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Illustration: Martina Hillemann

Mit dem Smartphone in der Hand ziehe ich los, um die Männerwelt zu erobern. Jedoch nicht ohne den Hinweis meiner Mutter zu beachten: „Kind, treff Dich bloß net bei denen zu Hause.“ Also geht es in die hiesigen Bars, Cafés, Restaurants und Kneipen. Was ich da so erlebe? Lest und lernt aus meinen Erfahrungen und entdeckt, was unsere Stadt zum Thema Dating, Flirt und Gin Tonic zu bieten hat.

Ich bin mit einem geschäftigen DJ verabredet. Alterstechnisch besitzt er schon knapp die Legitimation für coole Ü30-Partys. Schön ein Weinchen trinken, erscheint mir da als gute Idee. Ich entscheide mich für das Wein & Maire an der Stadtkirche, neben der Zoo Bar. Eine kleine süße Weinbar, mit vier überschaubaren Weinfass-Tischen, an denen man Platz finden und genüsslich südafrikanische Weine probieren kann. Da man nie weiß, wie ein Date so verläuft, ich mir aber ganz sicher sein kann, dass mich dort wenigstens der Inhalt meines Glases überzeugt, halte ich das Wein & Maire für einen gelungenen Treffpunkt – für den DJ und mich. Was ich bisher über ihn weiß? Er macht irgendetwas im Vertrieb und ist viel in ganz Deutschland unterwegs. Tja, und nebenbei ist er eben auch noch DJ.

Am Abend vor unserem Treffen hat er aufgelegt – sagt er – ich bin schon ganz neugierig: Wo? Wie sind seine Sets? Gibt es beim nächsten Mal vielleicht Gästelisten-Plätze? Badabing, nichts da, Leute: Es war ein 50. (!) Geburtstag. „Boah, das war ’ne Party, sag ich Dir, richtig abgegangen sind die Leute“, schildert er mir seine Nacht mit absoluter Überzeugung. In meinem Kopf ertönt ein Medley aus dem Besten von Abba bis Zappa und natürlich der blonden Helene. Hallo, Wirt, Alkohol, bitte! Mein Gegenüber, der DJ, der beruflich mehrmals in der Woche mit Geschäftskunden essen geht, bittet um einen süßen Weißwein. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie gut der Wirt seine Gesichtszüge im Griff hat. Es ist bewundernswert.

Ganz der Profi fischt er wirklich aus der hintersten Ecke einen süßen Weißen hervor. Vielleicht war es auch nur Sprite? Wer schmeckt schon bei süßen Weinen einen Unterschied? Ich habe jetzt jedenfalls ein Glas Wein (trocken natürlich), mit dem ich mich beschäftigen kann, denn der Spaß geht jetzt erst richtig los. Er redet und redet und ach ja, ER redet. Natürlich von sich. Ganz kurz kann ich erwähnen, dass ich am Theater arbeite, da unterbricht er mich augenblicklich und schmettert mir ins Gesicht: „Theater, bah, was willst Du da? Ins Fernsehen, zu einer Soap musst Du! Da gibt’s Geld.“ Jetzt hat die große Stunde des Wirts geschlagen (hatte ich erwähnt, dass wir bislang die einzigen Gäste sind?). Er bricht in schallendes Gelächter aus und erklärt meinem Date auf sehr charmante Weise, was für einen Schwachsinn er da die ganze Zeit redet. Zum ersten Mal an diesem Abend amüsiere ich mich wirklich. Ich habe das Verlangen, klatschend auf meinem Barhocker auf und ab zu hüpfen, aber ich nippe nur souverän an meinem Glas und schmunzele dem Mann, der mir meinen Alkohol bringt, dankbar zu. Sichtlich konsterniert spricht der DJ jetzt etwas leiser – von sich selbst!

Unbedingt loswerden muss er noch, dass er für eine Werbekampagne als Model auserwählt wurde. Uhiuhiiuhii! Er erzählt mir stolz, dass er wirklich der Paradiesvogel am Set gewesen sei. Ganz zufällig natürlich trage er heute Abend auch den Blazer in Jeansoptik, den er für das Shooting bekommen hatte. Ja richtig gelesen, keinen Jeans-Blazer – besser noch: Jeansoptik, liebe Leser! Tja, Paradiesvogel müsste man sein. Und siehe da, plötzlich rutscht seine Hand auf meinen Oberschenkel. Und schon stand der Wirt an unserem Tisch und fragt mich, ob ich noch etwas trinken möchte. Nein, die Rechnung bitte.

Draußen, auf der Höhe vom TK Maxx, bleibt er plötzlich stehen und fragt mich ernsthaft: „Ein bisschen Knutschen ist doch noch drin, oder? Wir können uns in mein Auto setzen.“ Ich verabschiede mich blitzschnell, ich müsse dringend zu meinem Bus. Und Tschüss! Nennt mich altmodisch, aber wenn, dann knutsche ich gerne mit Männern in deren Autos, die wenigstens fünf Minuten etwas von meiner Persönlichkeit wissen möchten. Ich drehe eine Runde, kehre ins Wein & Maire zurück und trinke mit meinem wahren Held des Abends einen Schnaps aufs Haus. Die Moral aus der Geschichte? Wenn Ihr ein Date mit einem narzisstischen Paradiesvogel habt, geht ins Wein & Maire. Bodyguard inklusive.