Herzlich willkommen in Darmstadt! Die (nahezu) einzige deutsche Großstadt ohne größeres fließendes Gewässer (über den Woog sprechen wir noch) hat entgegen einiger böser Behauptungen so einiges zu bieten. Die Ureinwohner namens Heiner fühlen sich zumeist sehr wohl in ihrer Heimat. In der „Wissenschaftsstadt“, „Stadt der Künste“ oder seit neuestem der „Digitalstadt“ gibt es viel zu entdecken.
Wenn ich Besuch bekomme oder selbst mal wieder die schönsten Ecken in Darmstadt sehen möchte, dann mache ich meist die folgende Tour: Vom Herrngarten, dem großflächigen Innenstadtpark, geht es zur Technischen Universität mit inzwischen vorzeigbarem Innenstadtcampus und dem neu eröffneten studentischen 221qm Café. Auf die Eröffnung des Clubs im Keller des 806qm warten wir (langsam dann doch) ungeduldig. Gegenüber liegt das umstrittene Architekturwunder Darmstadtium. Der Platz oberhalb des Kongresszentrums trägt seit September den Namen Hiroshima-Nagasaki-Platz, eine schöne Geste der Verbundenheit und Anteilnahme. Folgt Ihr von dort der Erich-Ollenhauer-Promenade, landet Ihr nach ein paar Höhenmetern auf der schönen Mathildenhöhe. Die berühmte Jugendstil-Künstlerkolonie soll Weltkulturerbe werden. Der große Ausstellungsraum wird momentan saniert, daher werden aktuell nur kleinere Ausstellungen gezeigt. Ein Abstecher auf den Fünffingerturm (für Studenten nur 2 € Eintritt) lohnt sich, um die Stadt – und bei Sonnenschein auch die weitere Umgebung – von oben zu bestaunen. Abends lässt sich auf der Mathildenhöhe wunderbar der Sonnenuntergang mit Bier und Pizza genießen. Die Russische Kapelle spiegelt die letzten Sonnenstrahlen des Tages in ihren goldenen, zwiebelförmigen Kuppeln. Nicht weit entfernt, im Prinz-Christians-Weg, gibt es einen ganz besonderen Garten: Im öffentlich zugänglichen Vortex-Garten (die Villa ist privat bewohnt) entdecke auch ich bei jedem Besuch noch etwas Neues. Die verwunschene Anlage ist ein ganz besonderer Ort der Entspannung.
Wer früh am Tag auf der Mathildenhöhe gelandet ist und noch ein bisschen weiter wandern möchte, kann sich auf die Rosenhöhe begeben. Romantisch gelegen, findet Ihr dort ein altes Teehäuschen und den namensgebenden wunderschönen Rosengarten. Ich genieße an warmen Sommertagen gern den kühlen Schatten und die Ruhe unter den großen Tannen am Mausoleum der großherzoglichen Familie. Von dort gelangt man schnell zum Oberfeld, wo man auf dem Hofgut Oberfeld auch einfach nur einen Kaffee trinken kann. Der letzte Bauernhof der Stadt bietet darüber hinaus echtes Landleben und lockt auch immer wieder mit kulturellen Veranstaltungen. Von der Innenstadt aus führt meine liebste Joggingrunde übers Oberfeld, auf dem auch Hundebesitzer gerne spazieren gehen.
Wenn Ihr von der Mathildenhöhe aus lieber wieder direkt Richtung Stadt schlendern möchtet, solltet Ihr unbedingt noch einen kurzen Schlenker am Woog entlang machen. Im Sommer könnt Ihr Euch im Badesee mitten in der Stadt abkühlen. Weiter geht’s, vorbei am Jugendstilbad (an kalten Wintertagen empfehle ich besonders den Spa- und Sauna-Bereich) zum Café Chaos, einer Institution in Darmstadt (nicht nur wegen des ganztägig angebotenen Frühstücks). Wir laufen weiter vorbei an einem kleinen Stück erhaltener Stadtmauer mit dem Hinkelsturm, in dem das schnuckelige Altstadtmuseum residiert, und kommen über eine Freiluft-Rolltreppe zur legendären Goldenen Krone: Kneipe, Konzerte, Kicker, Disco und Poetry Slam – in der Krone gibt’s immer einen Anlass zum Feiern. Das denkmalgeschützte, 1656 erbaute Gebäude hat übrigens als einziges in der Innenstadt die Brandnacht von 1944 überstanden.
Das benachbarte Residenzschloss lockt mit neu gestalteter Parkanlage im Schlossgraben sowie dem Schlossgarten, einem schmucken, studentisch betriebenen Biergarten auf der Bastion. Im Schlosshof befindet sich der ebenfalls vom AStA betriebene Schlosskeller. Den solltet Ihr Euch vormerken, da dort das Abend- und Nachtprogramm vor allem für studentisches Publikum attraktiv ist.
Und wo wohnen diese Heiner?
