Foto: Jan Ehlers

„Blood Money“ heißt ein Album des 1949 geborenen US-Musikers und Bordsteinphilosophen Tom Waits. Und seit 2018 auch eine Darmstädter Band, die aus dem Sänger Bill Brown, Daniel Malkmus (Gitarre und Geige), Idris Colaker (Drums und Percussion), Wendelin Hejny (Bass) und Wolfram Curitz (alles, was Tasten hat) besteht, beim „Heiligs Blechle“-Weihnachtsmarkt der Centralstation 2018 ihren ersten Auftritt hatte und dem Werk des Meisters huldigt. Zum Hörspiel, diesmal passend und ganz entspannt in einer Darmstädter Rock-Bar, fanden sich Bill, Daniel und Wolfram, frisch vom Urlaub zurück, ein.

In diesem unseren Stadtkulturmagazin war über Euch zu lesen: „Fünf gestandene, saugute Darmstädter Musiker gründen eine ‚Tribute to…‘-Band, obwohl sie so was eigentlich nie machen wollten.“ – Ist das so?

Daniel: Wenn’s im P steht …

Bill: It’s the second bible …

[Lacht] Okay, zweiter Versuch: Hat Eure Bandgründung etwas mit Geraldo Tornados Tom-Waits-Abenden in der Los Santos Bar zu tun?

Bill: Ja, das war der Anstoß. Ich wollte schon immer mal Tom Waits covern, hab‘ aber nie die Musiker dafür gefunden. So I thought, I gotta go down there and check out, who’s gonna come! [lacht]

[Das Hörspiel startet.]

 

Tom Waits „Telephone Call From Istanbul“ (live)

Herr Waits for the dancefloor. Wer bei diesem Feger vom Live-Album „Big Time“ von 1988 nicht mit dem Arsch wackelt, der ist vermutlich tot … und wir wissen ja: „Never trust a man with a blue trench coat, never drive a car, when you’re dead!“

Daniel: Ah, ja … „Telephone Call“, den Song spielen wir auch. Und ich finde ja, wenn ich unser Publikum so sehe, dass das alles Tanzsongs sind.

Spielt Ihr den auch in dieser Fassung?

Wolfram: Wir spielen unsere Version, das heißt, wir versuchen, uns der musikalischen Aussage des Songs auf unsere Art und Weise zu nähern.

Und die textliche Aussage?

Bill: Nun ja … es gibt eine ganze Wiki-Seite über die Songs, die Tom mit seiner Frau Kathleen Brennan geschrieben hat. Und wirklich jede Zeile hat etwas Spezielles, alles ist voller historischer und sonstiger Referenzen. So if you want to spend a couple of weeks trying to get into this man’s head … have fun!

 

Tim Buckley „Martha“

Ein gewisser Tom Frost ruft bei seiner Ex an und schwelgt in Erinnerungen … hier (in der Version vom Album „Sefronia“ von 1973) von einem Songwriter dargeboten, der dem Herrn Waits ebenbürtig war.

Bill: Von welchem Album stammt das noch … das, wo er am Piano sitzt … Äh … „Closing Time“… aber welcher Song?

Wolfram: Das ist „Martha“! Das hab ich gestern noch auf dem Heimweg aus Holland im Auto gehört. Wolfgang Ambros hat ein Album mit Waits-Covers gesungen und „Martha“ ist da auch drauf.

Das hier war Tim Buckley.

Daniel: Von hier aus sieht er aus wie Roy Black!

 

Courtney Marie Andrews „Downtown Train“

US-Songwriterin, die einen der bekanntesten Songs des Herrn Waits auf dem nagelneuen Sampler „Women Sing Waits“ veröffentlicht hat.

Bill: We play this song as well … [singt mit] … aber wie heißt er? Hmm … „Downtown Train“!

Interessant ist ja, dass Du den Song sofort singen kannst, Dir der Titel aber erst später einfällt!

Bill: Ja, ich sing die Texte ja auf der Bühne. Abgesehen davon bin ich nicht interessiert an den Leuten, die Tom Waits covern, weil … I really like Tom Waits!

Diese Fassung stammt von einem Sampler namens „Women Sing Waits“. Ist dieses Konzept total naheliegend oder eine totale Schnapsidee?

Wolfram [überlegt]: Das Geile an Tom-Waits-Songs ist ja, dass es als Country-Nummer funktioniert, im Theater-Setup, als Movie-Score oder als Big-Band. Es ist letztlich die Qualität der Songs, die es ausmacht. Und wenn es jemand authentisch singt, dann passt das.

