Gut zwei Jahre lang war Victoria Teil der P-Redaktion. In ihrer Rubrik „Frag Vicky“ erklärte sie mit (auch mal sarkastischer) Ironie, was an Darmstadt so gar nicht geht und was man als Neuling definitiv vermeiden sollte. Vicky polarisierte – wir erinnern uns gerne an die Mini-Shitstorms auf unserer Facebook-Seite – und ließ sich von Kritik und Lob nicht beeindrucken. Nun zieht es die 25-Jährige nach Berlin. Für das P der perfekte Anlass zu einem letzten Frage-Antwort-Spiel.
P: Hallo Vicky, nach vier Jahren sagst Du Darmstadt Adieu und gehst nach Berlin. Es muss eine Erlösung für Dich sein, unser langweiliges Kaff endlich wieder verlassen zu können, oder?
V: Es waren sogar viereinhalb Jahre! Und um ehrlich zu sein: Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn ich habe hier waaahnsinnig viele tolle Menschen kennengelernt, die ich wirklich vermissen werde. Dinge wie den bekackten Bahnhof und das vielgerühmte Heinerfest allerdings nicht.
Du hast mit deiner Rubrik „Frag Vicky“ nicht nur Applaus geerntet, sondern es gab auch einige kritische Stimmen. Wie hast Du das empfunden?
Sobald man Dinge auch mal kritisch beleuchtet und nicht alles beweihräuchert, muss man mit so etwas rechnen. Und das ist auch total okay für mich. Viele Leute haben sich aus mir nicht ganz erklärlichen Gründen dolle persönlich angesprochen gefühlt und waren dementsprechend auch gekränkt oder haben sich auf ihren lokalpatriotischen Schlips getreten gefühlt. Ich denke, es war von Anfang an klar, dass das alles nur so semi-ernst gemeint war. Viele haben das ja auch verstanden und mit mir zusammen gekichert. Langweilig wurde mir Dank der Diskussionen (ob positiv oder negativ) um „Frag Vicky“ beim abendlichen Umtrunk auf Darmstadts Feiermeile aber nie. Und letztlich kam immer irgendwie raus, dass man den Bahnhof auch kacke findet.
Der Bahnhof hat’s Dir echt angetan, hm?
Naja, auf das Optische kommt es bei einem Bahnhof nur bedingt an. Morgens in der Eile zwischen einer Brezel und einem Kamillentee interessiert mich das Architektonische eher weniger. Auf die Funktionalität kommt es an – und da haben die Bahnhofsbauer leider versagt. Diese Treppe, gepaart mit 376 anderen Stressgeplagten, ist morgens wie abends eine absolute Katastrophe. Eine architektonische Zwangs-Entschleunigung sozusagen.
Angenommen, Du könntest für einen Tag auf dem Stuhl von OB Jochen Partsch sitzen: Was würdest Du in Darmstadt ändern?
Um ehrlich zu sein: gar nix! Worüber sollte ich sonst noch meckern dann? Aber ich würde die Mädels und Jungs von Uffbasse fragen, ob sie diesen Job für mich übernehmen wollen – die könnten mit dieser Bürde wohl eher was Sinnvolles anfangen.
Was sind jetzt Deine ersten Pläne in Berlin? Die Karriere als Tattoo-Model vorantreiben? Deinen Freund Chris heiraten und Kinder kriegen?
Als Erstes werde ich zum Amt gehen und mich ordnungsgemäß melden, dann ein Foto davor machen und pathetisch „Ich bin ein Berliner“ brüllen. Das wird sicher gerne gesehen. Haha, „Tattoo-Model“ ist definitiv das Unwort des Jahres … gruuuuselig! [lacht] Aber ich werde auch versuchen, den ein oder anderen netten Job an Land zu ziehen, da hab schon viel Vorarbeit geleistet. Kinder? Ich bin 25! Aber wenn der Mann mal fragen würde, dann tät ich den auch heiraten, ja. [grinst]
Der „Mann“ kommt ja ursprünglich auch aus Darmstadt. Denkt er eigentlich genauso negativ über seine alte Heimat wie Du?
