Kaum weiß man, dass man bald Mama und Papa wird, stellt sich die Frage: Wo können wir unser Kind unterbringen, wenn wir weiter arbeiten gehen? Es gibt Tagesmütter, städtische und konfessionelle Kinderkrippen. Aber auch freie Träger betreiben zahlreiche Kitas in Darmstadt – und auch immer mehr Elterninitiativen. Das P hat einige dieser Initiativen besucht und festgehalten, was für werdende Eltern wichtig sein könnte.
Seit August gilt auch in Darmstadt der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Die Situation ist laut Aussagen der Stadtverwaltung besser als in anderen hessischen Kommunen und – gesetzlich mögliche – Klagen von Eltern sind derzeit noch nicht anhängig. Trotzdem warten gegenwärtig 333 unter-dreijährige Darmstädter auf der Anmeldeliste für städtische Kinderkrippen auf einen Platz. Auch von Freunden und Bekannten, die selbst gerade Eltern geworden sind oder es bald werden, hört man immer wieder von den Schwierigkeiten, die richtige Kita zu finden oder überhaupt einen Platz zu bekommen. Selten geht es ohne Probleme. Aus diesem Grund entscheiden sich in Darmstadt immer mehr Eltern, selbst aktiv zu werden und zusammen mit anderen Eltern Vereine für eine selbstorganisierte Kinderkrippe zu gründen. Bereits über ein Drittel aller Kindertagesstätten in Darmstadt werden durch Elternvereine getragen, so die Stadt auf Nachfrage des P.
Viel Einsatz für das Kind
Eine davon ist die Krabbelstube Zwergnasen e.V. in Bessungen. Versteckt in einem Hinterhof gelegen zeigt die liebevolle und individuelle Inneneinrichtung, dass die Eltern mit viel Herzblut dabei sind. Für Henriette Heidbrink von den Zwergnasen war von Anfang an klar, dass sie ihre Kinder nur in eine selbstorganisierte Kita geben möchte, obwohl das mit einigem Aufwand verbunden ist. „Es ist ja nicht damit getan, dass man das Kind morgens hinbringt und abends abholt. Hinzu kommt die Vereinsarbeit, gelegentliches Kochen und Wäschewaschen. Wenn man dazu noch arbeiten geht, ist das schon aufwendig.“ Aber die allermeisten Eltern in den Initiativen nehmen das gerne in Kauf. Denn im Gegensatz zu städtischen oder von großen Trägern geführten Einrichtungen bestimmen hier die Eltern: vom Spielzeug über das Essen bis zur Auswahl der Erzieher, alles wird von den Mitgliedern entschieden.
Aller Anfang ist schwer
Wer allerdings mit dem Gedanken spielt, selbst aktiv zu werden, der braucht vor allem Ausdauer und Hartnäckigkeit. Es gilt andere Eltern zu motivieren, einen Raum zu finden, Anträge zu schreiben, Gelder einzuwerben und viel Zeit sowie Arbeit zu investieren. Linda Theisinger und Natalie Neumayer haben das Experiment in diesem Jahr mit Maviki e.V. gewagt. Nachdem sie mit Wartelistenplätzen vertröstet wurden und keine passende Einrichtung im Martinsviertel gefunden hatten, entschlossen sie sich kurzerhand dazu, sich an die offiziellen Stellen zu wenden. „Ich bin einfach zur Kulturdezernentin Barbara Akdeniz gegangen und habe ihr das Problem geschildert. Daraufhin hat sie mir ihre Unterstützung zugesichert“, erinnert sich Natalie Neumayer. Mit anderen Eltern gründete sie den Verein Maviki (Martinsviertelkinder) und suchte nach geeigneten Räumlichkeiten.
Gar nicht so einfach in Darmstadt – aber am Ende hat es geklappt: Mit der ehemaligen Apotheke in der Kittlerstraße haben die engagierten Eltern einen Raum bekommen, der zentral liegt und viel Platz bietet. Beim Umbau hat das Land Hessen finanzielle Starthilfe geleistet, Sponsoren haben bei der Innenausstattung geholfen, die Stadt Darmstadt übernimmt einen Großteil der Betriebskosten. Trotzdem mussten die Eltern viele Stunden ihrer Freizeit in die Gründung eines Vereins, den Umbau und die Auswahl der Erzieher investieren, bis Anfang Juni 2013 das Maviki seine Türen öffnen konnte.
