Foto: Aileen Barz

Vom Chaos in die tiefe Freiheit: Über Suche, Schein und Sein einer Exil-Darmstädterin in Pandemie-Zeiten. Wie es begann …

September 2019. Da saßen wir: In einer Dachgeschosswohnung im Herzen Frankfurts a. M. an unserem Esstisch und fragten uns: „Was können wir tun, um uns persönlich intensiver weiterzuentwickeln?“. Denn wir wollten etwas Anderes. Etwas Neues. Etwas Bereicherndes für unser Leben. Wir wollten es jetzt und nicht übermorgen. Mit der aktuellen Lebenssituation waren wir ziemlich unglücklich. Aus beruflichen Gründen sind wir aus Darmstadt weggezogen und kamen nie wirklich in Frankfurt an. Jetzt im Nachhinein sehe ich: Frankfurt hat unser Abnabeln vorbereitet.

Wir liebten das Reisen schon lange. Wir wussten um die Bereicherung, die es für uns haben kann. Gleichzeitig hatten wir nichts zu verlieren. Uns lag nichts an Wohnung, Habseligkeiten oder Jobs. Das Einzige, woran wir hingen, haben wir bereits verlassen: Darmstadt. Und dann am besagten Tag am Esstisch kam mir der Impuls: Lass‘ uns in einen Bus ziehen und die Welt bereisen – und damit uns. Langzeitreisen für die persönliche Weiterentwicklung – die Idee hat uns angefixt. Ein paar Tage später besiegelten wir gemeinsam mit tanzenden Runden um den Esstisch unser Vorhaben.

Unser Start ins Vanlife

April 2021. Ganze 1 1/2 Jahre dauerte die Vorbereitung. Die Fahrzeugsuche war nicht leicht. Ein fertiges Wohnmobil kam für uns nicht infrage. Der Selbstausbau im Winter kostete uns einige Frostbeulen und Nerven. Die Wohnung durfte aufgelöst und unsere Habseligkeiten verkauft oder verschenkt werden. Der Wandel von Festanstellung zu Freelance musste vollzogen werden. Schließlich wollten wir von unterwegs Geld verdienen und nicht ständig auf das Sparschwein hämmern. Wir wollten kein Gap Year. Keine Auszeit. Wir wollten einen neuen Lebensstil – ohne Limit und mit maximaler Freiheit. Warum? Wir wollten uns lösen von jeglichen Schranken und schauen, was dann übrig bleibt. Platz schaffen – für das, was dann hervortritt. In jedem von uns als Individuum und für uns als Paar. Und ja, wir wollten auch negativ behaftete Themen auflösen.

Tag 1. Die Sonne blinzelte durch unsere Busfenster. Wir sprangen aus dem Bett und machten unsere ersten Schritte am Ufer des Bodensees. Hier sollte also der Startpunkt unserer Reise sein. Wir waren erleichtert, glücklich – aber auch erschöpft. Die letzten Wochen haben wir noch nicht verarbeiten können. Der Start selbst war so beladen mit Erwartungen, Wünschen und Hoffnung. Denn da war ja dieses Vorhaben: Uns persönlich weiterzuentwickeln. Und irgendwo auch, uns selbst zu finden. Es kam anders als gedacht!

Foto: Aileen Barz

Zu Beginn: Chaos und Druck statt Freiheit und Entspannung

Vanlife = Chill-Life? Denkste! Anfangs war das Vanlife alles andere als entspannt und frei für uns. Es war eine große Umstellung, dauerhaft in einem Bus zu wohnen. Wir mussten uns an den limitierten Platz gewöhnen: zwei Menschen auf sechs Quadratmetern. An die kalte Außendusche. Die intensiven und ungewohnten Geräusche um uns. Die ständige Suche nach Stellplatz, Route, Versorgung, Wasser – und Wetter. Denn im Bus bist du dem Wetter extrem ausgesetzt. Da kann eine Woche Dauerregen die größte Herausforderung werden. Viele Dinge, die sonst im Alltag selbstverständlich und fix erledigt waren, bekamen nun viel mehr Aufmerksamkeit und Zeit als zuvor. Das war eine lebendige und erdende Sache, aber auch chaotisch. Es hat mehrere Wochen gedauert, bis wir uns eingefunden haben.

