Spätestens seit der Katastrophe von Fukushima steht fest: In Deutschland haben Kernkraftwerke keine Zukunft. Alternative Formen der Energiegewinnung müssen her – und zwar schnell. Marko Müller ist vorbereitet. Der ehemalige Industrie-Design-Student der Hochschule Darmstadt (h_da) steht in den Startlöchern, um seinen Teil beizusteuern. Sein Konzept „Wolt“, mit dem er auf neue Weise Windenergie an Weinbergen nutzbar machen will, hat in den vergangenen Monaten mehrere Preise gewonnen. Doch das soll erst der Anfang sein…
Bereits ein kurzer Blick auf Marko Müllers Homepage lässt eine Geistesverwandtschaft mit Daniel Düsentrieb erahnen. In seinem Portfolio finden sich ausgefallene technische Ideen. Unter anderem gibt es dort einen äußerst kompakten und formschönen Rasierer für Jugendliche zu bestaunen. Genauer gesagt handelt es sich lediglich um einen Trimmer, der jedoch den bescheidenen Ansprüchen von so manchem heranwachsenden – und bartlosen – Jüngling vollends genügen dürfte. Außerdem wird ein spinnenähnlicher Roboter zum Löschen brennender Flächen vorgestellt, der mit zwei Wasserkanonen ausgestattet ist und fliegen kann. Auf die Frage, ob er sich mit der Bezeichnung „Erfinder“ anfreunden könne, antwortet Müller dann auch offenherzig: „Als Kind war es wirklich mein Traum, Erfinder zu werden. Ich hab’ schon immer gern getüftelt.“
Auch „Wolt“ ist Teil von Müllers Portfolio – diejenige Erfindung, welche ihn derzeit am meisten beschäftigt. „Wolt“ war Müllers Diplom-Projekt an der h_da. Das war bereits 2010. Mittlerweile ist der 27-Jährige freiberuflich als Designer tätig und hat sein Konzept auf zahlreichen Messen in Deutschland und im Ausland präsentiert – zuletzt vor einigen Wochen in Hongkong. Dabei habe er mit seiner Idee ursprünglich gar keine weiterführenden Pläne verfolgt, so Müller, doch im Laufe der Zeit hätten immer mehr Leute ihr Interesse bekundet. Irgendwann habe er sich dann dazu entschlossen, die Sache wieder aufzugreifen und konkretere Überlegungen anzustellen.
„Wolt“ basiert auf der sogenannten Windbelt-Technologie (zu Deutsch: Windband): Hierbei werden Bänder mittels Windenergie zum Schwingen gebracht, wodurch wiederum Strom erzeugt wird. Diese Technologie ermöglicht es beispielsweise, Balkon- oder Terrassengeländer nicht nur im herkömmlichen Sinne, sondern auch als Mikroenergie-Systeme zu nutzen.
Mit seinem Konzept verfolgt Müller eigene Ansätze. Dabei gibt es einen direkten Bezug zu seiner alten Heimat. Müller ist in Trier aufgewachsen. In der umliegenden Region wird jede Menge Wein angebaut. Dem damaligen Design-Studenten schien es daher nahe liegend, sich im Rahmen seines Diploms mit Möglichkeiten der Energiegewinnung in Weinbergen zu beschäftigen. Sowohl Sonnenlicht als auch Wind sind dort reichlich vorhanden. Der Platz hingegen ist äußerst knapp bemessen. „Wolt“ löst dieses Problem. Mit den Pfosten und Drähten sei die passende Infrastruktur bereits vorhanden, erläutert Müller. „Es ist also eine Doppelnutzung möglich, ohne dass dabei Platz vergeudet wird.“ Der erzeugte Strom könne dann beispielsweise für den Betrieb von Wasserpumpen am Weinberg genutzt werden. Bei größeren Mengen sei auch eine Einspeisung in das Stromnetz denkbar.
Bis dahin wird es allerdings noch ein bisschen dauern. Momentan ist Marko Müller auf der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern, die er vor allem für die technische Umsetzung benötigt. Auf den Messen werde er dagegen bereits heute von Besuchern gefragt, wo sie das fertige Produkt kaufen könnten. Zugleich seien ihm dort aber auch Leute begegnet, die seinen „Wolt“-Prototypen für einen Scheibenwischer hielten, erzählt Müller amüsiert. Er hofft, dass das Interesse noch eine Weile anhält.