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Foto: Jürgen Stallknecht

Sie haben in diesem Jahr einen wahren Feier­marathon zu bewältigen – die Leiter der „Huette“. Runde 50 Jahre ist das Jugend­haus in der Kiesstraße alt geworden, am Samstag, dem 14. Juni 2008, wird das Jubiläum mit einer großen Sause offiziell gefeiert. Die Huette war das erste Jugendhaus in Hessen  und immerhin das dritte seiner Art in Deutschland. Geht so eine betagte Einrichtung überhaupt noch mit der Zeit?

Für Besucherin Sina und ihre Freundinnen ist das gar keine Frage. „Man denkt gar nicht, dass die Huette so alt ist!“ Etwas Negatives will auf Nachfrage so schnell niemanden einfallen. Dann doch: „Ein Nachteil der Huette ist, dass hier im Sommer kein Swimmingpool ist“, beschwert sich Isabell scherzhaft. Bestimmt wäre die offene Jugendeinrichtung der evangelischen Kirche mit Bade­spaß perfekt, doch auch ohne ihn war sie für Generationen Darmstädter Jugendlicher ein zweites Zuhause. Dem engagierten Stadtjugendpfarrer Reinhard Becker ist es zu verdanken, dass die Jugend dieser Stadt seit September 1958 ihre Freizeit nicht mehr nur auf der Straße verbringen muss. Der Bedarf war offensichtlich enorm, über 900 Besucher strömten schon in den ersten Monaten in den schlichten Neubau. Das damals noch revolu­tio­näre Konzept des „Hauses der offe­­nen Tür“ bedeutet, dass Jugendliche aller Bevölkerungsschichten an­ge­sprochen werden sollen. So weiß die „Chronik der Darmstädter kirchlichen Ereignisse“ über „Film­abende, medizinische Vorträge über gesunde Lebensführung, Quiz­abende mit dem Akzent bildenden Charakters, kabarettistische Veranstaltungen und auch Tanzabende“ in den ersten Jahren zu berichten. Auch schon im Angebot war Tischtennis, weitere noch heute beliebte Klassiker der offenen Jugendarbeit wie Billard, Tischfußball und Dart kamen später hinzu. Heutzutage wird außer­dem im Internet gesurft und auf Spielkonsolen gezockt.

Die von außen nicht zu vermutenden 750 Quadratmeter Innenfläche und die vielen verschiedenen Räume wurden von jeder Generation neu entdeckt und unterschiedlich genutzt. In einem Proberaum üben Bands, die später im „Y“, dem größten Raum, ihren ersten Auftritt haben. Die Größe dieses Saales soll übermütigen Mofarockern vor über dreißig Jahren als Testgelände für ihre motorisierten Zweiräder gedient haben, heute wird hier an Schultagen Mittag gegessen.

Dieses Angebot, das zusammen mit dem Villa e.V. organisiert wird, ist nur ein Teil der umfangreichen Betreuung, die vom Stadtjugendpfarramt geleistet wird. Neben der Vielfalt der offenen Jugend­­­­­­arbeit finden auch mehrmals im Jahr Teenie-Discos und Konzerte im Partyraum „Kiseria“ statt. Unabhängig vom jeweiligen Zeitgeist war die Musik nämlich immer wichtig. Das findet sich so auch im Jubiläumsprogramm wieder. Neben Generationenpartys, auf denen zeittypische Musik gespielt wird, finden auch Konzerte statt. Auch die heute professionellen DJs Timon und Kemal probierten sich im Discoraum der Huette erstmals als Plattenaufleger aus. Im Mai auf einer Feier für die „Salami-Käse-Toast-Generation“ gab’s ein Revival.

Nicht nur musi­kalisch oder sport­lich können sich die Gäste betätigen. So gab es in der Huette bereits einen Literaturclub, eine Holzwerkstatt und ein Foto­labor. Wehrdienstverweigerer wurden bei ihrem damals noch aufwendigen Verfahren beratend unterstützt. Einen kleinen Einblick in die Geschichte des Hauses bietet ein Gästebuch. Ein ehemaliger Stammgast der Huette berichtet: „Ich habe meine Frau das erste Mal hier lachen gesehen. Und heute sind wir 32 Jahre verheiratet, haben vier Kinder und hier in den letzten Jahren viele Partys mit der Jugend gefeiert!“ Die Fotos in dem langen Gang zwischen Café und Kegelbahn lassen erkennen, wie viel Spaß die Ferienfreizeiten schon damals gemacht haben.

Obwohl sich das aktuelle Team um Eltje Reiners, Jens Breitwieser und Katja Kürner derzeit fast täglich mit dem großen Jubiläum beschäftigt – ein offenes Ohr und die schnelle Hilfe werden oft gebraucht: Stefan, der sonst gerne kickert und Billard spielt, verweist stolz darauf, dass er durch die pädagogische Unter­stützung der Huette seine Mathenote von 5 auf 3 verbessern konnte. Für eine Deutscharbeit gab es auch nach Ende der Öffnungszeit noch spontan eine individuelle Nachhilfe – am Vorabend der Klausur. Diese Atmosphäre macht für Stadt­jugend­referentin Edeltraud Böhm den Charakter des Hauses aus. „Der faire Umgang miteinander, die gute Teamarbeit, dass es immer noch abwechslungsreich ist“, sind für sie gute Gründe, auch nach 28 Jahren gerne in der Huette zu arbeiten.

Erster Höhepunkt des Jubiläums ist die offizielle 50-Jahr-Feier am Samstag, dem 14. Juni 2008. Dann werden wichtige Persönlich­keiten wichtige Reden halten – und alte Bekanntschaften wieder auf­­­­ge­frischt. So wandlungsfähig und gleichzeitig konstant dieses Jugend­­­­­­haus war und ist, ist davon auszugehen, dass auch die nächsten 50 Jahre amtlich begrüßt werden können.

Etwas ungenutzt schlummert derzeit der Meditationsraum der Huette vor sich hin. Nach diesem Feier-Jahr wird aber sicherlich auch der wiederentdeckt werden.

www.huette-darmstadt.de