Illustration: Martina Hillemann

Erinnert ihr Euch noch an den Schwaben vom letzten Mal? Er mag Darmstadt. Oder mich. Oder das Gesamtkonzept aus beidem. Auf jeden Fall zieht es ihn mal wieder aus seiner Heilbronner Provinz ins schöne Südhessen.

Vordergründig hat er vormittags einen beruflichen Termin in der Nähe und würde sich danach gerne nochmal mit mir treffen und sich die Stadt – und natürlich mich – bei Tageslicht ansehen wollen. Gegen 14 Uhr ist sein Termin zu Ende, gegen 20 Uhr fährt sein Zug. Also habe ich volle sechs Stunden, um ihm Darmstadt zu zeigen. Joa, zwei würden auch reichen, aber gut. Er vermutet bei Darmstadt Parallelen zu seinem Heilbronn. Heilbronn steht zu Stuttgart wie Darmstadt zu Frankfurt. Das eine die Großstadt, die andere möchte es gerne sein. Ihm das Gegenteil zu dieser durchaus kuriosen, wenn nicht sogar beleidigenden These zu beweisen, ist mein heutiges Ziel. Also: auf die Plätze, fertig, los!

Wo fängt man an? Ja klaro, Mathildenhöhe. Dieser wunderschöne, hochgelegene Punkt Darmstadts, mit seiner unverwechselbaren, vom Jugendstil gezeichneten Atmosphäre. Die Sonne lacht und bis hier ist alles gut. Er ist ebenfalls sichtlich begeistert von dieser nicht vermuteten Anmut dieses Areals. Doch dann begehen wir den Fehler und laufen wieder runter, Richtung Innenstadt. Und ab jetzt macht es mir Darmstadt wirklich schwer, es von seiner schönen Seite zu präsentieren. Ich arbeite mir hier echt ziemlich einen ab und erzähle was von Büchner, Jugendstil und der kulturellen Szene. Und diese Stadt, die ich doch so gerne mag, präsentiert uns eine bescheuerte, mitten in den Weg gesetzte Baustelle nach der anderen. Hupende aggressive Autofahrer und merkwürdig pöbelnd murmelnde Menschen an Bushaltestellen.

„Das hier ist nicht immer so, eigentlich ist es hier schön“, ist mein Dauersatz. Ich bin noch nie so bewusst und so bemüht durch den Herrngarten gelaufen wie jetzt. Leider zeigt sich unser Stadtpark heute nicht von seiner besten Seite. Leute, was ist los? Ihr könnt gerne, wie auch jetzt, in Hasenkostümen rumspringen und Bier-Pong spielen, aber nutzt doch vielleicht diese runden Metall-Dinger, die man Mülleimer nennt? Er grinst amüsiert vor sich hin und ich brauche jetzt erstmal eine kleine Pause und einen Kaffee – einen starken!

Auch hier glänzt Darmstadt wieder kurz mit seiner schönen Atmosphäre. Ich wähle nämlich das Wellnitz am Kantplatz. Die Einrichtung und das Ambiente sind phänomenal. Aber der Service: Passt zu den Unmengen an Baustellen, die unseren Weg schon kreuzten. Da der Kaffee aber gut tut, folgt aufs Wellnitz sogleich das Café Chaos. Bei diesem Date klappt es mit einem Platz. Yes! Und ja, hier ist alles gut, ich entspanne mich und er ist Ewigkeiten auf dem Weg zu den Toiletten im Strudel der Automaten verschollen. Sich im Café Chaos verlieren, so kann man die sechs Stunden Darmstadt auch füllen.

Zum Abschluss kann ich ihm doch noch eine Sache zeigen, die er ziemlich gut findet – da man sie sogar in seiner Region kennt und mag. Na, was denkt Ihr? Was hat nach diesem kurios hässlich-schönen Tag einen coolen Eindruck hinterlassen? Trommelwirbel … das Drombusch Haus. Joa, hätte ich auch nicht erwartet. Aber Geschmäckle sind bekanntlich verschieden.