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Ordnung ist das halbe Leben: die Zutaten | Foto: Jan Ehlers

Draußen stürmt’s und schneit’s – zumindest in der Theorie. In der Praxis allerdings sehnt man sich um diese Jahreszeit so oder so nach der urigen Wärme großmütterlicher Küchentische und deswegen gibt’s für Euch heute köstliches Oldschool-Essen alla Omma: Krautwickel mit Kadoffelle!

Iss was! – Krautwickel
Dauert so lang wie: Ommas Geschichten übern Krieg
Sieht aus wie: Gammlig getragene Tennissocken mit Füllung
Am besten mit: Kadoffelle
Nebenwirkungen: Darmwind
Kostet so viel wie: Drei Paar neue Socken

Zutaen für 4 Personen
1 Weißkohl
500 g Hackfleisch
2 Zwiebeln
1 Zehe Knoblauch
1 TL Tomatenmark
1 TL Senf
1 Brötchen/Toastbrot
1 Ei
300 ml Brühe
Salz, Pfeffer, Muskat, Paprika, Kümmel
1 halber Bund Petersilie
Majoran

Wir nehmen uns heute einen Albtraum meiner Jugend vor: Krautwickel – schon das Wort hat mir damals den Tag versaut. Nur übertroffen durch „Rosenkohl“. Der Krautwickel stand früher des Öfteren bei uns zu Hause auf dem Speisezettel und er war eines dieser Gerichte, denen ich sogar eine herkömmliche Scheibe Käse ohne Butter auf trockenem Knörrnsche vorzog. Doch mit dem Alter kommt die Reife … Naja, wahrscheinlich stumpft einfach der Geschmackssinn ab und plötzlich erfreut man sich komischer Sachen wie Oliven, Kapern und eben auch Krautwickel.

Andersrum funktioniert’s aber genauso: Manch urige Leckerei aus Kindheitstagen schmeckt heute einfach nur noch babbsüß und ekelhaft künstlich, so dass ich mich wundere, warum ich damals weinend vor der Kasse auf dem Boden lag, um Mama meinen ganzen Weltschmerz ungefiltert vor Augen zu führen.

Da wären zum Beispiel diese alten formschönen Trinkfläschchen, gänzlich bestehend aus rotem Vollplastik mit Drehflügel-Einwegverschluss. Die gab’s letztens seit gefühlten 30 Jahren wieder im Supermarktregal mit der Aufschrift „Nur für kurze Zeit“. Damit hat man mich eigentlich immer. Die ständige Angst, im gehobenen Alter wie ein Depp dazustehen, weil man weltbewegende Produkte wie „Knoppers Erdbeere“ verpasst hat und nicht mitreden kann, jagt mir ein Schaudern über den Rücken. Genau wie der Geschmack des besagten Getränks übrigens: Schmeckt zum Kotzen! Davon liegen hier jetzt seit Wochen drei Flaschen sinnlos in der Ecke rum. Vielleicht schmeckt’s ja unserm Fotografen.

Krautwickel feier ich mittlerweile übrigens total ab und hab mir fest vorgenommen, meinen Nachwuchs damit so lange zu verwöhnen, bis wir keine Brot-Endstücke und alten Käse mehr im Haus haben.

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Zwiebeln hacken | Foto: Jan Ehlers
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Brötchen tunken | Foto: Jan Ehlers

Und los geht’s! Vor Euch sollte ein wunderschöner Kohlkopf liegen, den Ihr komplett in kochendem Salzwasser für eine Minute blanchiert. Danach gleich in kaltes Wasser tunken und etwa zwölf schöne große Blätter abzuppeln. Anschließend schneidet Ihr den dicken Strunk aus den Blättern und tupft sie trocken.

Nun geht’s an die Füllung: Ihr tunkt ein Brötchen oder eine Scheibe Toast in Milch und drückt dieses so gut es geht aus. Alternativ könnt Ihr auch Semmelbrösel nehmen … oder das Ganze komplett weglassen. Meine Omma hat’s allerdings so gemacht – und dann mach ich des auch so! Egal, weiter geht’s.

Nun Hackfleisch, eine Zwiebel, Knoblauch, Ei, Senf, Petersilie und Brotgedöns in einer Schüssel vermengen und mit Salz, Pfeffer, Paprika und Majoran abschmecken. Wer sich davor ekelt dies roh zu tun, kann sich ein winziges Frikadellchen in der Pfanne anbraten und testen.

Jetzt wird’s handwerklich: Ihr legt zwei bis drei Kohlblätter so aneinander, dass sich diese überlappen. Darauf platziert Ihr dann unsere Mischung in gewünschter Menge. Das Ganze rollt Ihr dann einmal ein, schlagt die Ränder ein und rollt zu Ende weiter. Wenn das erledigt ist, haltet Ihr das gute Stück mit einer Rouladenklammer zusammen oder wickelt alles oldschool mit Nähgarn zusammen.

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BUUUUUH! Kohlabschrecken | Foto: Jan Ehlers
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Gewickelte Pfanne | Foto: Jan Ehlers

Die Wickel bratet Ihr anschließend in einer tiefen Pfanne oder im Bräter mit Butterschmalz rundherum an und gebt die gewürfelten Zwiebeln und den Kümmel dazu. Wenn die Wickel beidseitig leicht braun sind, nehmt Ihr sie kurz aus der Pfanne und röstet die Zwiebeln weiter mit Tomatenmark an. Im Anschluss löscht Ihr mit Brühe oder Bratenfond ab und gebt die Wickel wieder mit in die Pfanne. Dann: Deckel druff und alles gut 30 Minuten köcheln lassen. Zwischendurch immer mal wieder wenden. Die Sauce könnt Ihr gegebenenfalls noch etwas einkochen und mit Salz, Pfeffer und/oder Paprika, Muskat und Majoran abschmecken.

Ausgewickelt … und ab dafür. Guuuden Abbo!

fertig
Und fertig! | Foto: Jan Ehlers