzenteilen entstand eine Pampe, die vor der Anwendung sechzig Tage ziehen musste. Beim Auftragen sollte der Anwender sich den Mund mit Öl füllen, damit nicht auch noch die Zähne schwarz werden.

Zur Zeit der Germanischen Kriege kamen neue Farbwünsche dazu: Jetzt war bei den Römern auch Blond angesagt, das hatten sie wohl „in Germanien“ gesehen. Also blondierten sich die Römerinnen ihr schwarzes Haar mit Buchenasche, Seife und Quittensaft – was aber oft dazu führte, dass ihnen die Haare anschließend komplett ausfielen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde noch so einiges ausprobiert – die verschiedenen chemischen Reaktionen auf dem Kopf forderten teils sogar Todesopfer. Im 19. Jahrhundert war unter anderem ein Produkt im Umlauf, bei dem der Hersteller selbst davor warnte, dass die Haare samt Kopfhaut und Gehirn weggebrannt werden könnten. Die modebewusste Dame ließ sich davon aber nicht abschrecken.

Um die Jahrhundertwende gab es die ersten industriehergestellten synthetischen Farben, die als Bleich- mittel Wasserstoffperoxid beinhalteten. Man begann mit Wasserstoff zu experimentieren – die Wasserstoffblondine aus den Zwanzigern und Dreißigern ist uns ja heute noch ein Begriff.

Im Jahr 1934 meldeten die Ströher-Werke im sächsischen Oberwiesenthal eine Haarfärbe-Rezeptur zum Patent an – in den Kriegswirren ging das aber vergessen (man hatte bekanntlich andere Sorgen als sich die Haare zu färben). Nach dem Krieg, 1950, kommt dann unser beschauliches Städtchen ins Spiel: Auf Basis dieses eben erwähnten Patents brachte das Darmstädter Unternehmen Wella (Inhaber damals: die Familie Ströher) die erste Creme-Haarfarbe der Welt auf den Markt! Das Produkt hieß Koleston und beinhaltete Pflegestoffe, welche die durch die Färbung verursachten Strukturschäden am Haar direkt wieder ausgleichen sollten. Damit wurde also hier in Darmstadt die Basis geschaffen für kreative Farbgestaltung am Haar – so wie wir sie heute kennen.

Koleston gibt es sogar immer noch, neben Unmengen anderer Produkte, mit denen wir uns die Haare färben können. Was zumindest die Frauen auch ausgiebig tun: Es wird geschätzt, dass etwa 40 Prozent der erwachsenen Frauen in den Industrieländern Haarfärbemittel benutzen. Kein Wunder. Denn, wie behauptet einer der zahlreichen Internetshops: „Mit einer brillanten neuen Haarfarbe strahlen Sie besonders viel Attraktivität und Selbstvertrauen aus.“ Na dann.