Äh, Nachtrag zu eben: Mit Amt meinte ich natürlich das Bürgeramt und nix mit Hartz-4 oder so, gell!? [lacht] Gebürtiger Heiner ist auch er nicht, sondern nur zugezogen. Ich weiß nicht, wie er über Darmstadt geredet hat, als er noch hier wohnte. Im Nachhinein ist ja immer alles schöner. Und wenn man nur zweimal im Jahr irgendwo ist und man dann nur positive Dinge macht, dann ist natürlich alles rosig. Also ich habe von ihm noch nichts Schlechtes über die Stadt am Darmbach gehört, aber es wird einen Grund geben, wieso er nun 577 Kilometer weit weg wohnt. [lacht]
Der Grund liegt ja auf der Hand: Er ging damals nach Berlin, um Musiker zu werden. Heute trommelt er in gleich zwei Bands: Jennifer Rostock und Kotzreiz. Gleichzeitig wirst Du viel für Fotoshootings gebucht oder arbeitest auf Tattoo-Conventions. Bleibt da überhaupt noch Zeit für Euch?
Ooooh ja, das funktioniert richtig gut! Außerdem wird’s nie langweilig, wenn beide viel zu tun haben, da hat man sich immer viel zu erzählen. Und wenn es die Zeit zulässt, dann kommt Chris mit zu ’ner Convention oder ich bin bei ’nem Konzert dabei.
Wie ist es eigentlich so, wenn man plötzlich zu den bekanntesten „alternativen Models“ in Deutschland gehört? Ich meine, eben warst Du noch „die Vicky aus dem Schlosskeller“ – und jetzt bist Du Victoria van Violence mit über 100.000 Fans bei Facebook. Du bist auf dem Cover verschiedener Szene-Magazine, modelst für die Organisation PETA, man sieht Dich im Fernsehen … hat sich damit vieles geändert in Deinem Leben?
Ich bin natürlich immer noch „die Vicky aus dem Schlosskeller“, die gern mal einen über den Durst trinkt und Darmstadt nicht mag. [grinst] Für mich hat sich also nichts verändert, ich bin nur öfter mal unterwegs. Es ist jedenfalls sehr schön, mit dem, was einem Spaß macht, Geld zu verdienen. Wieso das eigentlich passiert ist, darüber denk‘ ich nicht nach – verstehen werd‘ ich es eh nie. [lacht]
Was sind Deine Tipps für einen Trip nach Berlin, Stichpunkt Sightseeing, Nachtleben usw.?
Die Spree! Die Luft am Wasser soll ja besonders gut und gesund sein. Ansonsten ist das immer Geschmackssache, je nachdem, wie da die persönlichen Präferenzen sind. Aber einen Vöner [veganer Döner, Anm. d. Red.] sollte man sich schon mal kredenzen, auch als Fleischfresser. Den besten gibt’s in Friedrichshain, Boxhagener Straße – quasi direkt bei mir vor der Haustür!
Okay. Und wo versackt man danach am besten?
Ich geh gerne in den „Feuermelder“ am Boxhagener Platz. Aber auch der „Trinkteufel“ ist immer eine Reise wert, vor allem wenn der Absacker mal ein paar Stündchen länger dauern soll. Hartgesottene Fans von „Berlin Tag & Nacht“ sollten natürlich das „Matrix“ besuchen. [lacht]
Letzte Frage: Was würdest Du denn gerne aus Darmstadt mitnehmen?
Das Lowbrow und den Schlosskeller, das P-Magazin sowie alle meine Freunde, einmal zum Mitnehmen bitte!
Das P (uns gibt es übrigens auch im Abo, liebe Vicky!) wünscht alles Gute in der neuen Heimat. Wir freuen uns auf die Einladung zur Hochzeit!
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Hier geht’s zu Vickys Kolumne im P Stadtkulturmagazin: Frag Vicky