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Foto: Anna Zdiara

Der Botanische Garten in Darmstadt feiert in diesem Jahr ein Doppeljubiläum: Er wurde 1814 im Schlossgraben, wo er ja aktuell seine Renaissance erfährt, gegründet. Nach fünf Umzügen schlug er 1874 – also vor 140 Jahren – dauerhaft Wurzeln an seinem heutigen Domizil in der Schnittspahnstraße.

Das Büro von Stefan Schneckenburger, dem Leiter des Botanischen Gartens, wirkt wie die Studierstube eines Naturwissenschaftlers der alten Schule. Ein Mikroskop ragt zwischen gestapelten Büchern und Artikeln hervor, im Regal liegen Steine und Tannenzapfen vor Aktenordnern. Zwei Pflanzen werden im Waschbecken mit Wasser versorgt. Öffnet man die Wandschränke, finden sich dort Tausende von Herbar-Exemplaren. Das sind gepresste und getrocknete Pflanzen, anhand derer Gattungen und Pflanzen-Arten bestimmt und gelehrt werden.

Für den schnellen Sprung nach draußen hängt ein Regenschirm bereit. Denn direkt vor der Tür des Institutsgebäudes liegt der Botanische Garten der Technischen Universität Darmstadt, eine Sammlung von 8.000 Pflanzenarten – etwa zweieinhalb Mal so viele, wie in Deutschland in der freien Natur vorkommen.

Ein Ort zum Forschen und Entdecken

Sie helfen angehenden Biologen als haptische Objekte zur Pflanzenbestimmung. Aber auch Molekularbiologen und Biochemiker finden hier Forschungsmaterial. Im Gewächshaus – und auch im Freiland – werden neben dem Stoffwechsel der Pflanzen auch ihre Reaktionen auf Stressfaktoren wie Wasser- oder Lichtmangel untersucht.

Im Gegensatz zu den Zeiten der großen Naturforscher und Pflanzenjäger vom 17. bis zum 19. Jahrhundert kommen heute zwar längst nicht mehr so viele neue Pflanzenarten hinzu. Alte Bestände werden jedoch bisweilen durch neue mit dokumentierter Herkunft ersetzt. Dadurch lassen sich feine Unterschiede herausarbeiten: So hat sich etwa der armenische Granatapfel als winterhärter erwiesen als der albanische.

Foto: Anna Zdiara
Foto: Anna Zdiara

Viele der Arten sind Erhaltungskulturen. Biodiversität, die biologische Vielfalt der Arten, ist eine wichtige Maxime des Botanischen Gartens. „Der Artengehalt muss stimmen“, erklärt Schneckenburger. Schließlich sei der Botanische Garten kein Unterhaltungsangebot oder Park. Vielmehr steht er ganz im Dienste der Wissenschaft, das Freizeitangebot ist sozusagen nur Beiwerk.

Biotop und Kleinod

Der Lehr- und Forschungsbetrieb des Botanischen Gartens ist dabei aber nicht auf die Uni begrenzt. Das „Grüne Klassenzimmer“ zum Beispiel ist ein Angebot für Schulklassen, der Raum für Beobachtungen und Experimente bietet. So sind die vielen Facetten des Gartens auch für Kinder und Jugendliche erfahrbar. Auch für naturbegeisterte Privatpersonen gibt es die Möglichkeit, sich einen Einblick in die Vielfalt der Pflanzenwelt zu verschaffen: Regelmäßig am ersten Freitag jeden Monats finden zwei öffentliche Führungen statt (außerhalb dieser Zeiten nur nach Vereinbarung mit der Leitung des Gartens).

Wie im Kulturbereich wirken auch im Botanischen Garten Darmstadt zahlreiche Ehrenamtliche mit: Der 1995 gegründete „Freundeskreis des Botanischen Gartens“ hat 250 Mitglieder, er fördert Publikationen und organisiert Veranstaltungen. Interessierte können sich auch mit helfenden Händen einbringen, allerdings mit begrenzten Tätigkeiten und „am besten mit langfristiger Perspektive“, so Schneckenburger. Angehende Gärtner können sogar in der Fachsparte „Zierpflanzenbau“ ausgebildet werden.

TUPlan
Plan: TU Darmstadt

Die alten Bäume in „seinem“ Garten haben es dem Darmstädter Chef-Botaniker besonders angetan. Die meisten stammen noch aus der Gründungszeit, schlagen also seit 140 Jahren Wurzeln in der Schnittspahnstraße. Auch unter den Gewächshaus-Pflanzen sind einige Arten die ältesten ihrer Gattung.

Die Einbindung des Darmbachs in den Botanischen Garten erspart künstliche Pumpen, einer der beiden Teiche wird durch ihn bewässert. Charmant und geschickt sind die Wege auf der Anlage angelegt. Dadurch wirkt der Garten viel größer, als er eigentlich ist. Und klein ist er auch faktisch nicht: Das Freigelände umfasst knapp fünf Hektar, die Gewächshaus-Sammlungen und Versuchspflanzen werden auf 1.450 Quadratmeter Unterglasflächen kultiviert.

 

Hier geht’s zum Programm „200 Jahre Botanischer Garten Darmstadt“.

Weitere Infos unter: www.bio.tu-darmstadt.de/botanischergarten.