Chaotisch war zu Beginn auch mein Gefühlsleben. Es war wie eine Achterbahn. Eine richtig holprige Holzachterbahn mit extremen Hochs und Tiefs. In einem Moment Ruhe in der wunderschönen Natur. Im nächsten Moment laute Gedanken. Denn meine Wünsche, Hoffnungen, Erwartungen und auch Probleme reisten mit – auf noch engerem Raum als je zuvor. Diese Gedanken, dass sich jetzt alles weiterentwickeln solle. Dass sich nun alles bearbeiten und auflösen ließe. Dabei passierte in mir vor allem eines: Druck.

 

 
 
 
 
 
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Die ersten sechs Monate im Bus und die Flucht vor dem Winter

Nach ein paar Wochen „Probe-Vanlife“ in Deutschland, überquerten wir im Juni 2021 die Landesgrenze zu den Niederlanden und fuhren fortan die europäische Westküste entlang Richtung Süden. Wir lebten in atemberaubender Natur: an steilen Klippen in Nordspanien, auf hohen Gipfeln in den Pyrenäen, an wunderschönen Stränden, unter dem Sternenhimmel und auf verlassenen Inseln (unsere bisher größten Highlights). Wir machten das, was wohl viele Vanlifer zu Beginn tun: Viel fahren, viel anschauen, viel reisen – aber wenig sein.

Doch „in der Ruhe liegt die Kraft“. An diesem Sprichwort ist tatsächlich etwas dran, vor allem wenn einem so wenig Konstante, so wenig Rhythmus und so wenig Gewohntes wie im Vanlife umgibt. Die Freiheit begann nicht mit dem Start in das Vanlife, sondern dann, als wir begannen, uns von vielen Erwartungen frei zu machen. Dass wir keine Sorge haben müssen, auf der Durchreise etwas „zu verpassen“. Wir lernten, dass wir nach Gefühl reisen – und leben – dürfen. Dass uns keine Sehenswürdigkeit, Aktivität oder Vorhaben etwas bringt, wenn wir uns an diesem Tag nicht danach fühlen. Auch nicht, wenn das Wetter gut ist. Und auch nicht, wenn es doch so geplant war.

Doch an einen Plan hielten wir fest: Den Winter im Süden Europas verbringen. Wir wussten nur noch nicht, wie weit südlich wir wirklich fahren würden. Im November 2021 spürten wir bereits die ersten Minusgrade in Nordspanien. In Kombination mit Regen und wenig Sonnenstunden kippte unsere Stimmung schneller als gedacht. Aus dieser negativen Stimmung heraus dann aber eine positive Veränderung anzustreben, war für uns (wieder) ein großer Lerneffekt: Wir können alles verändern, wenn wir es wollen. Wir sind flexibel und ungebunden – und buchten eine Fähre nach Teneriffa in vier Wochen. Damit war unser Winterdomizil gesetzt – allerdings auch unsere Route und das Timing für Portugal.

Foto: Aileen Barz

Wie eine Überfahrt alles veränderte

Während wir also spürten, dass wir eigentlich mehr sein und weniger planen wollten, lagen noch vier Wochen mit genau diesem Anspruch vor uns. Schließlich wollten wir ja Portugal nicht einfach so „links liegen lassen“. Wäre unsere Reise ein Film, dann wären diese vier Wochen die Klimax gewesen: Das dramatische Steigern hin zum Höhepunkt. Zur Auflösung.

Es waren vier schwermütige und gefühlsintensive Wochen für mich. Jetzt weiß ich, dass ich genau diese Gefühle zu diesem Zeitpunkt so intensiv spüren sollte – um ihnen später auf der Insel anders begegnen zu können. Schließlich wollen alle Gefühle gehört werden – es ist dann eine Frage, was man daraus macht.

Die Auflösung läutete bereits mit der Fährfahrt ein. Wo sonst Erwartungen und Gedanken in mir schnell verhärteten, lösten sich viele verkrampfte Blockaden schon während der Überfahrt – wie von selbst. 40 Stunden auf dem Ozean und ein einsetzendes Gefühl von Leichtigkeit, Freiheit und Gelassenheit.

