März08_Zeitweise
Foto: Tom Osbourne

Sie haben sechs ganz verschiedene Sichtweisen auf das (umstrittene) Unwort des Jahres 2007: die Darmstädter Fotografen Stefan Daub, Jan Ehlers, Alexandra Lechner, Albrecht Haag, Jens Steingässer und Andreas Zierhut. In ihrer Ausstellung „Unwort Bilder“ zeigen sie vom 13. bis 16. März im Stella (täglich von 18 bis 22 Uhr) ihre Assoziationen zum Unwort „Herdprämie“.

Aber wie sieht dieses Unwort eigentlich aus? Diese Frage versuchen die sechs Fotografen zu beantworten. „Wir möchten kein Bilderbuch zum Unwort herstellen“, erklärt Jan Ehlers, „sondern eigene Gedanken dazu verbildlichen, die auch Ausdruck des Charakters des jeweiligen Fotografen sind“. Alexandra Lechner ergänzt: „Das jeweilige Unwort des Jahres soll nur eine thematische Klammer, einen festen Rahmen liefern.“ Das bundesweit einzigartige Ausstellungsformat von „Unwort Bilder“ entstand 2005 aus einer spontanen Idee heraus bei der Planung eines gemeinsamen Projekts der Darmstädter Fotografen. Durch eigenständige, voneinander unabhängige Auseinandersetzung mit dem Unwort entstehen seitdem Jahr für Jahr sechs ganz unterschiedliche Bilder. Diese sind nur durch ein einheitliches Format miteinander verbunden und spiegeln so die verschiedenen Herangehensweisen und Vorstellungen der Fotografen wider.

www.unwort-bilder.de

 

Interview mit Unwort-Jurymitglied Prof. Dr. Nina Janich von der TU Darmstadt

Herdprämie wurde aus 969 verschiedene Vorschlägen zum Unwort des Jahres 2007 gewählt. Seit 1991 rückt eine Jury aus Sprachwissenschaftlern, Autoren und Journalisten sprachliche Missgriffe (aus der Medienwelt) ins Licht der Öffentlichkeit und stellt sie damit bloß. Zu den Juroren gehört seit 2001 Prof. Dr. Nina Janich vom Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft an der TU Darmstadt.

P: Frau Janich, wie genau läuft die Wahl zum Unwort ab?

Janich: Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser von der Goethe-Universität Frankfurt sortiert die vielen Vorschläge in drei Listen vor. In der C-Liste befinden sich Einsendungen, bei denen ein Sachverhalt, der als unschön empfunden wird, genannt wird, aber das Wort selbst noch kein Unwort ist. Zum Beispiel „Schlaflosigkeit“. Auf der B-Liste sind Unwort-Vorschläge zu finden, die nicht aktuell sind oder bei denen die Quellenangabe fehlt. Auf der A-Liste befinden sich dann ungefähr 10 bis 30 heiße Kandidaten, aus denen dann die Jury den ersten bis dritten Platz ermittelt.

Was erhofft die Jury sich von dieser sprachkritischen Aktion?

Wir möchten damit die Sensibilität und das Sprachbewusstsein stärken und zu einem kritischeren Umgang mit Sprache, besonders in der öffentlichen Kommunikation, motivieren.

Was war der ausschlaggebende Grund, das Wort „Herdprämie“ vor dem Begriff „klimaneutral“ zum Unwort des Jahres 2007 zu küren?

„Herdprämie“ steht für ein ganzes Wortfeld, zu dem auch weit drastischere sprachliche Fehlgriffe wie zum Beispiel „Gluckengehalt“ gehören, die Eltern und besonders Mütter diffamieren, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Bei „klimaneutral“ besteht ein gewisses Erklärungsproblem: Der Begriff wird nicht nur von Fluggesellschaften verwendet, um die Ausweitung des Flugverkehrs zu rechtfertigen. Sondern er wird auch von Umweltorganisationen im eigentlichen Sinne des Wortes gebraucht. Sicher kennen Sie die Ausstellung „Unwort Bilder“.

Was halten sie von der Übertragung des Unworts ins Visuelle?

„Unwort Bilder“ ist ein sehr originelles Projekt. Besonders das einheitliche Bildformat, mit dem die Fotografen arbeiten, macht die Ergebnisse spannend. Außerdem empfinde ich diese Aktion als Unterstützung der Unwort-Aktion.