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Illustration: Hans-Jörg Brehm

Viele fleißige kreative Köpfe basteln seit nunmehr sechs Jahren (olé!) jeden Monat neu das P-Magazin für Euch (Ausnahmen: zwei Doppelausgaben im Jahr). Die eine Ausgabe kaum verteilt, ist die nächste schon in der Mache. Ein ewiger Kreislauf! Na, sechs Jahre Ewigkeit halt. Zum Geburtstag schleuse ich mich sozusagen undercover als Praktikantin in die P-Redaktion ein und gebe Euch einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen.

Ein bisschen fühlt man sich ja schon wie bei den Anonymen Alkoholikern, wenn da alle so im Stuhlkreis hocken und sich für die Neuen in der Runde nochmal kurz vorstellen. „Hallo, ich bin die Anne, ich mag das P und interessiere mich eigentlich für alles.“ Im Halbkreis um einen Beamer sitzen wir bei kühlen Getränken, dieses Mal im „Zucker“ und besprechen und verteilen die Themen für die nächste Ausgabe. Im P-Wiki, der Webplattform für den Austausch der vielen freien Mitarbeiter, sammeln sich gefühlte tausend Ideen für potentielle Artikel. Und jeder weiß zu jeder noch was zu sagen – wenn er denn zu Wort kommt beim ausgeprägten Engagement einzelner Experten.

Das P-Magazin ist zwar auch Partyamt-Kalender zum in-die-Tasche-stecken, sein Herzstück aber ist der redaktionelle Teil. Der schafft mit Hintergrundinfos und Interviews zu Darmstädter Kulturthemen erst den richtigen Was-geht-wo-Überblick und bietet dabei Raum zum Mitmachen: Denn auch wenn die Verantwortung tragende Chefredaktion am Ende ihren Segen verteilt, lebt das Magazin davon, dass viele verschiedene Akteure sich und ihre Ideen einbringen – so bunt wie die Heiner’sche Stadtkultur.

Illustration: Hans-Jörg Brehm
Illu: Hans-Jörg Brehm

P-üro-Alltag

An meinem ersten Praktikumstag komme ich also hochmotiviert ins P-Homeoffice. Ein bisschen Stieg-Larrson-geschädigt erwarte ich gefährliche Recherchen im Untergrund und anonyme Informanten mit hochbrisantem Material. Los geht’s dann aber mit dem Stanzen von Ps in Briefumschläge, Anzeigenrechnungen-einpacken und Briefmarken-kleben. Bäm! Erster Job zur Zufriedenheit des Chefs erledigt. Bin ich jetzt schon Dschournalist?

Zwischendurch heißen die beiden Kater ihren neuen Portier willkommen: Balkontür auf, Balkontür zu, Miau Miau Miau, quer über die Tastatur, ein Schluck aus meinem Wasserglas und ab unters Schreibtischlampensolarium. Hallo, wir sind Bolle und Tonton. Wir wohnen hier, und Du? Man kann sie nur lieben.

Zum wahren journalistischen Einstieg heißt es dann: Favoriten schreiben. Klingt einfach, geht bestimmt schnell. Denkste! Schon beim Aussuchen Skepsis: Wissen die anderen nicht alle viel besser Bescheid, was da jetzt genau geht? Ich hab doch keine Ahnung von Kunst, was soll ich’n da schreiben? Die ersten 565 Zeichen dauern gefühlte zwei Tage. Die zweiten allerdings schon nur noch einen halben. Der dritte Favorit schreibt sich dann fast von selbst. Texten ist also doch ein bisschen Übungssache. Eine erleichternde Erkenntnis: Recherchieren und Schreiben wird in den nächsten sechs Wochen nämlich öfter auftauchen – wer hätte das gedacht!

Auch sonst kommt der P-Alltag meinen romantischen Vorstellungen vom Journalismus und Verlagswesen immer näher: Wir treffen uns mit coolen kulturschaffenden Menschen in Insider-Lokalen, die ich von außen im Leben nicht als solche erkannt hätte (findet man wohl alle im Restaurantfinder der P-Seite), erzählen potentiellen Anzeigenkunden, wie großartig unser Magazin ist, und sammeln Infos auf Pressekonferenzen. Das ist schon ein bisschen aufregend. Vor allem, wenn man sich aus Versehen zwischen alter und neuer Geschäftsführung der Centralstation wiederfindet, obwohl alle Journalisten eigentlich an der anderen Tischhälfte sitzen. Der Herr hatte mir schließlich so nett einen Platz angeboten!

Zwischendurch heißt es „Website-Arbeit“: Die P-Stadtkulturmagazin-Onlinepräsenz ist noch frisch und bedarf einiger Hege und Pflege. Beim Ausbessern und Vereinheitlichen der Formatierungen stoße ich immer wieder auf spannende Artikel, die ich noch nicht kannte. In sechs Jahren P-Magazin hat sich schon so einiges cooles Zeug angesammelt.

