Foto: Werkhof Darmstadt e. V.

Mit 32 drückt die praktisch frisch gebackene Auszubildende wieder die Schulbank und absolviert ihre einjährige Ausbildung zur Altenpflegerin. Um in nicht allzu ferner Zukunft ihren Traumjob im Krankenhaus zu erlangen: „Mein größter Wunsch ist es, als Krankenschwester zu arbeiten. Unter der Supervision der BAFF Frauen Kooperation Darmstadt schreibe ich schon meine Bewerbung für eine weitere, dreijährige Ausbildung zur Pflegekraft, damit ich sie schon im nächsten Jahr anfangen könnte“, verkündet die zielstrebige Interviewte, die nicht namentlich genannt werden möchte. Denn erst so spät (noch mal) ins Berufsleben zu starten, wird von nicht wenigen Mitmenschen kritisch betrachtet. Dabei sollte es doch nie zu spät sein. Wenn auch Du über 25 Jahre jung bist, in Darmstadt wohnst und nach Ausbildungsmöglichkeiten suchst, erfährst Du hier, wie die Stadt lebenserfahrene Bewerber:innen unterstützt und welche Anlaufstellen es gibt.

Die Gründe für eine späte Ausbildung sind vielfältig: Sei es Krankheit, frühe Familiengründung, aber auch, wenn man zum Beispiel erst im falschen Beruf gelandet ist oder sich darin gefangen fühlt und berufliche Ziele neu für sich definieren möchte. So wie bei Sandra Bottelberger (32), die mit 26 Jahren nach einem siebenjährigen Lehramtsstudium einen neuen Weg als Chemielaborantin bei Evonik eingeschlagen hat: „Ich habe mir irgendwann immer mehr die Frage gestellt, was ich mir eigentlich für ein Leben wünsche. Und da war die Antwort ganz klar: ein zufriedenes, ohne morgens mit Bauchschmerzen auf die Arbeit gehen zu müssen. Das war eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich bis dahin treffen musste. Eines Tages, von eben auf jetzt, schoss mir schließlich durch den Kopf, dass ich noch mal von Null anfangen, auf mein Bauchgefühl hören werde.“ Und das habe dann eben gesagt: Sandra, Du gehörst ins Labor! „Der sicherste Weg dahin ist nun einmal eine Berufsausbildung, sieben Jahre Studium hin oder her. Was sind sieben Jahre gegen den Rest des Berufslebens?“ Sandras Wunschberuf war nicht weit: Bewerbung verschickt, Zusage bekommen, zack, zack Ausbildung abgeschlossen – „und der Mensch ist super happy“. Doch nicht jede:r ist sich so sicher in Sachen Ausbildungsplatzsuche und damit verbundenen Herausforderungen wie etwa Bewerbungsschreiben, Rechte und Pflichten in der Ausbildung – oder auch der Sprache.

Foto: Werkhof Darmstadt e. V.

Statt mit Bauchschmerzen super happy zur Arbeit

Mittlerweile bietet Darmstadt viel Unterstützung für die, die Interesse an einer Ausbildung, Qualifizierung oder einem Arbeitsverhältnis haben, es gibt zahlreiche Projekte, die ineinander übergehen: „Das war früher mal anders: Alle zwei Jahre mit Projektende war das Projekt beendet, die Träger aus dem Stadtteil verschwunden, das Angebot weg und die Leute wurden wieder alleine gelassen. Heute macht die Stadt sehr kompetente Arbeit”, meint Oliver Heuser, pädagogischer Mitarbeiter des Werkhof Darmstadt e. V. Eines der großen Projekte der Wissenschaftsstadt Darmstadt heißt „Perspektiven wecken – Chancen entdecken 2023/2024“. Das Projekt wird gefördert von der Europäischen Union, aus Mitteln des Landes Hessen und der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Hier netzwerken BAFF Frauen Kooperation, Werkhof, Jobcenter und Arbeitsagentur Darmstadt miteinander. Das aus dem Schutzschirmprogramm „Zukunft sichern – Ausbildung ab 25” heraus gewachsene Projekt unterstützt nicht nur Ausbildungsplatzsuchende, sondern auch Arbeitgeber:innen beziehungsweise klein- und mittelständische Unternehmen bei der Suche nach lebenserfahrenen Azubis. Ein Ziel ist, Arbeitgeber:innen dabei zu helfen, engagierten Fachkräftenachwuchs zu gewinnen. Beiden Seiten zuliebe: „Die Bereitschaft der Arbeitgeber aus den geplanten Pfaden rauszugehen, ist auch nicht immer groß. Da werden wir in den nächsten zwei Jahren verstärkt die Betriebe darauf aufmerksam machen, wo ihre Notwendigkeit der Veränderung einsetzen muss, um Auszubildende zu rekrutieren, die durchaus auch da sind“, erklärt Reinhard Bartmann vom Bildungsträger Werkhof, einem Verein zur Förderung der Beruflichen Bildung und Beschäftigung. „Wir versuchen, gemeinsam mit den Betrieben Instrumente zu entwickeln, wie sie sich besser präsentieren können und wie Ausbildungsplatzsuchende und die kleinen Betriebe besser zusammenkommen können“, ergänzt Oliver Heuser.

Foto: Werkhof Darmstadt e. V.

Zukunft sichern – mit einer Ausbildung ab 25

Besonders gefördert durch das Projekt sind junge Erwachsene ab 25 Jahren, die noch keinen qualifizierten Abschluss haben, aber jede:r Interessierte ist willkommen: „Das Angebot wird schwerpunktmäßig durch Ausländer genutzt, aber es gibt auch genügend Deutsche, die das Interesse haben oder die man motivieren möchte, sich weiterzuentwickeln oder nicht von Hilfsjob zu Hilfstätigkeit zu hüpfen, sondern eine Qualifikation anzugehen“, so Bartmann, der im Projekt als Sozialpädagoge wirkt.

Im Rahmen des Projekts werden neben kompetenter Beratung, Begleitung und Vermittlung auch Veranstaltungen, Workshops und die Förderung von digitalen Kompetenzen und Sprache angeboten. Im Februar findet das „2. Meet & Greet Azubis“ statt, eine Infoveranstaltung, bei der Auszubildende über ihren Ausbildungsberuf berichten und Fragen beantworten. Die Veranstaltung liefert Euch auch einen Überblick über kostenlose Sprachangebote in Darmstadt, über (Teilzeit-)Ausbildung mit Kind und allgemein darüber, welche Chancen und Möglichkeiten es in Darmstadt gibt, eine Ausbildung oder Qualifizierung mit Ü25 zu absolvieren. Also: Check it out!

 

2. Meet & Greet Azubis

Justus-Liebig-Haus

Do, 09.02., 14 bis 16.30 Uhr

Eintritt frei!

 

Persönliche Kontakte:

Reinhard Bartmann, reinhard-bartmann@werkhof-darmstadt.de

Oliver Heuser, oliver-heuser@werkhof-darmstadt.de

Rebecca Braumbach, r.braumbach@baff-darmstadt.de

Karla Ayllon, k.ayllon@baff-darmstadt.de

 

Info zum Thema „kostenfreie und offen zugängliche Sprachkurse“: Die Broschüre „Deutsch lernen in Darmstadt“ findet Ihr als PDF online unter deutsch-in-darmstadt.de/broschuere