In der Darmstädter Musikszene ist Philipp Rittmannsperger beileibe kein Unbekannter: Ob als Schlagzeuger und Sänger diverser Jazz-, Punk-, Pop- und Funk-Formationen oder auch als Mitinitiator der beliebten „Frischzelle“-Veranstaltungen im Keller der Knabenschule – der umtriebige Musiker ist in DA-Town irgendwie überall am Werk! Seit kurzem widmet sich Herr Rittmannperger wieder verstärkt den wiedervereinten „Freaqz“, die Ihren Frontmann Flowin Immo beim 5. Bundesvision Song Contest in Potsdam am Freitag, dem 13. Februar, live unterstützen werden. Alle für Bremen!
P: Nach der erfolgreichen Tour mit Flowin Immo im vergangenen Jahr löste sich seine Begleitband Les Freaqz im vergangenen Sommer auf, was für viele Fans schwer nachzuvollziehen war – immerhin hatte die Band drei Jahre lang Immos Performance live kongenial unterstützt. Nun steht Ihr im Rahmen des Bundesvision Song Contests im Februar wieder gemeinsam mit Immo auf der Bühne. Warum eigentlich die Auflösung und weshalb die so baldige Wiedervereinigung?
Philipp: Unser Keyboarder und der Bassist hatten nach der langen Tour mit Immo und uns einfach die Befürchtung, dass ihre eigenen Projekte dauerhaft zurückstehen könnten, daher entschieden sich beide, die Band zu verlassen. Wir spielten also die Festivalgigs im vergangenen Jahr noch gemeinsam, allerdings in dem Wissen, dass es die Freaqz danach so nicht mehr geben würde. Zum Glück liefen die Konzerte aber dermaßen gut, dass die beiden die Handbremse zogen, sprich: Die Auflösung wurde ziemlich schnell wieder zurückgenommen. Weißt Du, wir haben drei Jahre jede Bühne geschrubbt, die wir finden konnten. Das konnte man nicht so einfach in die Tonne treten. Als dann einige Zeit später das Go von Brainpool [Produzent von TV Total/Bundesvision Song Contest; Anm. d. Red.] kam – das war wie ein Geschenk.
Kaum ein Tag vergeht im Moment ohne Casting- oder Contestshow im TV: Ob „Deutschland sucht den Superstar“, „Popstars“, „Das Supertalent“ oder wie sie alle heißen. Viele Musiker belächeln den ganzen Castingwahn und ignorieren solche Shows, abgesehen von einer Ausnahme: Dem von Stefan Raab initiierten Bundesvision Song Contest. Was hat dieses Format, Deiner Meinung nach, dass es kredible Acts wie Seeed, Jan Delay oder MIA anzieht?
Naja, zum einen ist da halt dieser Lokalpatriotismus-Gedanke, „sein Land zu vertreten“, zum anderen hat diese Bühne eine unglaubliche Anziehungskraft. Da schauen im Schnitt eine Million Leute zu und gerade für unbekanntere Bands wie Jennifer Rostock oder Peilomat ist das eine Riesengelegenheit, sich vor großem Publikum zu präsentieren. Das funktioniert natürlich vor allem auch, weil eben Acts wie Seeed bei der Geschichte mitmachen. Die Großen helfen damit den Kleinen, und das scheint auch so gewollt zu sein. Das breite Spektrum an Bands macht wohl den Reiz aus. Und das hat vor allem auch mit Stefan Raab zu tun, der ja bei der Auswahl durchaus mitredet. Er ist halt auch Musiker und schätzt das Originelle, sonst würde er auch einem Paradiesvogel wie Immo wohl nicht die Chance geben, auf dieser Bühne zu stehen.
Ähnlich kontrovers wie die angesprochenen TV-Shows wird die 2003 ins Leben gerufene Popakademie in Mannheim diskutiert. Du hast ebenfalls in Mannheim, allerdings ganz „klassisch“ an der dortigen Hochschule für Musik und darstellende Kunst studiert. Was denkst Du über die „Pop-Kommilitonen“? Lässt sich Pop-Musik, Pop-Star-Sein und das ganze Business tatsächlich akademisch vermitteln?
