Illustration: Hans-Jörg Brehm

Während das Superwahljahr auf Bund- und Länderebene schon längst als Krimi läuft, dürfte die Kommunalwahl in Darmstadt keine großen Überraschungen liefern. Spannend ist sie trotzdem. Das liegt an einzelnen Kandidaten – und einer ausgewechselten SPD.

Der große Knaller bei der vergangenen Wahl war eindeutig die AfD. Sie holte aus dem Stand sieben Sitze, Grün-Schwarz verlor so seine Mehrheit. Doch der „Flüchtlingssommer“ 2015 ist lange vorbei – und andere Themen hat die AfD auch im Lokalen nicht. In der Corona-Krise punkten bislang die Regierenden. In Darmstadt könnten Grüne und CDU bei der Kommunalwahl 2021 also durchaus wieder hinzugewinnen – es läuft bei ihnen (siehe „Die Vierte Säule“ vorige Doppelseite). Auch der Bundestrend stützt beide – und zur Not werden sie wohl wieder auf Uffbasse setzen können.

So bunt und punkig die kleine Partei auftritt – so staatstragend ist sie, wenn es drauf ankommt. Die Wählervereinigung ist, auch wenn ihre märchenhaft-trashigen Wahlplakate das nach wie vor vermuten lassen, eben keine Spaßpartei. Ihre Themen sind vor allem die Kultur und das Soziale in der Stadt. Durchaus repräsentativ sind zwei neue Kandidaten dabei, wenn auch auf den hinteren Listenplätzen. Carsten Buchholz kommentiert auf seinem Blog „Neun mal sechs“ schon seit Jahren Politik und Kultur in Darmstadt (Disclaimer: Er hat 2016 auch mal fürs P geschrieben). Und Jochen Werner dürfte den meisten Darmstädtern besser als seine schrille Kultfigur Aurora DeMeehl bekannt sein.

 

Uffbasse im Heinerland!

Wirklich frischen Wind verspricht bei dieser Wahl indes vor allem die SPD mit dem gerade mal 28 Jahre jungen Tim Huß an der Spitze. Nachdem die Sozialdemokraten 2016 auch wegen internen Streitigkeiten auf 17 Prozent abgestürzt waren, übernahm Huß die Führung und stellte seine Partei neu auf. In einer Kampfabstimmung gegen den ehemaligen Darmstädter SPD-Chef Hanno Benz holte er sich auch die Kandidatur für den Landtag, bei der er als Zweitplatzierter respektable 25 Prozent gewann.

Die alte SPD-Garde sitzt heute, wenn überhaupt, in der zweiten Reihe. Die ersten fünf Kandidat*innen auf der Liste sind unter 35 Jahre alt. Auch in der Verkehrspolitik haben sich die Roten um 180 Grad gedreht. Während sie 2016 mit dem Slogan „Autofahrer sind auch Menschen“ noch vollen Kurs gegen die Grünen hielten, fordern sie heute den massiven Ausbau des ÖPNV und ein Jahresticket für 300 Euro. Auf der Suche nach Profil erinnert sich die Darmstädter SPD an ihr Kernthema: das Soziale. Im Wahlprogramm stehen ein Mindestlohn von 12 Euro für städtische Angestellte und Wohnheime für Azubis und Pflegekräfte. Für südhessische SPD-Verhältnisse ultra-links.

So scheint auch eine Grün-Rote Koalition wieder denkbar. Dazu kommen wird es aber sobald nicht. Noch betrachten die Grünen ihren Juniorpartner CDU als den angenehmeren Gegner. Denn die junge und streitlustige SPD um Tim Huß würde – wenn auch inhaltlich näher – ständige Konflikte bedeuten, die dann auch durchaus in der Presse ausgetragen werden könnten. Während sich der öffentliche Streit im Politikstil der CDU verbietet, irritieren dort jedoch einzelne Personen. Zu rechts ist manchem Grünen etwa der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ctirad Kotoucek. Nach Ärger riecht auch Stefan Zitzmann, den sich die Schwarzen neu auf die Liste gesetzt haben. Der Betreiber des Wellnitz Café und Bar (und früher der Kultbar Hillstreet Club) hat sich in den vergangenen Jahren als wirkmächtiger Sprecher diverser Bürgerinitiativen hervorgetan. An die Grünen schickt er schon jetzt die Kampfansage, er wolle für Autofahrer und gegen „die Arroganz der Macht“ antreten.

 

Zugelassene Wahlvorschläge 2021

Zugelassen für die Kommunalwahlen am 14. März sind 490 Kandidat*innen von: Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD, Uffbasse, Die Linke, FDP, AfD, Die Partei, UWIGA, Wählergemeinschaft Darmstadt, Freie Wähler, Teilhabe in Darmstadt und Volt Deutschland.

Um Euch die Wahlentscheidung etwas leichter zu machen, stellen wir den diesmal 13 antretenden Parteien – wie schon vor der letzten Kommunalwahl – sieben Fragen, die P-affine Themenbereiche wie Sub- und Clubkultur, Einzelhandel und Gastronomie, Verkehrs- und Stadtplanung, Gesellschaft und Demokratie behandeln. Alle Antworten stehen ab Mitte Februar online unter: p-stadtkultur.de/kommunalwahl2021.

Nutzt unseren Mini-Wahlomaten, entscheidet Euch – und geht am 14. März wählen! Denn: Wer net wählt, is Offenbacher! In Darmstadt zumindest.