Illustration: André Liegl

Liebe Leser, liebe Darmstädter,

wer seine Stadt einmal mit anderen Augen sehen möchte, dem empfehle ich üblicherweise das Radfahren. Es gibt kaum einen erschwinglicheren Abenteuerurlaub als das Radfahren in der Stadt. Mit all-inclusive-Überraschungen: Willkürlich beginnende und endende Radwege, urplötzlich aufspringende Autotüren, „nur mal kurz“ parkende Wagen auf einem der ohnehin schon spärlich markierten Radwege, Rechtsabbieger, andere Radfahrer, Fußgänger, Kinder, bauliche Hindernisse, bewegliche Hindernisse, hässliche bauliche (und schlimmstenfalls) bewegliche Hindernisse, Wahlplakate, Tiere und beliebig erweiterbare Hindernisse respektive Störfaktoren, die eine gemütliche Sonntagsfahrt zu einem Höllenritt werden lassen können. Dazu vielleicht ein andermal.

Von Freunden habe ich mir einen Hund ausgeliehen, um mir mal eine andere Welt – innerhalb der Welt in der ich sonst lebe – anzuschauen. Balthasar (wenn er etwas angestellt hat), kurz Balthi (wenn er so süß guckt wie er ist), ist ein schwarzer, zotteliger Rüde im besten Rüpelalter (4), der, wo er hinkommt, geliebt wird, es aber auch faustdick hinter den Ohren hat und einem auf der Nase herumtanzt, so man ihn lässt. Mit ihm zog ich nun also zwei Wochen durch die Gegend und war einer von ihnen: Hundebesitzer. Hundebesitzer müssen sich unterhalten, wenn sie sich in freier Wildbahn mit ihren Tieren begegnen. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Worüber? Lieblingsstoffbeutel. Falsch. Hunde. „Meiner ist soundso alt, er fährt nicht gerne Auto, er mag dieses, er mag jenes, zu Weihnachten bekommt er ….“ Aha. Okay. Na gut, Smalltalk. In Ordnung. Kann ich, mach ich mit.

Mitunter kommt man allerdings in Situationen, in denen man etwas hilflos in der Gegend rumsteht. Etwa wenn ein Pärchen mit zwei Hunden angelaufen kommt und einer der beiden einen Er- und einen Sienamen nennt und man nicht so recht weiß, ob das ihre Namen oder die der Hunde sind. Sicherheitshalber fingerzeigend auf das wuschelige Tier vor mir deuten und „Balthi“ murmeln. Check. Wird ja wohl niemand meinen Namen wissen wollen. Und richtig. Man hat bei der Gassi-Runde stets den Max, die Lucy und das Pünktchen getroffen. Niemals ihre „Dosenöffner“, wie ich im Hunde-Park (einem traurigen Fleckchen abgelatschter, unbeleuchteter Wiese mit drei krüppeligen Bäumchen darauf und vier Kotbeutel-Spendern, die immer leer sind) direkt hinter dem schönen großen Park, den Hunde ums Verrecken nicht betreten dürfen, gelernt habe.

Hundeverbot klingt erst einmal gemein, ist aber völlig legitim. Ich bin, und das ist wirklich wahr, in meinem gesamten Leben nicht so oft in Hundescheiße getreten wie in diesen zwei Wochen. Ob es daran liegt, dass es zu wenig Kotbeutel-Stationen, keine Kotbeutel in den Stationen oder schlichtweg zu wenige Mülleimer in der Stadt gibt, die dazu beitragen? Man weiß es nicht. Wenngleich es von allem genannten tatsächlich zu wenig gibt. Vielleicht sind Hundebesitzer zu oft leider zu ignorant. Aber der Mensch lässt ja auch ohne tierische Begleiter seinen eigenen Müll und Dreck dort liegen, wo er geht und steht. Was für Balthi einen riesigen Geruchsabenteuerspielplatz aus Taschentüchern, Fastfood-Verpackungen, Plastiktüten (mit und ohne Hundekot) und allerhand andere Dinge zweifelhafter Herkunft bedeutet. Ihr Bestimmungsort wäre eigentlich klar: der Mülleimer. Kann so schwierig eigentlich nicht sein, oder?

Würde man den Menschen wie den Hund mit Leckerlis für gutes Betragen belohnen, hätte sich das innerstädtische Müllproblem möglicherweise alsbald von selbst erledigt. Man stelle sich vor, wie die Hunde beim Smalltalk im Park über ihre Menschen sprächen: „Meiner hat heute an der roten Ampel angehalten!“„Sehr gut! Meiner hat seine Zigarettenstummel von ganz allein in den dafür vorgesehenen Behälter getan, da hab ich ihm einen Fruchtkaugummi gegeben. Pünktchen, Du glaubst nicht, wie er sich gefreut hat, der brave Dings.“ „Toll, Max!“. Mit Leckerlis ist wohl alles etwas schöner.

Also, liebe Leser und Darmstädter: Immer schön sauber bleiben!

Eure Moppel

 

Wer ist diese Moppel?

Moppel Wehnemann arbeitet in Frankfurt für das „Caricatura – Museum für Komische Kunst“, außerdem als Fotografin und Teilzeit-Bloggerin. Der Pop-Redakteur Linus Volkmann nennt sie „eine beliebte und prominente Akteurin aus der Titanic-Clique.“ Ihre Hobbys: Bier, American Football, Postkarten und Satire. Außerdem ist Moppel Initiatorin der erfolgreichen Open-Air-Reihe „Bier trinken und Joggern gute Tipps zurufen“. Seit Juli 2017 bereichert Moppel unseren Kolumnisten-Pool mit ihren Beobachtungen des Alltagswahnsinns.

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