Foto: Stadtarchiv Darmstadt
Hochschulstraße – vom Kantplatz aus gesehenFoto: Stadtarchiv Darmstadt

Darmstadts Schlaglöcher werden in diesem Frühling bundesweit für Schlagzeilen sorgen. Der Grund dafür ist ein kurz nach der Kommunalwahl vom Magistrat der Stadt Darmstadt beschlossenes Pilotprojekt.

Auch der vergangene Winter hinterließ wieder Straßenschäden in Milliardenhöhe. Zwei Drittel des Straßennetzes gehören den Kommunen, denen fehlt jedoch das Geld, die Straßen ausreichend zu sanieren. Doch dann hatte die Wissenschaftsstadt die zündende Idee: Die bei saisonbedingter Straßenpflege entdeckten historischen Pflasterschichten werden wieder freigelegt!

Anstatt die Unmengen an Schlaglöchern notdürftig mit Teerportionen zu flicken und das Stadtbild noch mehr zu verschandeln, beziehungsweise einen aufwendigen, zeitintensiven und teuren Austausch des gesamten Straßenunterbaus vorzunehmen, wurde beschlossen, lokale Geschichte in das Stadtbild zu integrieren.

Rund um die Technische Universität in der Stadtmitte, in der Grafenstraße und entlang der Bismarckstraße befindet sich der gründerzeitliche Straßenbelag unter den aufgeplatzten Asphaltschichten nämlich in bestem Zustand.

Das Kopfsteinflaster komplett freizulegen, bringt einige Vorteile mit sich: Zum einen erhält die Innenstadt großstädtisches Flair, findet man doch auch beispielsweise in Berlin und München weitläufige Stadtteile mit Pflasterstraßen vor. Der kleine Nachteil, dass der Belag uneben und laut ist, führt zum anderen, dass Autos und Busse zwangsläufig langsamer fahren müssen und unsere Stadt automatisch zur Tempo-30-Zone wird.

Die 2.000 Quadratmeter historisches Holzpflaster aus dem Jahr 1899, die rund um die TU in der Hochschulstraße auffindbar sind, fungieren noch dazu als Schalldämpfer und bringen den Vorteil der Lärmreduktion mit sich. Das abgeschliffene Pflaster wird angenehm zu begehen sein, so dass man im Sommer endlich barfuß vom Martinsviertel in den Herrngarten spazieren kann. Darmstadt wird hier Vorreiter der Neukonzeption von Straßensanierung sein. Das groß angekündigte Projekt zur Asphalt-Sanierung erweist sich somit als reines Wahlkampfgetöse.

Foto: Stadtarchiv Darmstadt
Bismarckstraße, Ecke Fuchsstraße
(heute Sieboldstraße) – 1930er Jahre
Foto: Stadtarchiv Darmstadt

Darmstädter Pilotprojekt vorbildlicher Straßensanierung

Doch das Pilotprojekt beinhaltet noch weitere sinnvolle Maßnahmen: Dort, wo es unumgänglich ist, die Schlaglöcher zu reparieren und das Pflaster nicht freigelegt werden kann, soll es am 1. Mai einen Aktionstag für Darmstadts Schülerinnen und Schüler geben. Beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Darmstadt (EAD) wird dann eimerweise der sogenannte Kaltasphalt ausgegeben und alle Schüler bekommen die Aufgabe, mit Unterstützung durch Mitarbeiter des Straßenbauamtes eines der Schlaglöcher eigenhändig zu füllen.

Hierdurch können die Schüler auf die zukünftigen, immer häufiger geforderten aktiven Bürgerbeteiligungen vorbereitet werden. Die Aktion soll primär im weitläufigen Umfeld des Hauptbahnhofs durchgeführt werden. Die gelungensten Schlagloch-Füllungen werden zudem prämiert. Ähnlich dem Walk of Fame in Hollywood wird der amtierende Oberbürgermeister feierlich die schönsten Ex-Schlaglöcher mit einem kleinen Messingstern versehen, in den der Name des Füllers eingraviert sein wird.

Und das ist noch nicht alles: Die Hamburger Firma Storimpex Asphaltex hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Asphalt zu einhundert Prozent recycelt werden kann (ADAC Motorwelt, Heft 3, März 2011). Dadurch kann das aus der Darmstädter Innenstadt abgetragene Material auf dem Marienplatz unterhalb des Staatstheaters wiederverwendet werden.

Der seit Jahren im Fokus der politischen Diskussion stehende und erfolglos für Investoren ausgeschriebene „Hoppel-Parkplatz“ – quasi Inbegriff des Schlagloches – wird endlich „geglättet“ und interimsmäßig als günstiger City-Parkplatz betrieben. Rund eine Million Euro jährlich verspricht sich die Stadtregierung von einer Bewirtschaftung des Marienplatzes, die voraussichtlich schon nach diesen Sommerferien starten kann.

Das P gratuliert: Endlich machen Darmstadts Schlaglöcher positive Schlagzeilen!