Mehr als nur eine Krippe
Wichtig ist den sich dort engagierenden Eltern, dass der Ort mehr als eine Betreuungseinrichtung ist, wie Natalie Neumayer betont. Er soll eine Begegnungsstätte für Eltern und Nachbarn sein, wo auch mal kleine Konzerte oder Flohmärkte stattfinden oder man einfach nur zusammen Kaffee trinkt.
Ein Markenzeichen fast aller Elterninitiativen ist das Gemeinschaftsgefühl. Im Vordergrund steht, dass sich Eltern – und vor allem die Kinder – wohlfühlen. „Wenn ich am Nachmittag komme, um meine Tochter abzuholen, dann möchte die oft gar nicht gehen“, bestätigt auch Henriette Heidbrink. Und so werden gemeinsam Feste gefeiert, die Zukunft der Krippe geplant und es ergeben sich Freundschaften, die über die Kita-Zeit hinaus halten.
Aber Elterninitiativen bieten auch Raum für besondere pädagogische Konzepte. So zum Beispiel im „drunter & drüber“ in der Stauffenbergstraße. Schon seit 2008 engagieren sich hier Eltern und organisieren zusammen mit den Erziehern die Betreuung von elf Kindern. Dort orientiert man sich an der Pädagogik von Emmi Pikler. Katja Leitner vom „drunter & drüber“ fasst diesen Ansatz zusammen: „Unsere Erzieher unterstützen die Kinder bei der Entwicklung einer individuellen Persönlichkeit. Wichtig sind für uns auch die Vermittlung von sozialer und emotionaler Kompetenz.“ Deshalb war es aber auch für die „drunter & drüber“-Eltern selbstverständlich, dass die Krippe in Zukunft eine integrative Einrichtung sein soll. Das bedeutet: Es wird auch zwei Krippenplätze für behinderte Kinder geben.
Wo? Wer? Wann?
Die Vielfalt der Darmstädter Elterniniativen bedeutet für angehende Eltern vor allem, dass sie sich frühzeitig darüber informieren sollten, welche Kita für sie infrage kommt. Außerdem sind die Wartelisten bei besonders begehrten Kitas sehr lange. Um sich einen Überblick über das vorhandene Angebot in Darmstadt zu verschaffen, hilft zunächst die vom Frauenbüro der Stadt betriebene Internetseite www.familien-willkommen.de. Dort finden Eltern eine Datenbank aller Darmstädter Kindertagesstätten, alle wichtigen Formulare – und es werden offene Kita-Plätze ausgeschrieben. Wie dem P von Seiten der Stadt mitgeteilt wurde, sind Investitionen von rund 320.000 Euro in eine zentrale Meldedatei geplant. Hierdurch soll es ab 2014 möglich sein, dass sich Eltern zentral in verschiedenen Kindertagesstätten anmelden können und so das Verfahren einfacher, transparenter und für alle Beteiligten effektiver wird.
Sollten Eltern allerdings darüber nachdenken, selbst aktiv werden zu wollen und eine Krippe zu gründen, ist es sinnvoll mit Das Kind e.V., dem Dachverband Selbstorganisierter Kindereinrichtungen Darmstadts, Kontakt aufzunehmen. Dort sitzen Eltern, die über langjährige Erfahrung und viel Wissen über das Thema verfügen.
Ein Pflichttermin für alle Eltern ist der jährlich stattfindende „Tag der freien Träger“ in der Centralstation. Dort stellen sich die Einrichtungen vor, man kann mit den Eltern und Erziehern ins Gespräch kommen, sich informieren und für Vorstellungsgespräche anmelden. Der diesjährige Info-Tag findet übrigens am Sonntag, dem 17. November 2013, statt.
Elterninitiativen:
drunter & drüber e.V.
Stauffenbergstraße 62, Darmstadt
Krabbelstube Zwergnasen e.V.
Moosbergstraße 95, Darmstadt
Maviki e.V.
Kittlerstraße 34, Darmstadt
www.maviki.de und www.facebook.com/maviki.ev
Darmstädter Datenbank Kinderbetreuung:
www.familien-willkommen.de/Kinderbetreuung__p_deri.htm
Das Kind – Dachverband Selbstorganisierter Kindereinrichtungen Darmstadts e.V.
Regionale Koordinierungsstelle der selbstorganisierten Kindereinrichtungen
Julius-Reiber-Straße 20-22, Darmstadt