Wohnen lässt es sich in Darmstadt natürlich überall gut, doch besonders beliebt sind Bessungen sowie das Martins- und Johannesviertel. Um eine Wohnung solltet Ihr Euch so früh wie möglich bemühen. In dieser Stadt herrscht schon seit Jahren Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Bessungen wird von den dort Lebenden gerne als eigenes Städtchen beschrieben, entlang der Straßenbahnlinie 3 gibt es kleine Läden und schöne (Ess-)Cafés wie die Linie3, das Godot oder die Essbar. Die Orangerie und der umliegende Park versprühen ein annähernd mediterranes Flair und laden das ganze Jahr über zu einem Spaziergang ein. Hier fühle ich mich immer gleich ein bisschen wie im Urlaub. Das gilt auch für den nahe gelegenen Prinz-Emil-Garten, neuerdings mit Saisongarten.
Im Martinsviertel, auch liebevoll Watzeverdel genannt, findet Ihr allerlei Kneipen, Restaurants und Lädchen. Ideal für einen Samstags-Brunch mit anschließendem Bummel! Mein Lieblingseiscafé, das Bacio, liegt östlich vom Herrngarten. Gegenüber, am Kantplatz, serviert das Café Wellnitz Drinks, Kaffee und Kuchen in einer ehemaligen Buchhandlung. In der angrenzenden Lauteschlägerstraße könnt Ihr Euch durch urige Kneipen trinken und im Hoffart-Theater nicht nur außergewöhnliches Theater, sondern auch Konzerte der „Gute Stube“-Reihe erleben. Oberhalb des Friedrich-Ebert-Platzes gibt es im Grünen Salon allerlei Einrichtungs-Entdeckungen zu erstöbern. Zum kürzeren oder längeren Verweilen laden das Schlossgartencafé sowie weiter nördlich, Richtung Rhönring, das Bellevue ein. Lecker eriträisch futtern kann man abends im Bedouin am Schlossgartenplatz und im Baobab in der Pankratius-/Ecke Wenckstraße. Industrie-Chic, Drinks, modern-regionale Küche und Gemütlichkeit vereint Luise Restaurant & Bar am Taunusplatz.
Bummeln und Futtern
Beim Schlendern durchs Martinsviertel warten kleine Indie-Läden wie die Hutmacherin Schmitthut oder der Vintageladen Lejla’s auf Euren Besuch. Im Zucker, einer Location für Selbstmach-Kultur, gibt es am frühen Abend oft leise Konzerte, Mini-Filmvorführungen und andere kreative Events. Am Riegerplatz, quasi im Herzen des Martinsviertels, findet Ihr unter anderem das Café-Laden-Atelier Aufschnitt, die Kneipeninstitution Pillhuhn und die leckere Gastronomie-Bar 3Klang (der Brunch am Sonntag ist nicht nur mein Favorit – unbedingt reservieren!). Auf dem Platz finden immer wieder Feste, Flohmärkte oder andere Veranstaltungen wie zum Beispiel ein Open-Air-Kino statt.
Auch die Innenstadt lockt, trotz weniger schöner Architektur, mit einigen netten Adressen. Ein guter Kontrast zu den Ketten, die jede europäische Großstadt prägen, ist die Schulstraße. Hier habt sich eine Reihe cooler inhabergeführte Läden angesammelt: ein Optiker, BMX- und Skate-Profis, Männerpflege- und Sneaker-Experten, individuelle Mode sowie charmante Gastronomen, die mit Salaten, Quiche, Burger und Suppen Euren (Mittags-)Hunger stillen. Aus Platzgründen nennen wir keine Namen, einfach hingehen und selbst entdecken!
Einen klassisch-köstlichen italienischen Espresso für einen Euro könnt Ihr im Glaskasten-Café von Giulio Mollo genießen. Der angrenzende Friedensplatz wird gerade ordentlich für seine Bürger herausgeputzt, also endlich saniert.
In der Elisabethenstraße reiht sich ein Café ans nächste: Woodrich, Bruno’s oder Salve, Ihr habt die Wahl. Auch die angrenzende Grafenstraße zeichnet sich seit einigen Jahren durch ihre kulinarische Auswahl aus. Vom Burgerladen über den Deli mit vegan-vegetarischem Fokus, Döner, Italiener bis zum Koreaner – hier findet Ihr alles. Der Magen knurrt und verlangt Hausmannskost? Dann seid Ihr in der traditionsreichen Privatbrauerei Grohe in der Nieder-Ramstädter-Straße bestens aufgehoben. Gleich nebenan könnt Ihr richtig gutes Bier, klasse Wein, tolle Drinks und gutes Essen auch mit urbanem Flair genießen – im Café Hess ist die Karte mindestens so toll wie die geschmackvolle Einrichtung. Mein Highlight dort: die Sitznische, auf die man nur über eine Leiter gelangt: Achtung, nichts verschütten!
Wohin am Abend?
Zusätzlich zu den schon erwähnten Locations hier noch einige Empfehlungen:
Das geschmackvoll eingerichtete Collins bietet an der Bar besten Gin und überraschende wie gute Drinks, am Tisch moderne Küche. Im Sommer auch mit schönem Hinterhof.
