„Der Eintritt ist kostenlos, aber nicht umsonst“, steht kleingeschrieben am Haupteingang des Botanischen Gartens der Technischen Universität Darmstadt. Lohnen soll es sich also, hier herzukommen. Könnte es demnach einen schöneren Anlass und Ort geben, als gemeinsam den Frühling zu begrüßen? Wohl kaum.
An alle Singles: Es gibt nun wirklich keinen Grund, eine Seite weiter zu blättern. Wie oft habt ihr Euch schließlich nach einem geeigneten Platz für ein erstes Date den Kopf zerbrochen? Das Szenario kennt doch jeder: Freitag- und/oder Samstagnacht auf der Piste verbracht. Nach zwei, drei Bier kippt die Hemmschwelle und man kommt schließlich doch noch mit seinem Blickkontakt ins Gespräch. Die Krönung des Abends ist nicht etwa das letzte Bier (das zu viel ist), sondern eine neue Nummer im Telefonbuch des eigenen Handys. Am nächsten Tag dann, direkt nach der Frage: „Rufe ich an?“, die zweite Überlegung: „Wohin beim ersten Date?“.
Hierfür bietet sich der Botanische Garten (am Vivarium) aus mehreren Gründen geradezu an. Zum einen ist er ein Platz, an dem man nicht gerade halb Darmstadt, sondern einen ausgewählten Kreis naturverbundener Leute trifft. Nur eben in botanischer, nicht übermäßig ökologischer Atmosphäre. Wobei man bei einem weiteren tragenden Argument angelangt wäre, nämlich der bisweilen märchenhaften bis abenteuerlichen Umgebung. In der Parkanlage plaudert es sich gemütlich unter Zypressen oder Tannen, am Teich, auf Blumenwiesen oder neben Steingärten. Dabei betört der süßliche Duft von feuchtem Moos, der würzige Geruch frisch geschnittenen Holzes oder berauscht die Anzahl der bunten Krokusse auf saftig grünen Wiesen. Holzbänke, geschickt platziert an besonders anschaulichen Plätzen, bieten Gelegenheit zum Händchenhalten. Für weitere Annäherungsversuche empfiehlt sich die Laubholz-Mistel. All das fernab von fliegenden Frisbee-Scheiben, kickenden Studenten oder familiären Groß-Picknicks. Für musikalische Untermalung sorgt allein der Gesang der Vögel.
Anschließend bietet sich ein Besuch der Gewächshäuser an. Sollte es mit den ersten Annäherungen im Parkgelände nicht geklappt haben, dann spätestens hier. Denn schon das erste Gewächshaus, der Regenwald, setzt Beschützerinstinkte frei. Die Luft ist warm und feucht, das berauschende Grün der Pflanzen und eine unnatürliche Ruhe sorgen für Spannung im Raum. Die kondensierte Feuchtigkeit tropft von der Decke und lässt das Blattwerk unheimlich rascheln. Man wird das Gefühl nicht los, hinter dem Dickicht aus Blättern in allen erdenklichen Grüntönen und Formen könnte sich womöglich doch unheimliches Getier verstecken. Ähnlich gruselig verhält es sich im Bereich der Wasserpflanzen.
Weniger unheimlich, jedoch genauso sehenswert sind die Gewächshäuser der Trockengebiete und der Nutzpflanzen. Hier wird man zwar durch kühlere Luft, dafür mit kräftigem Blütenduft überrascht. Wie in der Parkanlage ist auch in den Gewächshäusern jede Pflanze mit einem Schild versehen, das Auskunft über Namen und Herkunft des Geschöpfes gibt. Alle Kontinente sind vertreten und Namen wie Madagaskar, Brasilien oder Nordamerika laden zum Austausch über Urlaubsträume oder Reiseberichte ein. Besonderen Eindruck hinterlässt, wer eine originelle Anekdote zu Pflanze oder Herkunftsland zum Besten geben kann. Dafür empfiehlt es sich, vorab an einer der öffentlichen Führungen durch den Botanischen Garten teilzunehmen. Oder zumindest die Infotafel nahe des Haupteingangs zu studieren. Dort hängt derzeit das Gedicht „Vorfrühling“ von Ricarda Huch – die perfekte Einleitung für einen märchenhaften Rundgang durch den Botanischen Garten zu zweit. Am Ende gar als Paar.
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