Die große Erkenntnis auf der Insel

Dieses Gefühl begleitet mich noch heute. Seit drei Monaten sind wir auf den Kanaren. Ich nenne es liebevoll „die Inselmagie“. In der Zeit begriff ich eine wichtige Sache: Es gibt nichts zu „erreichen“. Je mehr ich versuchte, etwas – und teilweise verbissen – zu erzielen, je mehr trieb es mich weg von mir selbst. Es war die Ruhe, mit der ich begann loszulassen. Diese Erwartungen und Wünsche. Erst das Loslassen eröffnete mir den Weg in die tiefe, persönliche Weiterentwicklung. In das Erfahren. Das Leben mit all seinen Facetten zu akzeptieren. Dass jedes Hoch und jedes Tief dazugehören. Dass persönliche Weiterentwicklung bedeutet, Akzeptanz und Annahme – und vor allem Vertrauen – zu lernen. Dass kein Ratgeber, kein Buch und kein Guru mich wirklich kennt. Dass mein Verstand mir nicht dabei hilft zu sein. Freiheit? Die begann für mich genau hier!

Der Bus als Transformationsbeschleuniger

Das Vanlife half mir dabei, Freiheit mehrdimensional zu verstehen. Sich vom Materiellen zu lösen, fiel uns sehr leicht. Außerdem hilft es uns, uns abzugrenzen und unser Leben nach unseren Vorstellungen zu kreieren und zu festigen. Und dann ist da noch diese tiefe Freiheit im Inneren. Das Leben im Bus hat unsere Transformation dahin definitiv beschleunigt. Das Reisen unterstützt unsere Entwicklung sehr, fordert aber auch unsere Balance heraus und überschallt manchmal das Innen. Dann liegt es an uns, wieder zurück in die Verbindung zu kommen. Das können wir vor allem durch die Zeit in und mit der Natur.

März 2022. Stand jetzt würde ich sagen, wir leben unser Vorhaben der persönlichen Entwicklung – aber eben anders als gedacht. Persönliche Weiterentwicklung ist für mich nicht das, was in Büchern steht. Es ist das, was passiert, während wir beginnen loszulassen. Uns Raum geben. Statt uns noch mehr aufzuladen, sich zu fragen: „Was können wir wegnehmen? Wo können wir uns Raum für Entfaltung schaffen? Wovon können wir uns lösen?“

 

 
 
 
 
 
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Mit Vergebung und Ent-Wicklung geht es weiter.

Bis hierhin war es ein Prozess von neun Monaten. Und wir sind weiter mittendrin – und haben so richtig Lust drauf. Ich habe das Gefühl, dass unsere Reise jetzt erst so richtig Fahrt aufnimmt. Wir uns ent-wickeln. Raus aus dem Kopf, den Glaubenssätzen, Mustern und Erwartungen. Rein in das Fühlen, Sein und Genießen. Mit Ruhe, Akzeptanz und Selbstfürsorge. Hin zu den Wurzeln, in die Vergebung, in die (Selbst-)Liebe. Und mit dieser Kraft, aber mit Demut und Ruhe, rein in die tiefen Themen, die wir zu Beginn so sehr forcieren wollten.

Ich lade Dich ein auf meine Reise – kommst Du mit?

Meine Reise wird von Monat zu Monat tiefer und spiritueller. Ein Ende unseres Lebens im Bus ist bisher nicht in Sicht. Wir möchten im Sommer 2022 Skandinavien bereisen. Wenn Du willst, nehme ich Dich mit. Ich teile meine Reise, Erlebnisse und Erfahrungen auf Instagram und starte gerade ein Online-Magazin, dem ich mich und meinen Erfahrungen tiefer widmen möchte. Denn jeder Ort macht etwas mit mir. Es gibt so viel (wieder) zu entdecken und zu erfahren – und ich bin endlich bereit dafür. Vielleicht bist Du es auch?

 

A journey with Aileen

Mehr Infos zum Online-Magazin: aileenbarz.de/magazin

Aileens Reise auf Instagram, festgehalten in beeindruckenden Bildern: instagram.com/a.journey.with.aileen