Datterich1
Gestaltung: Rocky Beach Studio

Die bisher ungeklärte Frage: Wie haben die Zuschauer der damaligen Zeit auf das Theaterstück „Datterich“ reagiert? Wie wurde die Mundartkomödie, die Niebergall 1841 veröffentlichte, von den Darmstädtern damals aufgenommen?

Antwort darauf gibt der frühe Bericht über eine erste Aufführung des „Datterich“ im Bessunger Chausseehaus. Der Bericht findet sich im Monatsheft Oktober eines Magazins, dessen Deckblatt fehlt, aber am unteren Rand der Seite kleingedruckt das Datum „Darmstadt, 28. September 1852“ trägt. Das Theaterstück „Datterich“ muss also am Samstag, dem 12. September, oder am Samstag, den 19. September 1852, im Bessunger Chausseehaus aufgeführt worden sein.

In der Einleitung des Artikels wird in kurzen Zügen der Verlauf des Lustspiels beschrieben. Der titelgebende Protagonist Datterich erscheint als der bekannte, fortwährend trinkende Herumtreiber, der seine Zeche nie bezahlen kann, aber immer einen Darmstädter Bürger findet, der ihn aushält. Dann geht der Autor auf die Frage ein, was Niebergall dem Zuschauer mit dem Theaterstück sagen wollte. Der Autor habe wohl keinen Darmstädter darstellen wollen; kein angesehener Bürger treibe sich so wie Datterich herum. Sicher haben der Humor und der Witz des Protagonisten manchen Lacher gefunden. Mit Erleichterung aber, so der Berichterstatter, haben die Zuschauer erlebt, wie Datterich am Ende von den Bürgern in hohem Bogen aus dem Haus geworfen wird – auch wenn man seine Witze fortan entbehren müsse. Die Zuschauer jedenfalls haben mit einiger Anteilnahme das Scheitern und den Rausschmiss des Datterich aus Dummbachs Haus beklatscht. Auch nach der Aufführung konnte man in mancherlei Gesprächen der Zuschauer heraushören, dass den Datterich seine gerechte Strafe ereilt habe.

Im Spiegelbild: der Darmstädter Spießer

Datterich2
Gestaltung: Rocky Beach Studio

Soweit also der frühe Bericht vom September 1852 über das Theaterstück „Datterich“ von Ernst Elias Niebergall. Damit, so meine ich, hat Niebergall seinen Darmstädter Spießern einen Spiegel vorgehalten, über den die Darmstädter damals nicht nur gelacht haben. Sie haben den Datterich doch eher für eine Zumutung gehalten. So hat also Niebergall eine Gift und Galle spuckende Figur in die damalige Welt gesetzt, die keineswegs Anerkennung oder gar liebevolle Zuneigung erheischen, vielmehr den Darmstädtern bitter aufstoßen sollte.

Und wenn heute im Datterich gelacht, geschmunzelt und auf die Schenkel geklopft wird; damals hat man sehr wohl den Datterich als Angriff, als Zumutung und folglich als verwerflichen Zeitgenossen verstanden.

Wir tun darum gut, Niebergalls Stück als Angriff auf die herrschenden, spießbürgerlichen Verhältnisse zu verstehen. Die arme und verzweifelte Gestalt des Datterich ist die Grundlage, die Niebergall mit Witz, Ironie und Biss entwarf. Entgegen jeden Unkenrufen entpuppt sich der „Datterich“ als ein revolutionäres Stück: als Widerspruch und kritische Reaktion auf die damalige Zeit – und auf die heutigen Spießer in Darmstadt.

 

Datterich-Festival: Vorverkauf startet

Das Datterich-Festival (vom 04. bis 14. Juni in ganz Darmstadt + Traase) wirft seine Schatten voraus, sprich: Der Vorverkuaf beginnt. Ab 01.04. gibt’s das Festival-Ticket (für annähernd 100 Veranstaltungen, für 107 Euro, ermäßigt: 37 Euro plus Gebühren). Ab 15.04. sind auch Tickets für Einzelveranstaltungen erhältlich. Alle Infos auf: www.datterich-festival.de