Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

„Ich bin Heiner von Geburt und aus Überzeugung!“, sagt er, streift durch seinen langen weißen Bart und holt eine ausklappbare Postkarte aus seiner Westentasche hervor. Das Motiv, die Mathildenhöhe, ist auch mit ungeschultem Auge zu erkennen, doch einen Augenblick später entfaltet sich die wahre Ästhetik seines Schaffens.

Werner Kumpf ist Panorama-Fotograf, sprich: Er erstellt Fotografien im 360-Grad-Winkel. Einmal um die eigene Achse, abgelichtet auf einer Ebene -wobei seine Aufnahmen meist über diesen Winkel hinaus bis zu 450 Grad darstellen. Im Falle der Mathildenhöhe heißt das, dass der Fünffingerturm erst links im Bild erscheint, um auf der rechten Seite wieder ins Bild zu kommen. Ausgestellt sind Kumpfs (Darmstädter) Werke mit diesem überraschenden, individuellen Blickwinkel dauerhaft im Kennedy-Haus und in den Städtischen Ämtern des Luisencenters.

Zur Fotografie kam der 75-Jährige im Jahr 1948, und seitdem ist diese Kunstform der Mittelpunkt seines Lebens. Seit 40 Jahren gibt er Kurse an der Volkshochschule, seit mehr als 20 ist er Vorsitzender des Foto-Clubs Darmstadt und berufenes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie. 1972 rief Kumpf in Darmstadt die Älteste Fotobörse Deutschlands ins Leben und selbst heute, im Rentenalter, lässt er es sich nicht nehmen, gelegentlich Schulkindern die „gute alte konventionelle Fotografie“ näher zu bringen. Mittlerweile hat auch er die Digitalfotografie für sich entdeckt, doch merkt er im gleichen Atemzug an: „Die Leute kümmern sich durch die Digitalfotografie kaum noch um die Details. Es wird geknipst, halbherzig begutachtet und gleich wieder gelöscht. Der Schnappschuss an sich, die spontane Aufnahme, die ihre Wirkung erst auf den zweiten Blick erscheinen lässt, ist tot.“

Von 1968 bis zur Pensionierung
1997 war Kumpf angestellter Fotograf des Hessischen Landesmuseums. In dieser Zeit begleitete er solch illustre Persönlichkeiten wie Joseph Beuys und Andy Warhol.
„Andy Warhol war 24 Stunden in Darmstadt. 18 Stunden davon habe ich ihn mit der Kamera begleitet.“ Vielleicht ja im Weißen Turm, einem der Wahrzeichen Darmstadts und gleichzeitig Werner Kumpfs zweites Zuhause. Seit 1997 kümmert er sich ehrenamtlich um die Vermietung der (wirklich einmaligen!) Räumlichkeiten und um sämtliche Ausstellungen. Bereits vorher sorgte er dafür, dass der marode  Turm renoviert  und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.  „Wir haben das alles aus eigener Kraft und ohne Öffentliche Mittel geschaffen. Das nötige Geld erhalten wir ausschließlich durch Sponsoren, Eintrittsgelder und Werbebanner an der Außenseite des Turms.“ Beim Gang aus dem Turm verrät er: „Ohne die Unterstützung meiner lieben Frau könnte ich all das nicht umsetzen. Die hilft mir, wo sie nur kann, und toleriert die Tatsache, dass ich immer unterwegs sein muss.“ Das muss Liebe sein.