Die urbane Trinkhalle Chez am Cityring ist abends eigentlich fast immer rappelvoll und lockt mit wöchentlichen, ausgefallenen Getränkespecials.
Internationale Größen und die lokale Szene stehen in der Galerie Kurzweil am DJ-Pult und feiern mit Euch am Alten Güterbahnhof.
Fast benachbart ist die Boulderhalle in der Landwehrstraße, ein Ort der Kletter-, Café- und Musik-Kultur.
Kult an der Mainzer Straße: Das Weststadtcafé, Biergarten und Club für die warme Jahreszeit an Gleis 378. Müsst Ihr Euch für den Sommer merken!
Quasi auf demselben Gelände residiert der Ponyhof, eine regelmäßige Adresse für House-Musik.
Zurück in die Innenstadt: Konzerte, Partys, Lesungen oder auch Flohmärkte finden nur wenige Meter vom Luisenplatz in der Centralstation statt.
Die Oetinger Villa ist bundesweit bekannter Tour-Stop für Bands aus aller Welt. Ehrenamtlich Aktive bringen Indie, Pop, Punk, HipHop, Metal und sonstige Subkulturen auf die Bühne. Im selben Gebäude ist seit Kurzem auch das Queere Zentrum Darmstadt eingezogen.
Die Bessunger Knabenschule ist Veranstalter von Konzerten und Lesungen und verfügt zusätzlich über zwei Partykeller, die auch für private Feiern gemietet werden können. Jeden zweiten Mittwoch: „Frischzelle“ mit starken Bands bei freiem Eintritt.
Am Wochenende mal nicht feiern?
Ihr mögt es sportlich? Dann auf an die Stadtgrenzen Darmstadts! Hier könnt Ihr beispielsweise den Frankenstein zu Fuß oder auf dem Mountainbike erklimmen. Die Ludwigshöhe am südlichen Ende von Darmstadt bietet einen tollen Ausblick über die Stadt, bei gutem Wetter sogar bis nach Frankfurt. Auch Richtung Rhein oder in den Odenwald lassen sich schöne Touren unternehmen.
Stadtnah könnt Ihr Euch im Kletterwald austoben. Bei schlechtem Wetter geht’s ins Boulderhaus – oder Ihr erklimmt im Kletterzentrum an der Lichtwiese luftige Höhen. Wenn Euch das zu anstrengend ist, dann schaut einfach am „Bölle“ beim SV Darmstadt 98 zu und feuert die Lilien beim Fußballspielen an (2. Bundesliga ist geil!).
Für Naturliebhaber gibt es unweit der Lichtwiese außerdem noch den Botanischen Garten zu erkunden. In direkter Nachbarschaft liegt das Vivarium, Darmstadts Tierpark, der große und kleine Entdecker mit verschiedenen Lebewesen bekannt macht.
Bei Regenwetter lohnt ein Besuch im Hessischen Landesmuseum. Die einzigartigen Dioramen, diese großartigen Schaukästen, bestaune ich dort immer wieder gern.
Auch auf Kunst müsst Ihr in Darmstadt nicht verzichten. Hier gibt es einige Galerien. Zum Beispiel das Kunstforum der TU Darmstadt, das spannende und abwechslungsreiche Ausstellungen im alten Hauptgebäude der Universität zeigt, und die Kunsthalle Darmstadt, die zeitgenössischen Künstlern huldigt.
Extra-Tipps für Studenten
Das Unisport-Zentrum der TU macht Euch mit unzähligen Sportangeboten fit. Einige Kurse sind für Studierende kostenlos oder sehr günstig, einfach informieren und neue Leute kennenlernen.
Als Kulturliebhaber habt Ihr im Staatstheater sogar die Möglichkeit, kostenfreie Tickets für nahezu alle Veranstaltungen zu erhalten. Der Georg-Büchner-Platz vor dem Theater lädt zum abendlichen Chillen ein.
Die überall in der Stadt verstreuten Leihfarräder („DB Bikes“) bieten Mobilität zu jeder Stunde und das ebenfalls kostenfrei für Studenten. Da kann niemand mehr behaupten, er müsse die letzte Bahn erwischen.
Mobilität bietet auch das Semesterticket für das gesamte Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. Tagesausflüge in umliegende Städte wie Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Mainz, Mannheim und Heidelberg sind also ein Muss. Anregungen findet Ihr in unserer Rubrik „Out of Darmstadt“ auf Seite 62.
Tagesaktuelle Veranstaltungen in Darmstadt stehen superübersichtlich auch bei unserem Kooperationspartner auf www.partyamt.de. Gleich mal im Smartphone speichern!
Ansonsten empfehle ich Euch immer neugierig zu sein und fleißig das P Stadtkulturmagazin zu lesen, dann werdet Ihr in Darmstadt nichts mehr verpassen.
Viel Spaß beim Entdecken Eurer neuen Lieblingsorte!