Illustration: Hans-Jörg Brehm
Illu: Hans-Jörg Brehm

P-fast p-fertig

Mitte des Monats. Es geht langsam in die heiße Phase. Die vielen fleißigen Redakteure schicken ihre Texte, Cem und Tobi redigieren und verschlimm… äh, -bessern sie, Fotograf Jan schießt die Bilder dazu und überhaupt „mäandert“ jetzt öfter mal der ein oder andere P-eteiligte mehr durch das P-Homeoffice. Pro Ausgabe sind das immer etwa 25 P’ler, von denen die meisten ehrenamtlich dabei sind. Die Einnahmen durch Werbeanzeigen decken zwar Druckkosten und einige Aufwandsentschädigungen, aber es sind vor allem diese Freiwilligen, die die unabhängige Berichterstattung ermöglichen. Und andersrum macht ja so das Mitmachen auch am meisten Spaß: werbefreies Cover, Werbung und redaktionelle Inhalte klar getrennt – und die Themen selbstgewählt statt „eingekauft“ (siehe dazu: Infobox Pressecodex).

Die fertige Sammlung der Inhalte geht dann ins Rocky Beach Studio, wo die P-Grafiker André, Lisa und Jenni mit Unterstützung einiger externer Grafiker die Bausteine munter zu einem echten Magazin zusammenbasteln und illustrieren. Das Ergebnis, der Rohdiamant der neuen P-Ausgabe, kommt dann per Mail als PDF zurück und wird einen Abend lang bei Bier, Nüsschen und Duden nochmal von allen verfügbaren P-Redakteuren auf Fehler untersucht, die am nächsten Tag „schnell noch“ korrigiert werden. Chefredaktion und Grafiker sitzen bis in die späten Abendstunden über dem eigentlich fertigen P und gehen akribisch durch die letzten Details.

Das Heft geht schließlich pünktlich in Druck – jetzt ist erstmal ein paar Tage frei. Oder auch nicht: Die Online-Leserschaft wartet natürlich ebenso gespannt auf neuen Input. Alle Texte wollen auf die Website gehoben, Verlosungen ausgeschrieben und Monatsübersichten aktualisiert werden. Und der „Circle of P“ wäre ja kein Kreis, wenn er nicht ganz nebenbei auch schon wieder mit der Redaktionssitzung für die nächste Ausgabe von vorne anfangen würde.

Illustration: Hans-Jörg Brehm
Illu: Hans-Jörg Brehm

P-verteilen

Und dann kommt Tag X beziehungsweise endlich das neue P: Bei „Espressosche“ und Geburtstagskuchen warten P-Lastenfahrrad-Kuriere, Autoverteiler und Ausladehelfer ungeduldig auf die Lieferung. Irgendwann fährt der dunkle Kleinbus der Druckerei vor und die Szenerie bekommt schon so ein bisschen was von Drogenumschlag. Sonnenbrillen auf organisieren sich alle versiert zu einer Kette und unter den neugierigen Blicken der Passanten werden drei Paletten kleiner, grauer Kartons in Rekordzeit aus dem Kofferraum in die Einfahrt gestapelt. 13.000 Ps liegen da jetzt in der Sonne rum und warten darauf, an ihren Bestimmungsort gebracht zu werden – und zwar schnell, damit auch keiner am Ersten des Monats orientierungslos zu Hause auf dem Sofa sitzt.

Sich die Finger beim Ps-abzählen schneiden, zur Auslagestelle sprinten, während das Auto am illegalsten auffindbaren Ort zwischenparkt und bei Schnappatmung ob der rasanten Fahrmanöver des Chefredakteurs große Mengen ausgedünsteter (zum Glück wasserlöslicher) Druckerfarbe inhalieren: Einen ereignisreichen Tag später ist das Magazin in über 400 Stellen von Darmstadt bis Dieburg, Weiterstadt, Griesheim, Pfungstadt und Seeheim verteilt.

Und dann ist es Zeit, sich im Herrngarten in die Sonne zu legen und endlich das Resultat der Arbeit in Händen zu halten. In Ruhe durchblättern, sich über das selbstgeschriebene gedruckte Wort freuen, stöbern, was die Anderen so verzapft haben – und sich Inspiration für den bevorstehenden Feierabend holen.

 

Pressecodex des Deutschen Presserats

Der Pressekodex (eigentlich: „Publizistische Grundsätze“) ist eine Sammlung journalistisch-ethischer Grundregeln, die der Deutsche Presserat 1973 vorgelegt hat. Die aktuelle Fassung datiert vom 13. März 2013. Der Pressekodex umfasst insgesamt 16 Punkte – von „Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde“ über „Grenzen der Recherche“ bis „Religion und Weltanschauung“. In Punkt 7 zum Thema „Trennung von Werbung und Redaktion“ heißt es: „Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“