Bunte Zeltdächer durchbrechen das triste Bild des leeren Messplatzes. Zwischen geparkten Autos blitzen erst rot-blau-gelb beschriftete Zelte und Transporter, dann Wohnwägen, Kamelhöcker, Büffelhörner und Zebrastreifen auf. Ein Bild, das ein wenig aus der Welt gefallen wirkt – besonders, wenn man gerade mit Corona-Maßnahmen im Kopf das Event Wocheneinkauf durchlaufen hat, die Maske noch auf der Nase. Ein Besuch beim Circus Rolina, der gerade in Darmstadt Halt macht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Für Zirkusdirektor Freddy Ortmann und seine Familie ist nämlich vorerst Warten angesagt. Warten auf das Ende des Lockdowns. Warten auf die Erlaubnis, endlich wieder Zuschauer:innen mit Akrobatik, Jonglage, Clownerie und Tierdressur unter der Kuppel des Zirkuszeltes zu verzaubern. „Der Stillstand ist komisch und ungewohnt. Wir alle vermissen die Auftritte sehr, denn dafür leben wir”, bekennt Andy Ortmann, Dompteur und Sohn des Direktors.
Schon die achte Generation der Zirkusfamilie ist mit ihren Eltern, Großeltern und rund 60 Tieren auf den Straßen von Deutschland unterwegs. Viele haben ihr ganzes Leben im Scheinwerferlicht der runden Manege und auf Rädern verbracht. Nach sechsmonatiger Zwangspause im letzten Jahr, ohne Aufritte und Einnahmen, gingen die Scheinwerfer ab September wieder kurzzeitig an, ehe sich die Pandemielage verschlechterte und die Vorstellungen mit ausgeklügeltem Hygienekonzept nach nur vier Wochen wieder eingestellt werden mussten. Gestrandet in Egelsbach hatte das Familienunternehmen Anfang des Jahres mit starken Überschwemmungen zu kämpfen. Ein Anruf von Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch, der scheinbar von der misslichen Lage gehört hatte, war die Rettung. „Die Möglichkeit, auf dem Messplatz unterzukommen, war ein großes Glück”, sagt Zirkusdirektor Freddy Ortmann. „Wir wüssten auch nicht, was wir machen sollten, wenn die Bevölkerung nicht wäre, die uns mit Spenden und Futter unterstützt. Wir sind sehr dankbar!”
Sehr dankbar für die (Futter-)Spenden der Darmstädter
Zirkus in der Pandemie – das bedeutet: ein anderes Leben in einem (an sich schon) unkonventionellen Leben. Was bleibt, ist das Trainieren, das Vorbereiten, Planen und Freuen auf die Wiedereröffnung, die Versorgung und Pflege der Tiere, die Familie, Sorgen und schlussendlich Optimismus. Denn im Zirkuszelt gibt es keinen Raum für Traurigkeit.
Schon vor der Pandemie waren es keine einfachen Zeiten für kleine und mittlere Zirkusbetriebe wie den Circus Rolina, nicht zuletzt wegen des Tierschutzes. Die Diskussion von Kulturgut vs. Tierwohl ist richtig und wichtig! Obwohl auf Großkatzen und Elefanten verzichtet wird, reisen bei Rolina mit Zebras und Kamelen auch hier Tiere mit, die eigentlich nicht in unseren Breitengraden leben. Über deren Haltungsbedingungen lässt sich natürlich streiten. Angesprochen auf diese Thematik versichert Andy Ortmann: „Wir lieben unsere Tiere. Ich bin mit ihnen aufgewachsen und ich möchte, dass es ihnen gut geht.”
Obwohl die 600 Sitzplätze im Zirkuszelt aus Rücksicht auf Gesundheit vorerst leer bleiben müssen, freut sich der Circus Rolina über Besucher, die sich bei einem Spaziergang die Tiere ansehen und mit Spenden helfen wollen. „Jeder Euro kommt den Tieren zugute”, betont Freddy Ortmann.
Wie lange sie noch in Darmstadt bleiben werden, sei unklar, „das entscheidet sich von Monat zu Monat neu.” Sollte der Lockdown allerdings am 28. März ein Ende finden, freut sich die Zirkusfamilie darauf, die Zelte abzubauen, wieder auf Achse zu sein und mit den Wohnwägen und Tiertransportern weiterziehen. Sehr dankbar dafür, dass die Heiner sie so freundlich aufgenommen und unterstützt haben.