Bill: Außerdem ist es bei Waits auch so, dass er im Grunde seine eigenen Songs covert. Er hat immer andere Musiker dabei … and so he’s never played the same song twice!

Wolfram: Dadurch wird’s keine Nostalgie.

 

Jeffrey Lee Pierce „Pasties and a G-String“

Der (wie Tim Buckley) leider viel zu früh verstorbene Bandleader des Gun Club hat den Song vom 76er „Small Change“-Album ins HipHop-Terrain verfrachtet.

Wolfram [groovt mit]: „Pasties and a G-String“! Im Original ist es ohne Beat, hat aber den gleichen Groove.

Bill: I know none of these cover versions … I go back to the source … Und es hat eine Dekade gebraucht, bis ich Musiker gefunden habe, die Tom Waits spielen wollen und die es auch spielen können! And basically: P-Magazine brought us together! Ohne das P hätte ich nie mitbekommen, dass am Rosenmontag 2018 dieser Tom-Waits-Abend in der Los Santos Bar stattfinden würde, und dann hätte ich nie diese Musiker gefunden … and these guys are amazing!

 

Primus „Coattails Of A Dead Man“

Alternative Rock anno 1999, produziert vom Waitse-Tom … und das hört man auch.

Bill [sofort]: This is Primus! In meinen Teenager-Jahren hab ich die über „Headbanger’s Ball“ kennengelernt.

Was meinst Du: Wie viele Primus-Fans können auch was mit Tom Waits anfangen?

Bill: Nun … ich hatte eine vielfältige musikalische Kindheit, bei uns lief alles von Country to Disco to Pop to Rock. The Sugarhill Gang next to Black Sabbath! Today I listen to everything … I even like reggae, … well, specifically Bob Marley, the rest is … ähm … [alle lachen]

Wolfram: Ich glaub auch, dass die meisten Menschen eine größere musikalische Bandbreite haben, als man denkt.

 

Tom Waits & Peter Murphy (not really) „Christmas Sucks“ aka Porn Orchard „This Holiday Season“

Diese 92er Parodie einer US-Alternativeband auf Herrn Waits und den Bauhaus-Sänger Murphy, die hier angeblich im Duett über die schlimme Weihnachtszeit herziehen, ist so stimmig, dass sie schon auf dem einen oder anderen Tom-Waits-Bootleg auftauchte.

So, jetzt kommt noch was Gemeines.

Bill: This must be a very new song? Is it a one-off thing? Never heard of it.

Das war jetzt auch gar nicht der Herr Waits, es ist eine Persiflage der Band Porn Orchard.

Bill: Die Stimme ist auf jeden Fall sehr nah an ihm dran.

Wolfram: Das Einzige, was ich an Weihnachtsliedern von ihm kenne, ist „Silent Night“, das er für die SOS-Kinderdörfer zusammen mit einem Kinderchor aufgenommen hat. Aber das gefällt mir nicht, es klingt zu sehr nach „der raue Tom Waits singt mit den süßen Kindern“.

Dabei wird es vermutlich auch erst mal bleiben. Was mich noch interessieren würde: Warum habt Ihr Euch nach dem „Blood Money“-Album benannt? Es hätten ja unter anderem noch „Frank’s Wild Years“, „Closing Time“ oder „Bone Machine“ zur Auswahl gestanden …

Bill: Unser Bassist Wendelin arbeitet im Theater und er wollte einen Bezug zu Georg Büchner. Und da Waits zwei Texte von Büchner vertont hat, unter anderem eben „Blood Money“, hatten wir auf einmal nicht nur eine Büchner-, sondern auch eine Tom-Waits-Darmstadt-Connection!

Wolfram: Das ist die schöne Version. Die schmutzige ist: Wir brauchten vor unserem ersten Auftritt dringend einen Bandnamen, den wir in den Vertrag eintragen konnten … und was schreibt man in einen Gagen-Vertrag? „Blood Money“! [lacht]

Und zum schönen Schluss: Habt Ihr noch eine abschließende Botschaft an die P-Leser?

Bill: Read more P-Magazine! Enjoy music, enjoy Tom Waits, come to our shows!

Dem schließen wir uns natürlich gerne an! Merci und bis hoffentlich bald, Sühnegeld-Boys, hat Spaß gemacht!

 

Save the date: Blood Money uff de Piazza!

Für Februar standen bei Redaktionsschluss noch keine Auftritte von Blood Money fest. Daher jetzt schon mal der Hinweis, dass wir am Heinerfestmontag, 06. Juli 2020, um 20 Uhr ein Date haben: Ihr, wir … und Blood Money live auf der Bühne von „Heißes Pflaster uff de Piazza – Heinerfest auf dem Stadtkirchplatz“!

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