Ich glaube, dass sich so etwas Dynamisches, Komplexes nur schwer über Lehrpläne vermitteln lässt. Da ist so viel in Bewegung. Außerdem sind solche Unterrichtsinhalte einfach zu statisch, denn das gerade Vermittelte basiert ja in der Regel auf gemachter Erfahrung. Doch das Pop-Business ist einfach sehr schnelllebig, da ist man meistens schon wieder ein Jahr weiter, während im Unterricht noch das Vorjahr vermittelt wird. Für mich ist Pop-Musik einfach etwas sehr Innovatives, nicht so einfach greifbar. Ich erinnere mich aber an zwei frühere Bandkollegen, die an der Popakademie studiert haben und man kann definitiv sagen, dass dort gut Kontakte geknüpft werden können.
2006 hast Du Dein Studium in Mannheim abgeschlossen und bist nach Hamburg gegangen. Was hat Dich dorthin gezogen?
Ich hatte mich nach meinem Studium für ein Vorspiel beim „Hamburger Popkurs“ [Kontaktstudiengang, aus dem unter anderem Bands wie Wir sind Helden, Seeed und Die Happy hervorgegangen sind; Anm. d. Red.] angemeldet und wurde genommen. Dort tauschte ich mich dann zwei Monate lang mit 60 anderen Musikern aus, schrieb Songs und so weiter. War eine super Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und die Hamburger Szene kennenzulernen. Am Ende habe ich übrigens meine Mitmusiker für meine Band Phil Fill dort gefunden. Wir waren während der Zeit auch abends viel unterwegs, und ich merkte, dass Hamburg auf jeden Fall auch ein Ort sein könnte, wo man mal langfristig hin müsste, einfach auch, weil man als Musiker in so einer Stadt mehr Input bekommt. Nichts gegen Darmstadt, so beschaulich es auch ist, aber die Inspiration stößt hier oft auch schnell an Grenzen. Also muss man raus, um sich neue Inspirationen zu holen…
Wirklich weg aus Darmstadt möchtest Du aber anscheinend nicht. Du trommelst bei diversen Bands, bist nach wie vor Mitorganisator der Frischzellen-Abende und seit einiger Zeit singst Du auch bei Phil Fill und Must Have A Pony [nur wenige wissen, dass Philipp in jungen Jahren als Sänger in Bands angefangen hast, bevor seine ganze Liebe dem Schlagzeug gehörte, Anm. d. Red.]. Was hält Dich in Darmstadt?
Da schwingt ein bisschen Bequemlichkeit mit. Meine Freundin lebt hier, ich habe hier eine schöne Wohnung, habe mein Studio, meinen Proberaum – ich kann hier perfekt arbeiten. Auch, weil ich das Nachtleben hier nicht so anstrengend ist wie in Hamburg (lacht). Ich bin ja auch durch die Musik oft weg und spiele Konzerte, und für mich ist es dann wirklich schön, nach Darmstadt zurück zu kommen und gleich den Überblick zu haben. Ich verfüge hier auch einfach über eine perfekte Infrastruktur, ich kenne viele Leute, man kann sehr schnell sehr viel auf die Beine stellen.
Lass‘ uns einen Blick in die Zukunft wagen: Der späte Abend des 13. Februar, Metropolis Halle in Potsdam. Flowin Immo & Les Freaqz sind im Schlussvoting ganz vorne mit dabei. Möglich? Oder lasst Ihr das ganz entspannt ohne große Erwartungen auf Euch zukommen?
[lacht] Eher letzteres. Die ersten Plätze sind ja oft auf Darkwave und Mittelalter-Geschichten abonniert. Abstruse Musik, die aber von vielen Leuten gewählt wird. Danach kommt dann meist was Interessantes, ob wir das dann sind? Wer weiß…
Vielen Dank für das Gespräch.